14. Eine sportliche Woche

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Sonntag traf ich mich dann endlich wieder alleine mit Kimberly. Es war als ob Nathalie an ihr kleben würde wie Haare unter der Dusche, die man einfach nicht abbekam und letztendlich am Duschvorhang versuchte abzustreifen. Erfolglos. Sie war eine Klette.

Doch jetzt hatte die arme arme Nathalie leider eine Erkältung und lag zuhause im Bett flach. Ich hatte schon gedacht, einen kleinen Sieg erreicht zu haben, als Kimberly mich spontan fragte, ob ich Zeit hatte. Was ich natürlich hatte, denn ich war keine dieser viel beschäftigten Jugendlichen, denen man tagtäglich mindestens drei Mal am Tag über den Weg lief. Wie sich jedoch heraus gestellt hatte, war ich nur die blöde zweite Wahl.

Da schönes Wetter war, setzten Kimberly und ich uns in den Park auf eine Picknickdecke. An Essen hatte keiner von uns beiden gedacht, aber ich hatte zuhause im Kühlschrank noch einen Saft entdeckt, den ich feierlich mitbrachte und den wir beide jetzt gierig ausgetrunken hatten. Sie lud mich zu einer Party am Samstag ein, aber ich beteuerte ihr, dass ich höchstwahrscheinlich schwer beschäftigt vor dem Fernseher liegen würde.

"Ich war gestern im Fitness-Studio", fing ich eine richtige Konversation an, die sich nicht mehr an die ätzenden Regeln des Small-Talks halten musste. Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt irgendwem davon zu erzählen. Der Gedanke, dass mein peinliches Auftreten gestern ein Geheimnis blieb, schmeichelte mir. Außerdem wusste ich nicht, wie lange ich diese Fitness-Nummer durchziehen konnte. Lieber wusste keiner davon und ich konnte zu jedem Zeitpunkt aufhören eine bessere Person werden zu wollen, ohne dass jemand anderes als mein Vater Wind davon bekam. Aber jetzt war ich froh, dass ich etwas zu erzählen hatte, damit sich keine unangenehme Stille zwischen Kimberly und mir ausbreiten konnte wie Unkraut.

Mit dem Themawechsel hatte ich Kimberly am Haken. Sie fragte mich tausende Dinge und ich erzählte ihr von Miguel und seinem Shirt und dass ich das nächste Mal, wenn ich dort hin gehe, aufgrund dessen wieder mit ihm sprechen müsste. Es wird kein Weg daran vorbei führen. Sie interessierte sich sehr dafür, mehr für Miguel als über die Tatsache, dass ich mich freiwillig bewegt hatte, und mir gefiel es sehr etwas zum Erzählen zu haben. Ich bekam nicht oft ihre Aufmerksamkeit für einen längeren Zeitraum und in der Regel, war sie es, die erzählte, während ich zuhörte.

Obwohl ich total Muskelkater hatte und den Sport von gestern verfluchte, entlockte Kimberly mit das Versprechen, gleich am Montag wieder hinzugehen und mit Miguel zu sprechen. Ich konnte mich mit dem Gedanken zwar nicht anfreunden, denn dann würde ich ihm sein Shirt gewaschen wieder zurückbringen müssen und ich könnte es nicht mehr zum Schlafen anziehen, aber Kimberly würde mich hinbringen und das bedeutete mehr Kimberly-Samantha-Zeit.

Schon nach Schulende begleitete mich meine neue-alte beste Freundin am nächsten Tag nach Hause, um meine Schulsachen abzustellen und die Sportsachen zu holen. Wir würden zu Fuß gehen und hatten so zusätzlich zu Sonntag noch eine halbe Stunde zum Quatschen.

Nathalie war heute nicht in der Schule gewesen und es kam mir so vor, als hätte sie nie existiert. Zwischen Kimberly und mir war alles wieder für früher - zu mindestens für diesen einen kurzen Moment - und fröhlich schnatternd spazierten wir zum Studio.

Dort angekommen raste mein Herz wie wild und am liebsten hätte ich sofort wieder kehr gemacht. Aber es war zu spät. Unsicher wandte ich mich von Kimberly ab. Wir drückten uns zum Abschied, dann ging jeder seinen Weg. Kimberly gut gelaunt, ich scheiß nervös.

Miguels Shirt lag ganz oben auf meiner Sporttasche, damit ich nicht ewig vor ihm darin wühlen müsste und ich erwartete schon beinahe, dass er mich an der Theke in Empfang nehmen würde. Aber er wusste nicht, dass ich heute komme würde und ich wusste nicht, dass er heute nicht arbeitete. Also ging ich völlig umsonst ins Fitnessstudio und rackerte mich etwa eine halbe Stunde am Cross-Trainer auf einer niedrigen Trainingsstufe ab, die mich aber schon nach vier Minuten ans Ende meiner Nerven trieb, während ich vergebens Ausschau nach dem heißen Trainer hielt.

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