Kapitel 5: Realisierung

17 0 0
                                    

Mein Wecker dröhnte. Verschlafen rieb ich mir die Augen. Ich hatte die letzte Nacht nicht besonders gut geschlafen, aber wen wundert das, wenn man bedenkt, was ich heute vorhabe. Ich ging ins Bad, nahm eine ausgiebige Dusche, frühstückte etwas und machte mich fertig. Ich schminkte mich sogar, immerhin könnte es sein, dass ich dazu eine lange Zeit nicht mehr kommen könnte. Ich bund mir einen hohen Zopf und zog anschließend die Sachen für den Überfall an. Als letztes nahm ich mein Messer aus meiner Kommode und befestigte es an meinem Hosenbund. Meine Mutter war außer Haus, sie besuchte ihren Bruder, der heute Geburtstag hatte. Ich war schon lange nicht mehr auf Familienfeiern. Ich dachte darüber nach, wie das letzte Bild meiner Mutter von mir vor diesem Raub wohl aussehe. Wahrscheinlich war sie heute morgen in meinem Zimmer und versuchte mich zu wecken, was aber nie klappt. Ich atmete noch einmal tief durch, als ich dann gegen halb 12 das Haus verließ.

Ich fuhr zwei Stationen mit der Bahn und lief die letzten 200 Meter zu Maxx' Loft. Vor dem Haus auf dem Parkplatz entdeckte ich schon die Crew. Es waren nicht mehr als 100 Meter, aber es kam mir unendlich weit vor. Lag wohl an diesen beknackten High Heels. Hi, ich bin Lexa, ich raube eine Bank in High Heels aus, äffte ich in Gedanken. Die Jungs lächelten und wunken, als sie mich entdeckten.
«Lexa, mein Liebling!», rief Maxx und nahm mich in den Armen. Ich schaute ihn verdutzt an und lachte.
«Er hatte Schiss, dass du nicht kommst.», erklärte Dylan. Ich schluckte.
«Maxx, ich kann euch Idioten dabei doch nicht alleine lassen. Ihr würdet es nur vergeigen.», lachte ich etwas angespannt. «Wie kommen wir zur Bank?», fragte ich nach einer kurzen Stille.
«Damit!», sagte Maxx und zeigte auf einen schwarzen Rover hinter mir. An ihn lehnte Manuel, er war mir vorher noch gar nicht aufgefallen. Ich musterte den Wagen, blieb aber mit dem Blick eher an Manuel hängen.
«Geiler Wagen, aber nicht dein Stil, Maxx.», stellte ich fest, während ich immer noch Manuel anstarrte. Ich wusste nicht wieso, aber ich konnte damit nicht aufhören. Erst als er merkte, wie ich ihn wortwörtlich angaffte, dreht ich mich wieder um zu Dylan und Maxx.
«Der stand heute morgen so schön in der Stadt. Der musste einfach mit. Der Besitzer kriegt ihn schon wieder.», meinte Maxx zu mir und stieg langsam in den Wagen ein. Ich setzte mich mit vorne rein. Auch wenn es vielleicht eine dumme Aktion von Maxx gewesen ist, wenige Stunden vor einem Banküberfall ein Auto kurzzuschließen und zu stehlen, war ich beruhigt, dass kein offizielles Auto von Maxx oder uns anderen in der Nähe von der Bank stehen würde. Auf dem Weg sagten wir nicht viel. Maxx erinnerte uns nur ab und zu an Einzelheiten des Plans, gute Teamarbeit und natürlich an die Kohle. Wir parkten 20 Meter von dem Eingang der Bank entfernt. Ich glaube, es war in diesem Moment, als meine High Heels auf dem Asphalt der Straße beim Austeigen klackten, wo ich einen Tunnelblick bekam. Ich kann nicht beschreiben, wie es sich angefühlt hat. Es war wie in einem Film. Es fühlte sich einfach nicht real an. Wir gingen zum Kofferraum und jeder von uns nahm sich seine große schwarze Umhängetasche. Wir schauten uns alle nochmals an und gingen dann Richtung Bank. Die 20 Meter waren wohl die Längsten meines Lebens. Maxx öffnete die Eingangstür aus Holz und hielt sie für uns offen. Wir drehten uns innen sofort mit dem Gesicht wieder zur Tür. Er verriegelte die Türgriffe mit einem langen Kabelbinder. Dylan verteilte die Masken, welche wir sofort aufsetzten. Wir zogen alle unsere Waffen. Mein Herz raste, Maxx ging vor, hinter ihm Dylan, dann Manuel und ich. Als der erste Schuss aus Maxx' Waffe ertönte, passierte alles ganz schnell. Dylan erschoss augenblicklich die 2 Wachmänner, danach schoss er und Maxx wild durch die Gegend, ohne dabei Geiseln oder weitere Angestellte zu treffen, um sie einzuschüchtern. Ich rannte zu der Gittertür. Ich nahm den ersten Sprengsatz aus meiner Tasche, brachte ihn an und aktivierte ihn. Ich ging ein paar Schritte zurück und hielt mir die Hand vor Augen, da diese Dinger immer so hell blitzen. Nach ca. 30 Sekunden war das erste Türschloss offen. Ich eilte die wenigen Meter zur nächsten Tür, wo ich das Gleiche machte. Manuel stand die ganze Zeit hinter mir und deckte mich. Die Tür sprang ebenfalls auf. Ich hörte Maxx jubeln und nahm wieder mein Sturmgewehr in die Hand. Ich wusste, dass mich da unten zwei Wachmänner erwarteten. Ich ging langsam die Treppe hinunter, dahinter Manuel. Ich merkte, wie angespannt er war. Ich gab ihm ein Zeichen, dass er kurz stehen bleiben soll. Ich ging um die Ecke. Innerhalb eines Bruchteiles einer Sekunde entdeckte ich den ersten Wachmann hinten rechts. Ich zielte, drückte ab und traf. Er fiel augenblicklich zu Boden. Im nächsten Moment nahm ich links neben mir eine Bewegung war, unter einem Schreibtisch versteckte sich der zweite Wachmann. Ich zielte und.. musterte ihn. Er hielt seine Arme um den Kopf und redete wirre Gebete. Die Angst in seinem Gesicht ließ mich erschauern, als er mich anschaute. Manuel ging weiter Richtung Tresor, jedoch blieb er auf halben Weg stehen. Mein Finger verkrampfte. Ich schloss die Augen und drückte ab. Ich hörte einen kurzen Schrei. Als ich die Augen wieder öffnete, lag er mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Ich konnte den Blick nicht abwenden. Mir blieb die Luft weg. Als ich mich erinnerte, wie man atmet, drehte ich mich zu Manuel um, der immer noch mitten im Weg stand und mich anstarrte.
«Los!», schrie ich so laut ich konnte. Es dauerte einen kurzen Moment, bis er sich umdrehte, zum Tresor rannte und rechts davon an irgendeinem Kasten Kabel anschloss. Ich schaute wieder zu dem Wachmann, der nun in einer Blutlache unter dem Tisch lag. Ich realisierte, was ich getan hatte. Ich habe Menschen umgebracht. Einfach Leben beendet. Das hatte ich vorher noch nie. Ich dachte an die Familien der zwei Wachmänner, an die möglichen Kinder, die nun auch ohne Vater leben mussten. Erst als ich ein Quietschen hörte, mich umdrehte und sah, wie die große Tresortür aus dickem Stahl sich öffnete, konnte ich mich wieder auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Augenblicklich rannte ich zu dem Tresor und brachte an der letzten Gittertür den Sprengsatz an. Als auch sie sich endlich öffnete, stand uns nichts mehr zu den Unmengen an Bargeld darin im Weg.

Vom großen Geld, Kriminalität und Intimität / GLP FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt