Folge 5 - Reducator

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Prolog

Nataniël

»Beruhige dich, Menschling! Das ist nicht das Ende der Welt!« Ich vergrub meinen Kopf unter dem Kissen. »Halt die Klappe! Du hast keine Ahnung!« Ich wollte ihn nicht so anschreien, es kam einfach aus mir heraus. Ich wollte mich gerade entschuldigen, als Tian-Lóng eine Flamme spuckte und mein T-Shirt in Brand setzte. »Aaaah!« Schnell kippte ich ein Glas Wasser darüber. »Verdammt! Bist du verrückt geworden?« »Reiß dich zusammen, Menschling! Was ist dein Problem? Cat Noir ist dieser Adrien, na und? Was macht das schon?« Ich sah ihn böse an. »Du verstehst das nicht! Cat Noir liebt Ladybug, und Marinette liebt Adrien. Sie... sie sind das perfekte Paar, sie wissen es nur nicht. Ich bin überflüssig, ob als Dragon oder Nataniël.« Ich wollte gerade wieder in Selbstmitleid versinken, da biss er mich in die Nase. »Ah! Verdammt, Tian-Lóng!« »Schweig, Menschling! Ich rede jetzt! Wer hat sich für Tikkis Menschling meiner Drachenflamme gestellt? Wer war bereit, sein Leben für ihres zu geben?« »Ich, aber-« »Kein Aber! Wer ist würdig, Tian-Lóngs Miraculous zu tragen? Wer hat mich von meinem Dasein als Ungeheuer erlöst?« »Ich.«, sagte ich zähneknirschend. »Genau! Du! Du, du, du! Ohne dich wäre Ladybug oder Marinette schon mehrfach gestorben! Ich wäre immer noch ein cholerisches - aber gut aussehendes! - Monster, und Hawk Moth würde jetzt seinen Sieg feiern! Und du denkst wirklich, du seist überflüssig? Du bist Dragon, Tian-Lóngs heiliger Krieger und Meister meiner göttlichen Flamme! Ich habe dich als meinen Menschling akzeptiert, dein mangelndes Vertrauen beleidigt mich! Glaubst du wirklich, ich würde einem X-beliebigen Idioten gestatten, diesen Ring zu tragen? Oh Nein!«
»Aber sie lieben sich! Sie haben nur nicht bemerkt, dass sie es sind.«
»Na und? Umso besser! Dann hast du jetzt die Möglichkeit, das Mädchen zu erobern! Willst du diese Chance nutzen?«
»Ja.«, sagte ich langsam.
»Willst du Cat Noir und/oder Adrien übertrumpfen?«
»Ja!«, sagte ich lauter.
»Willst du dich als Dragon beweisen und mich stolz machen?«
»Ja!«, rief ich mit neuer Kraft. »Ja! Das werde ich!«
»Dann geh! Geh und kämpfe für und um dein Mädchen!«, rief Tian-Lóng dramatisch, deutete in die Ferne und ich ließ mich von seinem Enthusiasmus mitreißen. »Ja!«
»Geh und besiege Hawk Moth, Seite an Seite mit ihr!«
»Ja!«
»Geh, und kaufe mir unterwegs mehr von diesem unglaublichen Wunder an Schärfe, dass in eurer Sprache Chili genannt wird!«
»Ja! Warte, was?«
»Dann ist es beschlossen! Mache dich bereit, denn morgen ziehen wir in die Schlacht!«

Adrien

Müde lief ich die Treppe hinunter. Gestern war einfach zu viel passiert, und egal wie ich es auch drehte und wendete, es passte mir nicht, dass dieser Dragon jetzt zu unserem Team gehörte. Und wie er Ladybug - meine Ladybug! - ansah, war mir auch nicht entgangen. Ich würde ein Auge auf ihn haben, nur um sicher zu gehen. »Denkst du wieder über diesen Drachen-Amateur nach?«, erkundigte sich Plagg abfällig. »Mach dir keine Sorgen. Jedes Mädchen mag Katzen!« Ich lachte kurz auf und er grinste zufrieden. »Nein, im Ernst! Obwohl...« Der kleine ließ den Satz in der Luft hängen und ich wurde neugierig. »Obwohl...? Sag schon!« »Pah, es ist nichts. Aber ich hatte so das Gefühl, dass Ladybug dich mag.« Ich schnaubte. »Mich? Oder Cat Noir?« »Dich, du Blindschleiche! Als sie dich gestern gesehen hat wurde sie knallrot!« Ein Kribbeln ging mir durch den Bauch. »Meinst du wirklich?« »Möglich wär's. Und denk nur an die anonyme Valentinstagskarte!« »Wenn das stimmt... Plagg, wenn das stimmt kann ich herausfinden, wer sie wirklich ist! Ich muss nur das Mädchen finden, das in mich verliebt ist, dann kenne ich Ladybugs wahre Identität!« Plagg kugelte sich vor Lachen. »Viel Spaß beim Suchen, Kleiner! Wenn das dein einziger Anhaltspunkt ist, musst du jedes Mädchen in Paris fragen, ob sie gerne Punkte trägt.« Oh. »Verdammt...« Ein Rascheln drang an meine Ohren und ich zischte Plagg zu: »Versteck dich!« Ich lief in den Salon, von wo das Rascheln kam. Es war niemand zu sehen, aber das Gemälde meiner Mutter war nur angelehnt. Plagg sauste wieder hervor. »Uuuh, der Safe! Wollten wir nicht nochmal nachsehen, was dein Vater so versteckt?« Ein Buch über Tibet hatte ich letztes Mal gesehen, und das Buch über Superhelden. Für den Rest hatte ich keine Zeit gehabt. Aber ich durfte nicht einfach so in Vaters Sachen herumwühlen... Auch wenn er mir irgendwie etwas für seine Unnahbarkeit schuldete... Langsam nickte ich Plagg zu und er sauste durch die massive Metalltür. Ein Klicken war zu hören, dann schwang die Tür auf. »So, das wär's!« Neugierig betrachteten wir den Sammelsurium an eigentlich wertlosem Zeug. Ein paar Berichte über entflohene Verbrecher, die am nächsten Tag plötzlich wieder in ihren Zellen saßen. Eine kleine Pfauenskulptur. Zwei grüne Federn, eine unscheinbare violette Brosche, und ein Foto von Maman. Mein Blick blieb lange daran hängen. Seit ihrem verschwinden war mein Vater so kalt wie ein sibirischer Winter, und weder die Polizei noch die Dutzenden Privatdetektive hatten ein Zeichen von ihr entdeckt. Ich vermisste sie so sehr... »Ich frage mich, warum er das alles in diesem Safe versteckt. Ich meine, das sieht alles nicht besonders wertvoll aus...« »Weil das die einzige Spur ist, die deine Mutter hinterlassen hat.«, sagte die Stimme meines Vaters hinter mir. Ich fuhr herum und Plagg sauste hinter mich, Papa hatte ihn nicht gesehen. »Papa, ich... Ich wollte nicht...« Er sah mich einen Moment lang ernst an, dann seufzte er. »Ich weiß. Du bist eigentlich niemand, der sich an anderer Leute Sachen vergreift.« »Nein, ich war nur...« »Neugierig? Ich kann es dir nicht verdenken. Ich habe in den Letzten Wochen nicht viel Zeit für dich gehabt, da geschieht mir das wohl gerade recht.« In den letzten Wochen? Eher Jahren! »Papa... Ich vermisse sie.« Hatte ich das laut gesagt?! Die gefasste Miene meines Vaters bröckelte. »Ich... Ich auch, Adrien. Ich vermisse sie so sehr.« Sein Blick bohrte sich in meine Augen, zu meiner Verwirrung lag eine grimmige Entschlossenheit darin. »Aber ich verspreche dir, ich werde alles dafür tun, um sie zurückzubringen. Was es auch kostet.« Er wich etwas zurück. »Ich habe das Gefühl, dass ich kurz davor bin, sie zu finden. Ich brauche nur noch... Nur noch etwas mehr Zeit. Kannst du dir vorstellen, sie nach diesen ganzen Jahren wieder zu sehen?« Ich machte einen unsicheren Schritt rückwärts. Maman wiedersehen? Das wäre unmöglich. Aber... Aber auch... »Das wäre wunderbar.« Dann holte mich die Realität wieder ein und ich ließ den Kopf hängen. »Aber sie ist fort, und das«, ich deutete auf den Inhalt seines Safes, »bringt sie auch nicht zurück.« »Nein, das tut es nicht.« Mein Vater nahm die Brosche heraus und schloss den Safe. »Aber es hat mich so weit gebracht, jetzt kann ich nicht aufhören.« »Aufhören? Womit denn?« Wieder so kühl wie immer lief er zur Tür. »Nach ihr zu suchen, natürlich. Aber genug davon, du bist bereits hinter dem Zeitplan. Natalie wartet draußen auf dich, nach dem Unterricht hast du noch zwei Fotoshootings.« Damit verschwand er und ich ließ mich an der Wand nach unten rutschen. Besorgt schwebte Plagg hervor. Er setzte sich auf meine Schulter, aber das tröstete mich nicht. Nicht, wenn mich das Fehlen meiner Mutter so zerriss. »Kleiner... Alles klar?« Ich schloss die Augen und ließ den Kopf hängen. »Ja. Alles klar.«

Miraculous - eine eigene 2. StaffelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt