Die laute Musik dröhnte in meinen Ohren, sogar die mit Wodka versehene Cola in meiner Hand vibrierte. "Los, trink auch was!"
Sie meinten es vollkommen ernst mit dem Feiern. Joni hatte Alkohol gekauft, und nun waren sie grade dabei einen, oder wohl eher einige über den Durst zu trinken. Mir schmeckte es nicht besonders, aber ich nippte trozdem ab und zu an meinem noch fast vollen Glas, um sie nicht zu enttäuschen. Die meiste Zeit hörte ich einfach nur der Musik zu, welche Joni auf seiner Box abspielte. Ich muss sagen, für eine so kleine Box hatte die JBL-Go schon ziemlich Power. Seine Playlist war genau nach meinem Geschmack. Oceans ate Alaska, Blessthefall, Asking Alexandria, Parkway Drive, Pierce the Veil und viele mehr. "Los, runter damit Sevi! Das ist nur Wodka. Nachher kriegst du was richtiges, was was auch reinhaut", meinte Elisa grinsend und hob eine Flasche Absynth hoch. Dieses Teufelszeug hatte 77.7 Prozent, was doch ziemlich extrem war.Ich nippte an meinem Glas, während die andern drei eine grosse Flasche Jägermeister öffneten. Wie konnte man nur so viel trinken? Und vorallem, wie schafften sie es, nach all dem sogar noch einigermassen bei Sinnen zu sein? "Seeeeeeeeevi... trink doch endlich auch!" Liam war sich so viel Alk wohl nicht gewohnt, denn bei ihm haute es am meisten rein. Alle hatten ein dauergrinsen im Gesicht, jeder lachte mit den andern.
Nach weiterem drängen der andern hatte ich das Glas dann doch runtergekippt, auf ex, wie sie es mir geraten hatten. Es brannte schrecklich, aber es wurde bald wieder besser. Was im Moment brannte war meine Zigarette, die ich von Joni bekommen hatte, mit der Information dass eine andere Freundin von ihm, Kira, wohl in einem Kiosk arbeitete. Laut ihm würde sie dort immer wieder was klauen, denn ihr Chef wäre ziemlich zerstreut und vergesslich. Ich konnte ihn dank der verdammt lauten Musik kaum verstehen, aber so viel hatte ich mitgekriegt. Lachend steckte er mir eine Schachtel Zigaretten zu, von einer Marke die ich bis jetzt noch nie gesehen hatte." Ernte 23 ", was für ein komischer Name. Aber das was zählte war, sie waren stark, aber gut. Und laut Joni auch nicht allzu teuer.
"Soooo meine Lieben, wer will alles Absynth?", fragte Elisa und lachte in die Runde. "Jeder ein Glas würd ich sagen", meinte Joni mit einem trüben Blick, welcher erraten liess wie viel er schon getrunken hatte. Während ich Elisa mein Glas hinhielt, erzählte mir Liam etwas über die anderen hier an der Ost. "Da ist Nina, ein zugegeben sehr schönes Mädchen, die keinen an sich ran lässt. Sie ist der Meinung, jeder stolpere irgendwann über die Liebe seines Lebens. Ganz schön verrückt, was?" Elisa füllte auch die anderen Gläser, und Liam erzählte weiter. "Kira ist ein toller Mensch, sie passt meist auf uns alle auf wenn wir blau sind... sie ist echt die beste. Wen du unbedingt noch kennen solltest sind Isa und Misty, die beiden Psychos. Isa hat verdammt gelbe Haare das glaubst du gar nicht... sie ist Anarchistin, und will alle umbringen die nicht ihre Freunde sind. Wenn sie breit ist dann knabbert sie einem gerne an.
Und Misty... naja... keiner kennt sie so wirklich. Sie ist eher immer am Rande, wie so ein Geist, und so sieht sie auch aus... sie bewegt sich wie eine Elfe, wenn man mit ihr sprechen will faucht sie einem an, so dass man ihre langen Eckzähne sieht. Sie hat weisse Haare und stechend blaue Augen. Vor ihr könnte man echt kein Geheimnis verbergen... sie macht uns manchmal echt Angst. Keiner weiss wie alt sie ist, noch wo sie wohnt. Man sagt sich sie lebt auf der Strasse... sag ja nie etwas über oder gegen sie wenn sie in Sichtweite ist... sie hört einfach alles..."
Alles klar, ich hatte es also mit einer Bande rauchender und trinkender Psychopathen zu tun, welche sich vor einem Otaku fürchteten. Mal sehen wo mich das noch hinbringen würde...Wir hatten den Absynth am Ende geleert. Es stimmt, dass Alkohol immer besser schmeckt, je mehr man davon trinkt. Ich spürte keinen Schmerz mehr, kein brennen wenn ich puren Wodka trank. Laufen war in diesem Zustand unmöglich. Und doch war es die fröhlichste Zeit in meinem Leben...
"Sevi rauchst du auch mit?", fragte Joni. "Das ist das beste Gras, Jessi weiss wo man einkaufen muss", lachte Liam. Es war wie ein Schlag in den Magen. Plötzlich fühlte ich mich wieder allein, verlassen und wertlos. So war das also. Sie waren genau gleich wie Pete. Gras. Damit hatte mein ganzes Unglück angefangen. Meine Augen wurden noch glasiger vor Angst und Hass, als sie es durch den Alkohol eh schon waren. Mir wurde auf ein Mal so schlecht, dass ich den ganzen Alkohol wieder ausgespuckt hätte, wenn ich mich nicht beherrscht hätte. Gras. Es war als würde es mich verfolgen und mir mein Leben zur Hölle machen. "Sevi, alles gut bei dir?", fragte Elisa vorsichtig. Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen...
"Naja...", ich musste husten, "mit diesem Zeug hat alles angefangen. Deswegen bin ich auf der Strasse gelandet..." Ich erzählte ihnen alles. Von Adrian, der mich schlug, von Alexandra, welche mir am Schluss doch geholfen hatte, Juliana, welche sich der Gesellschaft anpasste und von Pete, welcher mich bereits zwei Mal stehen gelassen hatte. Beim Gedanken an meinen alten Freund stiegen mir Tränen in die Augen. "Er war jahrelang mein einziger und bester Freund. Er war meine Familie, mein Freund und irgendwie halt alles gleichzeitig...""Ja aber Sevi... daran ist doch nicht das Gras schuld! Das war allein dieser gemeine Pete. Hör mal, der Besitz von Stoff ist verboten, klar, nicht allerdings der Konsum. Wie wärs also, wenn du konsumierst, aber nicht besitzt? ", meinte Joni zögernd. Wäre ich nicht auch total betrunken, würde ich merken wie sehr wir alle lallten, ausserdem wäre ich dann nicht so naiv. Schon im nüchternen Zustand war ich weit vertrauensvoller als andere Menschen in meinem Alter, aber wenn ich breit war wurde es besonders schlimm. Ich würde nie herausfinden, ob Pete recht hatte, wenn ich es nicht ausprobieren würde. Was sprach also dagegen? Wenn das Teufelszeug nicht mir gehört, kann mich auch keiner dafür verantwortlich machen. "Wenn ihr meint... Pete war immer total ehrlich zu mir. Und das letzte was er richtig zu mir sagte war, dass ich mich mal entspannen sollte. Ich denke, dass ich euch vertrauen kann und deshalb werde ich mitmachen. Selbstverständlich nur konsumieren, nicht besitzen", meinte ich mit einem zwinkern.
Es war besser als ich erwartet hatte. Der Alkohol brachte meinen Kopf zum brummen, was ich aber nicht so schlimm fand, weil das Gras einfach so entspannte. Für diesen Abend konnte ich, zusammen mit meinen neuen Freunden einfach alle Sorgen vergessen. Ich selbst sein. Glücklich sein. Inzwischen war es weit nach Mitternacht, und wir sassen noch immer dort und hörten Musik, inzwischen zwar leiser, aber so konnten wir immerhin besser reden.
Wir alle waren total besoffen, was das ganze noch lustiger machte. "Ehh mein Vater, der dumme Wixxer hat gestern meine Mutter betrogen. Kann ich ihm nicht verübeln. Die ist nicht besser als die Nutten im Rotlichtviertel bei der alten Stadtmauer. Meint sie man merkt es nicht wenn sie mal wieder später von der Arbeit kommt weil ihr Chef ja so heiss ist? Oh Mister Montgomery, ficken sie mich bitte nach Feierabend mit ihrem inpotenten Schwanz... einfach nur eklig.", regte sich Joni auf. "Ehy Bruder, meine ist genau gleich. Die sind alle gleich, die Eltern. Scheren sich nicht um ihre Kinder und um ihre Partner. Schon irgendwie verdammt traurig, dass wir alle auch mal so enden werden? Mit Scheuklappen die unseren Blick auf unser eigenes Glück richten, welches wir aber nie finden werden...", meinte Elisa mit einem ironischen Grinsen. Dank meinem Zustand scherte mich die härte ihrer Worte kaum. Alles was ich tat war zustimmend Nicken und einen Schluck Apfelsaft-Wodka trinken. "Es stimmt, je mehr man trinkt, umso besser schmeckt es... ausser bei Bier das ist immer eklig."Inzwischen hatte ich vollkommen das Zeitgefühl verloren. Nur, ob es nun ein oder zwei Uhr war, war uns allen herzlich egal. Alles was wir merkten war, dass wir immer mehr lachten als redeten. Und ich war mir sicher, in den letzten 17Jahren noch nie so frei gelacht zu haben.
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Leben auf der Strasse?
Roman pour AdolescentsWarum? -Das ist die Frage die Sevi sich Tag täglich stellt. Sein Stiefvater schlägt, seine Mutter ignoriert und seine Schwester hasst ihn. Wegen seinem ehemals besten Freund schmeisst man ihn auf die Strasse, er muss auf Parkbänken schlafen, alles w...