Fünf

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Ich rieb mir müde den Schlaf aus den Augen, ließ ein Gähnen verlauten. Als ich sie in der Menge der Leute erblicke, befürchte ich, dies wäre lediglich eine Halluzination. Bislang hatte ich sie nie außerhalb der Schule gesehen, deswegen schien es mir so fremd, ausgerechnet sie unter all den Gesichtern ausfindig zu machen.

Ihre Augen verängstigt gen Boden gerichtet und ihre Haare wie ein Schleier vor ihrem Gesicht, dennoch erkannte ich sie. Ihre langen Fingernägel, die sich krampfhaft in die Henkel ihrer Tasche krallten. Sie fühlte sich sichtlich unwohl. Weshalb nur?

Wer war dieses Mädchen?

Ich zwängte mich durch die genervt grummelnden Menschen zu ihr hinüber. Aufgrund des ratternden Zugbodens fiel ich beinahe.

„Das stimmt nicht", keuchte ich ihr zu. Augenblicklich zuckte sie zusammen. Langsam hob sie den Kopf.

„Du bist jemand", versicherte ich. Sie zuckte mit den Schultern und sah an mir vorbei zum Fenster hinaus.

Fragt sich nur, was für ein jemand, fügte ich gedanklich hinzu. Ich sprach es nicht aus, schwieg wie sie es tat.


Genauso wie die Laubbäume am Zugfenster, zieht mein Leben an mir vorbei.

*


Rabenschwarz - Die Existenz von NiemandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt