Es war Dienstag. Ein neuer Schultag. Und - es fiel mir erst nach etwa einer Minute auf - mein Geburtstag. Lächelnd schlug ich die Augen auf und streckte mich. Jetzt war ich endlich 16! Da konnten mir selbst die Geschehnisse des gestrigen Abends nicht die Laune verderben, auch wenn mein Lächeln beim Gedanken an Dean ins Schwanken geriet. Als Lotte sah, dass ich wach war kam sie zu meinem Bett herüber, ein kleines Päckchen mit einer großen roten Schleife in der Hand. Sie grinste mich an und umarmte mich. "Alles, alles Gute zum Geburtstag, ich hab dich ganz doll lieb!", sagte sie und mein Lächeln wurde noch breiter.
"Danke.", flüsterte ich gerührt und betrachtete sie. "Na los, mach es auf!", drängelte Lotte und zeigte auf das Geschenk. Vorsichtig löste ich die Schleife und legte sie neben mich auf meinen Nachttisch. Dann löste ich das Papier vom Karton und hielt ein kleines Schmuckkästchen mit der Islandflagge auf dem Deckel in der Hand. Als ich vorsichtig den Deckel vom Kästchen löste kam ein wunderschönes geflochtenes Pferdehaararmband mit silbernen Verschlüssen und einem Herzanhänger zum Vorschein. Ich schlug mir eine Hand vor den Mund. "Lotte, du bist verrückt! Das muss ein Vermögen gekostet haben.", sagte ich überrascht.
Ich holte das Armband aus dem Kasten und betrachtete es. Es bestand eindeutig aus Skvettas Schweifhaaren und als ich genauer hinschaute sah ich, dass auf dem Herzanhänger ihr Name eingraviert war. Ich stand auf und umarmte Lotte fest. Ich hoffte, dass sie meine Dankbarkeit spüren konnte, denn ausdrücken konnte ich sie nicht. "Das ist eines der tollsten Geschenke, was ich je bekommen habe!", schwärmte ich immer noch, als wir schon auf dem Weg zum Frühstück waren. "Es freut mich, dass es dir gefällt. Die Idee hatte ich von Nadja, sie hat auch so eines von ihren Eltern bekommen. Sie hat mir auch geholfen, das Design auszusuchen und Skvetta ungesehen ein paar Schweifhaare zu klauen.", grinste Lotte und hackte sich bei mir unter.
Nadja, Karo und Clara erwarteten mich in der Mensa mit einer weitern schönen Überraschung. Sie hatten eine große Schokotorte mit Verzierung und "Sweet Sixteen!" machen lassen, die mit ein paar Kerzen auf unserem Tisch stand und als wir eintraten, stimmten sie sofort ein Ständchen an. Die meisten Schüler starrten jetzt in unsere Richtung, ein paar aus meiner Klasse sangen sogar mit. Den Rest des Tages konnte ich nicht anders, als durchgehend wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen. Die anderen hatten sich wirklich selbst übertroffen! Ich wusste nicht, ob ich je so einen tollen Geburtstag gehabt hatte.
Nach Schule und Volleyball machten wir uns am Abend in unserem Zimmer fertig, um 18:00 Uhr würde unser Bus fahren und dann würden wir bei einem schönen Italiener in der nächsten Stadt essen gehen. Ich hatte mich entschieden, nur Lotte, Karo, Nadja und Clara mitzunehmen, weil sie in der kurzen Zeit wirklich zu meinen allerbesten Freunden geworden waren. Auch die anderen drei machten sich jetzt fertig und als wir uns eine halbe Stunde später an der Bushaltestelle trafen sahen alle toll aus! Ich hatte mich für ein leichtes dunkelgrünes Kleid entschieden, was perfekt zu meinen Augen passte. Dazu trug ich eine schwarze Strumpfhose, meine schwarzen Dr. Martens und einen dünneren Herbstmantel.
Lotte trug eine schöne Bluse aus leichtem Stoff, die sie im Urlaub gekauft hatte und dazu hatte sie ihre langen blonden Haare kunstvoll geflochten und sich dezent geschminkt. Die anderen sahen mindestens genauso gut aus und die Stimmung war super, als wir pünktlich in den Bus stiegen. Die Fahrt dauerte nicht lange und so saßen wir schon 20 Minuten später an unserem reservierten Tisch und studierten die Karte. "Hey, ist das da drüben nicht Christina?", fragte Lotte, während sie die Seite mit der Überschrift "Pizza aus dem Steinofen" anschaute. Ich warf einen unauffälligen Blick in die Richtung, in die sie zeigte und sah Christina an einem Tisch schräg rechts von unserem sitzen.
Sie war sehr aufgetakelt und neben ihr saßen... Nein, das konnte nicht sein! "Was ist?", fragte Clara und schaute ebenfalls hinüber. Mit Christina am Tisch saßen außerdem Dean und sein Vater! "Ach, nichts. Ich glaube bloß, dass ich diesen Typen da schon einmal bei uns im Stall gesehen habe. Der arbeitet glaube ich da.", log ich, wobei ein bisschen Wahrheit ja an der Sache dran war. Die anderen nickten, musterten Dean nochmal etwas genauer und wendeten sich dann wieder ihren Karten zu. Karo und Nadja bestellten Spaghetti Bolognese, Lotte Pizza Hawaii, Clara eine Calzone und ich nahm meine heißgeliebte Salamipizza. "Sag mal, hast du in den Ferien eigentlich deinen Gordan wiedergesehen?", fragte Karo interessiert und ich nickte.
"Ja, er war immer mit am Stall. Meinte wohl, er würde mich sonst nicht zu Gesicht bekommen.", lachte ich, die anderen stimmten mit ein. "Also ich hatte ja nur einmal eine richtige Beziehung, die ist aber nach einem Monat in die Brüche gegangen. Er war einfach ein Arschloch.", sagte Nadja und ich kicherte. "Ja, ich glaube das sagen am Ende alle. Am Anfang dachte ich auch, Gordan wäre ein Idiot, weil er mir nur ein paar Wochen vor meiner Abreise seine Gefühle gestanden hat. Aber er hat sich vorher einfach nie getraut.", erzählte ich. "Können wir vielleicht nicht unbedingt über Jungs reden?", frage Lotte und schnitt ihre Pizza durch. "Okay, kein Problem.", sagte ich sofort. Es war schließlich mein Geburtstag und sie waren meine Gäste, da wollte ich natürlich, dass sich alle wohlfühlten.
Ich schaffte meine Pizza nicht ganz, aber alle anderen hatten leere Teller und volle Bäuche. "Danke, Ellie. Es war echt voll lecker!", bedankte sich Clara und die anderen nickten zustimmend. "Ja, vielleicht kannst du Marie ja auch an meinem Geburtstag bequatschen, damit wir mal wieder hier essen gehen können!", fügte Lotte hinzu und ich lachte. "Ich glaube, wenn du sie einfach fragst erlaubt sie es dir, auch ohne das ich sie "bequatschen" muss.", antwortete ich und wir liefen gemeinsam zur Bushaltestelle. Als wir wieder im Internat angekommen waren war es schon dunkel und in den meisten Fenstern war das Licht nur noch ein schwaches Leuchten. Vor dem Treppenhaus verabschiedeten Lotte und ich uns von den anderen und gingen zu unserem Zimmer. Davor fand ich ein großes Paket mit meinem Namen darauf.
"Das ist sicher von deinem Vater, oder?", fragte Lotte und suchte nach einem Absender. "Ja, kann sein. Aber er meinte eigentlich, dass er mir mein Geschenk am nächsten Wochenende mitbringen will.", sagte ich zweifelnd und schleppte das Paket in unser Zimmer. Nachdem wir unsere Lichterketten und Nachttischlampen angeknipst hatten setzten wir uns auf den Boden und machten uns daran, es zu öffnen. Obenauf fanden wir zuerst ein bisschen rotes Einlegepapier und jede Menge Polsterung. Darunter lag ein weißer Briefumschlag mit meinem Namen in goldenen Lettern. "Liebe Ellie,", begann ich zu lesen "ich finde es sehr schade, dass wir uns dieses Jahr an deinem Geburtstag gar nicht sehen können. Das ist das erste Mal, oder? Ich wollte aber wenigstens, dass du an diesem besonderen Tag mein Geschenk und auch ein paar Kleinigkeiten von deinen Freunden bekommst. Deshalb viel Spaß mit diesem Paket und: Happy Birthday!", endete ich und lächelte unter Tränen. Lotte strich mir über den Arm.
"Das ist wirklich schön, ich verstehe wie du dich gerade fühlen musst. Du vermisst sie alle schrecklich, nicht wahr?", sagte Lotte leise und ich konnte nur nicken. Eigentlich hätte mir nur dieser Brief gereicht, aber als ich einen Blick in den Karton warf sah ich, dass er prall gefüllt mit kleinen und großen Geschenken war. Ich nahm das oberste und begann auszupacken. Als ich fertig war hatte ich ein paar neue Kopfhörer in rosa, eine Box mit erstklassigen Stiften in vielen Farben, ein kleines schwarzes Pferdeplüschtier, einen schwarzen Pullover mit einem Tölter auf dem Rücken und Skvettas und meinem Namen vorne auf der Brust, ein Beautypaket mit Nagellack, Masken, Peelings und Badezusätzen, ein Fotoalbum mit Fotos von mir und meiner Familie, meinen Freunden und vielen verschiedenen Pferden und gaaanz viele verschiedene Süßigkeiten, von Pralinen über Gummibärchen bis zu XXL-Schokoladentafeln.
Muss man da noch irgendwas zu sagen? Ich schlief mit einem Lächeln im Gesicht ein.
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4 Hufe, 2 Beine und 1 Team
Teen FictionWelches Pferdemädchen wünscht sich das nicht? Tag und Nacht bei den Pferden, Reiten als Teil des Unterrichts, und das ganze auch noch mit einer der einzigartigsten Pferderassen der Welt: Islandpferde. Für Elaine, oder Ellie, wird dieser Traum war: E...