Kapitel 3: Gewissensbisse

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Wir diskutierten viele Stunden über den Plan. Aber egal, was wir dagegen hatten, Maxx konterte geschickt und nahm uns tatsächlich etwas die Angst. Es werden doch täglich irgendwelche Läden überfallen. Eine Bank ist doch an sich auch ein Laden? Die bieten halt nur Geld statt Bekleidung an, oder? Kurz vor 4 Uhr gaben Dylan und ich auf. Es scheinte mehr pro als contra zu geben. Ein Haufen Geld für einen Job, der insgesamt vielleicht etwas mehr als eine Stunde dauerte? Eine Stunde die mehrere Jahre finanzierte. So gesehen ein Stundenlohn von 250 000. Ich will nicht ausrechnen, wie lange ich dafür arbeiten müsste. Ich hasse mich schon dafür, dass ich so sehr an das Geld dachte. Ich bin keineswegs geldgeil, aber die Wahrheit ist: Man kommt ohne damit einfach nicht aus. Außerdem kann ich Maxx und Dylan nicht im Stich lassen. Sicher würden sie es verstehen, wenn ich da nicht mitmache. Aber ich könnte mir nie verzeihen, wenn sie dabei dann geschnappt werden. Was, wenn ich dabei gewesen wäre und alles anders verlaufen wäre? Nur was, wenn wir trotzdem geschnappt werden? Was würde meine Mutter von mir halten? Was würde mein Vater dazu sagen, wenn er noch lebte? In meinem Kopf schwirrten zu viele Fragen. Ich ging raus auf Maxx seinen Balkon, setzte mich in den Sessel und zündete mir eine Zigarette an, während ich auf die Stadt schaute. Ich versuchte mir vorzustellen, wie ein Leben wäre, wenn ich reich geboren wäre. Ich hätte wahrscheinlich studiert, würde in einem Büro sitzen und so tun, als würde ich arbeiten, wobei in Wirklichkeit andere für mich arbeiteten.
«Du scheinst echt Gewissensbisse zu haben.», sagte eine unbekannte Stimme. Es war Manuel. Er schloss die Glastür hinter sich und setzte sich mir gegenüber. Er kann also doch reden.
«Du nicht?», fragte ich und schaute ihm in die Augen. Er wendete den Blick ab.
«Ich habe nichts zu verlieren. Keiner würde mich vermissen und Knast soll gar nicht so scheiße sein. Also hab' ich mal gehört.», sagte er selbstlos. Wie naiv konnte man sein?
«Ist dir deine Freiheit nicht wichtig?», fragte ich ernst.
«Welche Freiheit?», lachte er. «So etwas wie Freiheit gibt es doch gar nicht.», fügte er hinzu. Ich dachte nach. Vielleicht hatte er recht. Ich stand auf und ging zur Balkonrüstung. Ich blickte nach unten und erkannte wenige Menschen, die durch die Straßen liefen.
«Aber kennst du das nicht? Dieses Gefühl, wenn du dich einfach frei fühlst?», fragte ich in Gedanken versunken. «Wenn du hoch oben auf der Spitze von einem Berg bist, oder mit deinen besten Freunden nachts durch die Straßen fährst? Wenn du in irgendeinen Moment darüber nachdenkst, wie froh du bist, gerade hier zu sein?», ich verstummte.
«Ich hoffe, du willst da jetzt nicht runterspringen. Frei hin oder her, bei einem freien Fall von hier, hast du danach definitiv keine Freiheit mehr.», sagte er plötzlich neben mir. Ich lachte.
«Ne du, das ist nicht so mein Stil.», entgegnete ich. «Da lass ich mich lieber bei einem Bankraub erschießen.», sagte ich sarkastisch.
«Sag das nicht.», meinte er und schluckte. «Das wird alles schon irgendwie klappen.», fügte er schnell hinzu. Ich drehte mich zu ihm. In seinen Augen spiegelten sich die vielen Lichter der Stadt. Ich konnte nicht aufhören ihn anzustarren. Langsam merkte ich, wie ich nervös wurde.
«Wer bist du?», hörte ich mich fragen.
«Manuel.», entgegnete er knapp mit einem fragendem Blick. Ich lachte kurz.
«Ja, das weiß ich. Aber ich meine, wieso bist du hier?», fragte ich.
«Warum bist du hier?», fragte er, ohne auf meine Frage einzugehen. Ganz ehrlich? Ich wusste es nicht. Ich weiß nicht, wieso ich 4 Uhr morgens auf einem Balkon stehe und mit einem Typen, den ich seit vielleicht 2 Stunden kannte, redete. Ich weiß auch nicht, was mich geritten hat, darüber nachzudenken, eine Bank auszurauben. Ich wusste eigentlich gar nichts. Ich sagte nichts und schaute ihn einfach an. «Geht mir auch so.», sagte er leise und lächelte. Mein Magen drehte sich um. Plötzlich verschwand sein Lächeln.
«Oh fuck, ich bin so high, Leute.», schrie Maxx plötzlich hinter mir. Ich zuckte zusammen. «In drei Tagen kann ich mir so viel Gras kaufen, wie ich will. Lexa, ich lad' dich dann auf einen Dübel ein.», redete er wirr und drückte mich gegen die Rüstung.
«Maxx, ich sollte gehen.», sagte ich und drückte ihn von mir weg. «Sehen wir uns nochmal vor Samstag?», fragte ich, um nicht zu abweisend zu klingen.
«Klaro. Komm, lass mich dich nach Hause fahren.», bot er an und streckte die Hand nach mir aus.
«Maxx, du bist high und hast getrunken. Versuch' bis Samstag dich nicht umzubringen.», lehnte ich ab.
«Werd's versuchen.», antwortete er knapp und musste kichern. Ich schüttelte grinsend den Kopf. Ich schaute ein letztes Mal rüber zu Manuel, bevor ich zurück in die Wohnung ging und anschließend aus ihr verschwand.

Vom großen Geld, Kriminalität und Intimität / GLP FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt