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Ardy

Die gesamte Fahrt über hat Avery mir Fragen gestellt. Fragen über Gott und die Welt, und ich konnte ihr längst nicht alle beantworten.

Die meisten Fragen, die ich ihr nicht beantworten konnte, betrafen ihre eigenen Eltern.

Und Ethan hat geweint. Er hat wirklich sehr geweint. Und es hat mich irgendwann genervt. Und doch hat er mir leid getan. Ich wollte ihn trösten, doch ich musste fahren. Ich musste fahren und fahren und fahren.

Abgesehen davon, hab ich jeden Anruf ignoriert, den ich in der Zeit des Fahrens bekommen habe. Ich wollte nicht reden. Mit keinem. Denn mein Gewissen fing bereits an, mir den ultimativen Arschtritt zu geben.

Ich bin also mit dem Lkw zu Jimmy gefahren. Jim, eher gesagt, und Jim hat mir diesen verfluchten Lkw verschafft, um nach England fahren zu können. Er vermietet solche Dinger. Keine Ahnung, warum.

Ich weiß, was ich tue.
Ich weiß, was ich mir damit ruinieren werde und ich weiß, dass ich das alles nie wieder gut machen kann. Ich weiß es.

Und doch muss ich das machen, was ich gleich machen werde. Die Pläne haben sich geändert. Ich weiß, dass diese Leute mich aufsuchen werden. Ich weiß, dass sie mich schneller finden werden als Thaddeus und Lucy. Und ich kenne nur einen sicheren Ort für Ethan und Avery. Einen sicheren Ort, an dem den beiden nichts geschehen wird. An dem sie nichts von dem mitbekommen, in dem ihre Eltern und ich verwickelt wurden.

Der einzige Weg, das was ich getan hab wieder gut zu machen, war, den Lkw zu holen und Thaddeus und Lucy nach Deutschland zu bringen. Sie irgendwie aus allem zu retten. Sie und die Kinder irgendwie zu retten.
Vor diesen Leuten.

Ich bin an allem Schuld.
Ich bin Schuld.
Ich hab das alles ins Rollen gebracht.

"Kommt", sage ich zu Ethan und Avery, als ich mit ihnen über den großen Parkplatz mit den vielen Lkws laufe, um zu meinem Auto zu gelangen.

Avery fragt mich: "Wo gehen wir hin?"

Ich sage: "Zu meinem Auto."

Sie fragt: "Und wo fahren wir dann hin?"

Und ich antworte ihr nicht mehr, da ich ihr darauf nicht antworten will. Ich will diesen Namen nicht aussprechen. Ich will das alles nicht tun.
Hätte ich nur eine Wahl...
Das ist die einzige Möglichkeit, sie in Sicherheit zu wiegen.
Beide in Sicherheit zu bringen.

Nur dort sind sie sicher.

Im Auto schnalle ich beide hinten an, nachdem ich sie kurz allein am Auto stehen lassen musste, um die Kindersitze zu holen. Nachdem sie angeschnallt sind, hole ich dann die ganzen Taschen und die Tüte aus dem Lkw, drücke Jimmy die Schlüssel in die Hand. Er steht die gesamte Zeit an meinem gottverdammten Auto und beobachtet mich.

"Sind das deine Kinder?", spaßt er.

"Seh ich so aus, als würde ich Kinder in diese Welt setzen wollen?", lächle ich nicht wirklich belustigt zurück und lasse mich in meinem Auto nieder.

Ethan umarmt sein Kuscheltier und Avery ihres. Beide haben Angst. Es ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Sie haben Angst. Besonders Ethan.

"Von wem sind die dann?"

"Jim, kümmer dich um deinen Kram."

Mit diesen Worten schmeiße ich die Autotür zu und starte den Motor.

Die Fahrt über hat Avery nichts mehr gesagt und Ethan auch nicht. Ich meine, Ethan spricht ja generell nicht viel, also denke ich, ist das normal.
Ich kenne beide nicht so besonders gut, aber in den Stunden mit ihnen allein, hab ich gemerkt, dass die Zwei einen echt fertig machen können.

Ethan allein dadurch, dass er nichts sagt und weint. Man also nie weiß, was genau er hat.

Als wir dann ankommen, sagt Avery nur, dass sie zu ihren Eltern will. Und ich sage ihr, dass das nicht geht. Ich sage ihr tausende Male, dass das nicht geht, da sie ihre Worte immer wieder wiederholt. Sie hört nicht auf diese Worte zu sagen, bis ich die Autotür öffne und sie und Ethan aus den Sitzen hole. Sie hält ihren Bruder an der Hand, hat in der anderen ihr Einhorn. Ethan hält den Stoffhasen an seinen Mund gedrückt. Seine Augen noch immer glasig und müde.

Ich streichle beiden kurz über den Kopf. Dann gehe ich zu der Haustür des Hauses, vor dem wir stehen. Ich fühle mich scheiße. Und noch beschissener, als Avery neben mir stehen bleibt. Ethan sieht auf die Haustür. Ich sehe in die Fensterscheibe vor mir, in der meine ganze Figur reflektiert wird.
Ich sehe mich so lang selber an, bis ich nicht mehr hinsehen kann, da mir alles zu viel wird. Erst dann drücke ich die Klingel.

Es dauert nicht lang, da höre ich auch schon Schritte. Hohe Hacken, die über Fliesen laufen. Ich kann die Luft kaum in meinem Körper behalten. Fühl mich, als müsste ich mich jeden Moment übergeben.

Die Tür wird mir geöffnet. Eine Frau, die ich zuvor noch nie leibhaftig gesehen habe, steht vor mir. Sie sieht mich an, dann zu den Kindern, und ihr Gesicht wird zu einem riesigen Fragezeichen, bis es dann mit einem Ausrufezeichen ersetzt wird. Sie scheint erst nicht zu wissen, wessen Kinder sie vor sich hat, bis es ihr dann klar wird.

Die Ähnlichkeit zwischen Ethan und Avery und ihren Eltern ist kaum zu übersehen. Sie sind beiden beinahe wie aus dem Gesicht geschnitten.

"Ardian Bora?", fragt mich die Stimme der Frau etwas unsicher. Ich sehe zu Avery runter, die zu mir hoch sieht. Sie hat nur Verwirrung in ihrem Gesicht geschrieben. Ich nicke der Frau zu. "Sie haben nicht auf meine Anrufe geantwortet. Ich dachte bereits, man hätte mir die falsche Nummer gegeben."

"Hallo, Janice.", antworte ich emotionslos, obwohl die Emotionen in mir überkochen.

Ich komme in Teufels Küche.
Und Lucy und Thaddeus werden mich persönlich dort hin bringen, wenn ich bis dahin nicht schon tot bin.

Und das alles fing an, als ich ahnungslos meine Haustür öffnete, ein Mann und eine Frau vor meiner Nase standen...und mir eine Pistole an die Stirn hielten.

×××

Whoop
Whoop

Tomorrow is my birthday
Whoop
Whoop

Okay byeeee

Lots of love <3





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