Reue, Verzweiflung und Liebe

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Zeitsprung - Seine Sicht

Ich versuchte mich immer wieder bei ihr zu entschuldigen, mit ihr zu reden, doch sie blockte immer ab. Ansonsten ignorierte sie mich. Jedes Mal, wenn ich an ihr vorbeilief oder sie ansah und sie mich keines Blickes würdigte, bekam mein Herz einen weiteren kleinen Riss. So ging das schon seit sechs Wochen, seit der Sache im Krankenhaus.

Eines Mittags, es war Samstag, sass ich am Gryffindortisch. Ich spähte immer wieder zu Daria am Ravenclawtisch, bis Dean mich mit dem Ellbogen anstubste. „Rede endlich mit ihr. Koste es, was es wolle. Sie sieht so unglücklich aus." Er hatte recht. Daria sah sehr mitgenommen aus. Als sie die grosse Halle verliess, stand ich auf und folgte ihr. „Daria! Warte!", schrie ich. Doch sie lief noch schneller. Sie hastete um die Ecke und als ich um ebendiese Ecke bog, war sie nirgends zu sehen. Ich suchte im ganzen Schloss nach ihr, fand sie aber nirgends. Also lief ich zu ihrem Gemeinschaftsraum. Ich war verzweifelt, weil ich sie nirgends fand. Endlich stand ich vor der Tür zum Ravenclawturm, fasste an den Türklopfer, einen Adler, und wollte ihn anheben, als ich eine laute Stimme hörte: „Du bist aber kein Ravenclaw!" Ich zuckte zusammen, drehte mich um und liess dabei den Türklopfer los, als hätte ich mich verbrand. „An der Tür", sagte die Stimme hörbar genervt. Doch an der Tür war niemand. „Ganz offensichtlich bist du kein Ravenclaw." Ich erkannte, dass es der Adler war, der da sprach. Natürlich! Daria hat mir von ihm erzählt. „Also nein. Ich bin äh kein Ravenclaw", meinte ich kleinlaut. „Das habe ich bemerkt! Aber ein Slytherin bist du nicht?" „Gryffindor, Sir." „Nun, leider musst du trotzdem eine Frage beantworten, wenn du in den Gemeinschaftsraum willst." Spott lag in seiner Stimme. „Was ist Liebe?" Ich sah ihn verdutzt an. Eine derart...passendere Frage gab es im Moment nicht. Woher wusste er das? Der Adler schien meine Gedanken zu lesen. „Ich bewache den Ravenclawturm und bin deren Symbol. Was hast du schon von mir erwartet?" Tja, da hatte er wohl recht. „Also, was ist Liebe?" Bevor ich zu einer Antwort kam, hörte ich die Stimme, die ich aus tausenden wiedererkannt hätte. „Liebe ist der Triumph der Fantasie über den Verstand." Ich drehte mich um und wir standen uns gegenüber. Ich war einen Moment lang erleichtert, da ihr nichts passiert ist. Dann erinnerte mich mein schneller schlagendes Herz an die Risse, die Daria dort hinterlassen hatte. Ich bewegte mich nicht. Verschränkte die Arme vor meiner Brust. Ich glaubte, Reue in ihren Augen aufblitzen zu sehen. Reue, Verzweiflung und Liebe. Wasser sammelte sich in ihren Augenwinkeln und ich musste mich zusammenreissen, nicht die Arme um sie zu legen. „Neville. Es tut mir so leid. Ich wollte dich nicht verlieren", schluchzte sie. Immer noch blieb meine Haltung abweisend, meine Miene starr. In Darias Augen sammelten sich noch mehr Tränen. „Ich habe zu spät gemerkt, dass ich mit meinem Verhalten unser Freundschaft nicht beschützt, sondern zerstört habe. Aber irgendwie will ich gar nicht mehr, dass wir Freunde sind." Sie stockte. Mein Herz setzte für einige Schläge aus. „Ich liebe dich Neville Longbottom. Meine Fantasie hat über meinen Verstand triumphiert." Ich war so erleichtert. Mein Herz schlug wieder schneller, meine Miene wurde weich und ich nahm sie in die Arme. Vorsichtig legte ich meine Lippen auf ihre. Nach viel zu kurzer Zeit löste sie sich von mir. „Ich muss dir aber noch etwas erzählen", meinte sie. „Aber nicht hier!" Sie zog mich mit sich, bis wir am Ufer des Sees stehen blieben. Keine Menschenseele war zu sehen. Wir setzten uns unter einen Baum, der gerade anfing, zu blühen. „Neville, egal was ich dir jetzt sage, du musst mir versprechen, ruhig zu bleiben und niemandem jemals etwas davon zu verraten, was ich dir jetzt sage. Verstanden?" Ich nickte gehorsam. „Es gab einen Grund, weshalb ich seit Monaten so verschlossen bin. Ich...ich heisse eigentlich Lestrange. Ich bin die Tochter von Bellatrix und Rodolphus Lestrange." Ich starrte sie ungläubig an, doch ich bewahrte die Ruhe, die ich ihr versprochen habe. Sie erzählte mir alles. „Ich wollte nicht, dass unsere Freundschaft auseinanderbricht, also habe ich dir nichts gesagt. Du kennst die Geschichte unserer Eltern und ich wusste nicht, wie du reagieren würdest. Ich liebe dich und ich habe nicht gewusst, wie ich das überstehen sollte. Ich kann verstehen, wenn du jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben willst, aber ich will dir nur noch sagen, dass ich nicht wie sie bin. Das hat sogar der sprechende Hut zu mir gesagt." Sie wischte sich die Tränen von den Wangen und sah traurig zu Boden, wohl in der Erwartung, ich würde jetzt aufstehen und sie für immer verlassen. Doch ich sagte: „Ich kann dich verstehen. Und nur, weil du einen Namen trägst, musst du im nicht gerecht werden. Mir ist egal, woher du kommst. Ich weiss, dass du nicht wie sie bist. Dafür brauche ich nicht die Bestätigung eines alten Hutes. Dein Charakter und dein Handeln reichen mir völlig aus. Ich würde jetzt bereits im Krankenflügel liegen, wenn du deinem Namen gerecht werden würdest." Sie lachte eines ihrer wunderschönen Lächeln und boxte mir freundschaftlich in den Arm. Mein Blick verfängt sich in ihrem. Mein Gesicht näherte sich zu ihrem. Ich verharre einen Moment und schaue in ihre blauen Augen. Ich glaubte, den Himmel darin zu sehen. Daria überbrückte die kurze Distanz zwischen uns und ihre Lippen schmiegten sich an meine. Sie ergänzten sich perfekt.

Verfluchte HerkunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt