Kapitel 14

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„Was? Nein. Was weiß ich nicht mehr?" „Oh Gott, Ihr habt wirklich keine Ahnung wovon ich spreche", entgegnete sie. „Nein, habe ich nicht, also spucke es schon aus!" „Äh, ja. Also, als Ihr kleiner wart, haben wir immer zusammen gespielt, weil Euer Vater Euch nicht mit Euren Brüdern hat spielen lassen. Die waren ja viel zu gut für Euch. Also nicht, dass ich das so sehe!" Ich seufzte. „Emily, komm auf dem Punkt." „Ja, verzeiht. Also wir haben immer zusammen gespielt, auch mit anderen Bediensteten in unserem Alter. Wir waren damals wirklich gute Freunde, aber nach dem Vorfall habe ich Euch nicht mehr gesehen. Wir spielten im Haupthaus. Marv war an der Reihe. Er versuchte uns zu fangen. Ich war so vertieft im Wegrennen, dass ich gar nicht richtig auf den Weg achtete. Mitten in meiner Laufbahn stand ein Podest mit einer Vase oben darauf. Ich rannte dagegen und sie viel um. Es wurde mucksmäuschenstill. Manche Kinder sind auch schnell weggerannt. Aber Ihr seid geblieben und zu mir gelaufen. Habt gesagt, dass ich schnell gehen soll. Ich hatte geweint, Ihr habt mich umgedreht und weggeschoben, bis ich alleine weitergelaufen bin. Ich habe es gerade noch um die Ecke geschafft, bevor der Herzog auftauchte. Er hat irgendetwas zu Euch gesagt, ich habe nicht alles verstanden. Er hat gemeint die Vase sei von seinem Großvater und sei sehr wertvoll. Er hat angenommen, dass Ihr es wart, aber Ihr habt auch nichts dagegen gesagt. Ich habe dann einen Schlag gehört. Er hat Euch fest auf die Wange geschlagen, Ihr seid dann auch in die Scherben gefallen und habt Euch nicht mehr gerührt. Euer Vater hat Euch liegen gelassen. Ein Diener hat schnell den Arzt gerufen. Ihr habt ein paar Tage geschlafen, aber dann seid Ihr wieder aufgewacht und habt Euch relativ schnell erholt." Sie verstummte kurz. „Ihr habt Euch für die eingesetzt, die keine Stimme hatten. Hättet Ihr gesagt, dass ich es gewesen war, dann hätte er mich bestimmt hinrichten lassen. Wirklich Dankeschön." „Er hat mich geschlagen und liegen lassen?" Sie schwieg. „Ich hasse ihn. Ich hätte ihn noch mehr Wörter an den Kopf schmeißen sollen. Wie konnte er mir das nur antun?" „Es tut mir leid." Nun schwieg ich, saß einfach still da und lauschte den Klappern der Wägen und das Traben der Pferde.

Drei Tage. Wir sind bereits drei Tage unterwegs. Ich hatte nochmal über das Nachgedacht, was Emily mir erzählt hat. Ich konnte es nicht glauben, dass Vater handgreiflich mir gegenüber geworden ist. Ich denke ich konnte mich danach nicht mehr an alles erinnern, oder wieso sollte ich mir Emily sonst so unbekannt sein? Auch wenn mich das aufregt, versuchte ich das alles zu vergessen. Ich wollte neu anfangen. Ansonsten gestalteten sich die Tage ziemlich eintönig. Die meiste Zeit verbrachte ich in der Kutsche und wartete bis wir endlich eine Rast machten, damit ich mir meine Füße vertreten konnte. Wenn es endlich so weit war, machte ich mit Emily einen Spaziergang. Natürlich folgten uns die Wachen. Einmal am Tag kam auch der Herzog von Hohenfels vorbei und fragte,wie es mir ging und ob ich Wünsche hätte. Es würde noch 5 Tage ab heute dauern. Wie ich mich darauf freute. Nachts schlief ich bis jetzt immer in der Kutsche. Die Sitzbänke wurden aufgeklappt ,sodass ich flach darauflegen konnte, was dennoch verdammt unbequem war.

„Hoheit, wir halten an!", sagte mir Emily freudig. „Na endlich!", lächelte ich sie an. Ich genoss es mit ihr einfach mal herum zu laufen und die Landschaft zu erkunden.Schließlich war ich noch nie so weit von zu Hause weg. „Nehmt meine Hand." „Danke, Emily." Und schon liefen wir los, wurden aber abrupt wieder gestoppt. „Bitte wartet, Hoheit", rief einer der zwei Wachen, die auf uns zu kamen. Ach die habe ich ja schon fast vergessen. Wir warteten, bis sie endlich hinter uns waren und liefen dann wieder los. Viel zu erkunden gab es diesmal aber nicht. Vor uns lag eine flache Ebene und rechts ein kleiner Wald. Es war mir verboten den Wald zu betreten, da möglicherweise Räuber oder andere dort waren. Außerdem ist eine Ebene überschaubarer und so könnten sie mich besser beschützen, haben sie gesagt. Ich wollte niemanden in Gefahr bringen, also hörte ich auf das, was sie sagten. „Okay, die langweiligste Stelle haben wir jetzt gefunden, Hoheit." „Ja,das glaube ich auch", entgegnete ich. „Nicht mal ein Bach ist in der Nähe, wo Ihr euch waschen könntet." „Ach schon gut, wir sind ja bald da." Sie schaute mich an. „Och Mensch, ich weiß, dass wir noch fünf Tage in dieser Klapperkiste verbringen müssen",motzte ich herum. „Achtung Herzog", warnte mich Emily. Im Geiste schickte ich Dankesstöße zu ihr, während ich mein Kleid glattstrich und meine Haare einigermaßen richtete. Der Herzog stieg von seinem Pferd herab. „Prinzessin Cleo, wie geht es Euch heute?"„Gut." „Habt Ihr irgendwelche Wünsche?" „Nein, aber danke der Nachfrage", ratterte sowohl ich als auch er herunter. „Ich habe eine gute Nachricht für Euch. Heute Abend kommen wir an einem Gasthof vorbei. Die Chancen stehen gut, dass wir dort einen Schlafplatz bekommen können. Ich habe bereits einen Reiter vorgeschickt.", verkündete er. „Wirklich? Dass ist ja großartig. Ich freue mich schon." Er nickte mir lächelnd zu und stieg wieder auf sein Pferd, um nach vorne zu reiten. Emily und ich schauten uns strahlend an.

Dann war es endlich soweit, wir kamen an dem Gasthof an. „Ich bin so erledigt, Emily. Ich will wirklich nur noch schlafen." Sie nickte mir zustimmend zu. Der Mond stand schon hoch am Himmel. Wir haben anscheinend länger gebraucht als erwartet. Es gab leider kein warmes essen mehr, also aß ich nur noch paar Brotscheiben. Was besser war als gar nichts. Ich hatte aber das Gefühl, dass sie sogar extra nochmal in den Wald rennen würden, um irgendein Tier zu jagen. So hohen Besuch hatten sie wohl noch nie. Emily begleitete mich in mein Zimmer. Bevor sie mich bettfertig machte, legte ich noch schnell meinen Dolch heimlich unter meinen Kopfkissen. Woanders wäre er womöglich aufgefallen und das wollte ich nicht riskieren. Ich genoss es noch ein bisschen Zeit mit Emily zu verbringen. Die Reise hat uns wirklich sehr zusammen geschweißt. Der Herzog hat mir zuvor noch gesagt, dass sowohl vor meinem Zimmer, als auch um das Haus Wachen positioniert sind, ich mir also keine Sorgen machen muss. Aber wie wahrscheinlich war es bitte, dass jemand in einem Haus ein bricht? Auf dem Feld waren wir doch viel ausgelieferter. Beruhigt schlief ich also ein.

Ich habe schon eine Weile geschlafen, als ich von einem Geräusch wach wurde. Ich machte meine Augen auf und blickte in ein mir unbekanntes Gesicht. Ich wollte schreien, doch schon lag eine Hand auf meinem Mund.

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