Kapitel 39

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Es sind mittlerweile zwei Wochen vergangen, ohne dass ich etwas von Jacob gehört hatte. Es war auch kein Bote oder sonst irgendjemand angekommen und hatte über den Krieg berichtet. Ich machte mir wirklich Sorgen. Der Herzogvater und die Herzoginmutter scheinen aber unbesorgt zu sein. Und wenn sie doch anders fühlen, versteckten sie es wirklich gut. Es war wieder Morgen und ich hatte heute viel zu tun. Die letzten Wochen hatte ich mit der Herzoginmutter gearbeitet. Es war aber nicht so viel Arbeit, weshalb ich mich viel um Mira kümmern konnte. Heute jedoch werden die jährlichen Geschenke gebracht zu Ehren des Herzogs, der Frieden über das Land gebracht hatte. Er hieß Herzog Frederik von Hohenfels und war der Großvater von dem Herzogvater. Ein Teil des Volkes kam heute ins Anwesen und brachte die Geschenke. Das war auch das erste Mal seitdem ich hier war, dass ich dem Volk direkt gegenüberstand. Es klopfte an der Tür und Emily kam herein. „Guten Morgen Hoheit. Habt Ihr gut geschlafen?", fragte sie vergnügt. „Ja, danke." Sagte ich, während ich aus dem Bett ging. Ich lief auf meinen Spiegel zu, um mich zu kämmen. Emily hingegen ging zum Bett um dieses zu richten. Sie stoppte kurz, richtete es und ging dann wieder zu mir. „Hoheit." Ich schaute zu ihr. „Nun, es ist schon einen Mond her, seit dem Ihr Eure Blutung hattet. Auf Grund dessen nehme ich an, dass Ihr ein Kind erwartet." Sie lächelte mir zu. Ich starrte sie kurz an. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Ich hatte auch gar nicht darauf geachtet. „Bist du dir da sicher?", fragte ich sie deshalb und lief sofort zum Bett, um es zu untersuchen. Sie nickte. „Soll ich es der Herzoginmutter mitteilen?" Ich überlegte kurz. „Nein. Ich will, dass es Jacob zuerst erfährt." Sie nickte wieder, kam dann auf mich zu, schon mich wieder Richtung Spiegel und richtete mich her. Als ich fertig war, hatte ich ein rotes Kleid an und meine Haare waren hochgesteckt.

Ich stand nun vor dem Kinderzimmer von Mira. Die Tür wurde mir aufgemacht und ich trat ein. Mira saß auf einem Teppich am Boden und schaute mich mit großen Augen an. Sie fing an zu lächeln und mit den Händen nach mir zu strecken, als mich erkannte. „Hallo meine kleine, hast du gut geschlafen?", begrüßte ich sie, als ich sie auf den Arm nahm. „Mapa.", gab sie mir als Antwort. Sie etwas angefangen zu sprechen, wobei sie das Wort Mama und Papa vermischte. Ich fand es richtig süß. „Ich kann leider diesmal nicht so lange bleiben, weil Mama noch ihrer Pflicht nachkommen muss. Es tut mir auch leid, wenn ich deine Existenz heute leugnen muss. Aber Mama hat dich sehr, sehr lieb. Das darfst du nicht vergessen. Okay?" Sie prasselte irgendetwas unverständliches vor sich hin. Ich bleib noch eine ganze Weile bei Mira, bis es an der Tür klopfte und ich für das Ereignis geholt wurde. Ich verabschiedete mich von Mira, wies Emily und Miras Amme noch ein paar Anweisungen zu und machte mich dann auf den Weg zum Empfangszimmer.

Der Saal war schön hergerichtet. Es wurden frische Blumen aufgestellt und alles geputzt. Ich saß auf dem Thron und wartete, bis die bürgerlichen endlich hereingelassen wurden. Es ertönte eine Trompete und die Türen wurden aufgemacht. Köpfe reckten hinein, um den Saal zu betrachten. Es bildete sich eine Schlange und sie wurden von den Wachen einzeln zu mir gelassen. Die ersten beiden waren ein etwas älteres Ehepaar. Sie hatten ein Tuch in der Hand. „Eure Hoheit", sagte sie beide, während sie sich verbeugten. Ich machte eine Handbewegung nach oben und sie schauten auf. „Wir haben Euch etwas mitgebracht", sagte der Mann. Die Frau überreichte das Tuch einen Wachen, der es auf einen Tisch beiseite lag. „Ich danke Euch, was ist es denn?", fragte ich zugleich. Ich war etwas nervös, doch ich glaubte nicht, dass man es mir ansah. „Ich habe es selbst genäht, aus der besten Schafwolle von unseren Schafen", sagte die ältere Frau. „Das ist vor allem für euren zukünftigen Sohn. Mein Beileid, dass Euer anderer Sohn umgekommen ist. Ich weiß, wie sich das anfühlt",sagte sie traurig. „Ich danke euch beiden. Ich möchte euch auch mein Beileid aussprechen." Die beiden schauten mich mit großen Augen an und ich dachte schon, dass ich etwas falsches gesagt hatte. Die Frau wischte sich eine Träne weg. „Danke, dass bedeutet uns viel!" Sie lächelten jetzt beide und wurden von zwei Wachen zurückgebracht. Ich wusste nicht, dass ich mit so wenigen Worten Menschen so glücklich machen würde. „Es ist mir eine Ehre, Eure Hoheit", sagte eine Frau, die danach vorgelassen wurde. Auch ihr wies ich an aufzublicken. „Ich habe Euch unsere prachtvollste Henne mitgebracht. Sie legt große Eier. Ich hoffe, dass sie Euch bekommen." Sie übergab einen Korb einen Wachen. „Ich danke dir. Ich werde sie mir schmecken lassen", sagte ich ihr. Auch sie lächelte mir zu. Danach wurde sie von einem Wachen zurückgeführt. Als nächstes kam ein junger Mann mit einer jungen Frau und einem circa fünf Jahre alten Mädchen. Sie verbeugten sich und übergaben den Wachen einen Korb voller frisch gebackenen Brot. Vom besten Mahler der Stadt, sagten sie. Das kleine Mädchen hatte eine Blume in der Hand, die sie mir geben wollte. Also lief sie auf mich zu, wurde aber zugleich, von einem Wachen angehalten. „Stopp", sagte er wirsch und griff nach dem Arm des Mädchen. Ich sah die aufkeimende Angst der Mutter. „Lasst das Mädchen zu mir kommen", befahl ich. Der Wache ließ sie sofort los und das Mädchen schaute ihn aber noch ängstlich an. Ich streckte ihr eine Hand entgegen. „Was hast du denn da?", fragte ich das Kind, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Sie strahlte mich an und überreichte mir die Blume. „Habe ich selbst gepflückt", sagte sie dann etwas schüchtern. „Ich danke dir, mein Kind. Und jetzt geh wieder zu deiner Mutter." Das Mädchen nickte mir strahlend entgegen und lief in die Arme ihrer Mutter. Anschließend ging die kleine Familie wieder weg. Die Blume überreichte ich einer Dienerin und befahl ihr sie in eine kleine Vase zu stellen. Leise wies ich ihr an, diese dann in Miras Schlafzimmer zu stellen.

Es kamen noch um die 25 ausgewählten Bürger, die mir Beeren, Brot, Kuchen und andere essbare Sachen daließen. Manche brauchten auch wieder Tücher oder ähnliches selbstgemachtes. Es war gerade ein junger Mann da, als Trompeten erklangen. Ein Diener kam zu mir und sagte, dass ein Bote gerade angekommen war und dieser berichtete, dass die Krieger bald ankommen würden. Mein Herz klopfte wild, bei den Gedanken Jacob endlich wieder zu sehen und ihm die Botschaft über unser zukünftiges Kind zu übermitteln. Ich stand auf. „Ich danke euch allen, dass ihr heute zu mir gekommen seid. Mir ist gerade mitgeteilt worden, dass der Herzog und alle Männer auf den Weg hierher sind. Ich danke euch für die Geschenke und bitte diejenigen, die noch nicht bei mir waren ihre Mitbringsel dazulassen und jeden zu gehen. Wir sollten alle Vorkehrungen treffen und unsere Männer, Brüder und Väter zu empfangen." Die Bürgern nickten eifrig und man sah die Freude in ihren Gesichtern, die ich nur allzu gut nachempfinden konnte.

Ich stand auf dem Hof und sah schon von weiten die Reiter und Fußsoldaten kommen. Der Herzogvater und die Herzoginmutter stellten sich neben mir. Sie lächelten mir beide zu. Es verging eine Weile und schon waren sie da. Die Männer sahen erschöpft aus, freuten sich aber alle wieder daheim zu sein. Jacob war noch nicht zu sehen, stattdessen kam ein Mann auf uns zu und kniete sich vor uns. „Hoheiten. Wir haben den Krieg gewonnen und der König hat sich erkenntlich gezeigt." Er stutzte. „Es... es tut mir leid Euch mitzuteilen, dass unser Herzog, der Herzog von Hohenfels, in der Schlacht niedergestochen wurde." Meine Gesichtszüge entglitten. Ich schaute zu dem Herzogvater und der Herzoginmutter. Auch sie schauten nicht mehr freundlich drein. „Wo ist er?", fragte der Herzogvater. „Er kommt gleich. Wir haben ihn auf einen Wagen gelegt", beantwortete er die Frage. „Geh nun", sagte jener zu ihm. Der Krieger stand auf und ging weg. Ein Wagen wurde von Pferden hergezogen. Darauf war ein weißes Tuch gelegen. Wir drei liefen zu dem Wagen hin. Ich konnte nicht glauben was der Mann gesagt hat. „Egal wer darunter liegt, du darfst keine zu große Schwäche zeigen", flüsterte die Herzoginmutter mir zu. Mich ängstigte der Gedanke, dass Jacob hier liegen könnte und dass ich hoffte, dass irgendein anderer hier tot vor uns liegen würde. Ein anderer Soldat schob das Tuch beiseite, sodass man den Kopf der Leiche sehen konnte. Es war Jacob.

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