Kapitel 3

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Sie war so kompliziert...

Ich wollte sie eigentlich nie richtig ärgern und verletzen, ich wollte sie nur so scherzhaft ärgern, weil ich keine Ahnung hatte, wie ich ihr sonst näherkommen konnte, damit wir Freunde wurden, aber ich fürchtete, ich hatte übertrieben.

Das mit dem Block war ein Unfall.

Natürlich hatte ich erkannt, was es darstellen sollte und es war wirklich nicht schlecht.

Ich wollte es mir nur noch einmal ansehen.

Deswegen hatte ich mich nachts in ihr Zimmer geschlichen und danach gesucht, war dabei allerdings so unvorsichtig gewesen, dass ich die Tür offengelassen hatte, sodass nach einer Weile einer von Friedrichs geliebten Hunden hereingekommen war, und, sobald er Gilbird erblickte, anfing, ihn durch das Zimmer zu jagen.

Wie gut, dass ihr Bett im Nebenzimmer stand...

So schnell ich konnte zerrte ich den Hund heraus und schloss die Tür.

Dagegen lehnend versuchte ich, meine Atmung und meinen Herzschlag zu beruhigen.

Verdammt...

Kein Geräusch erklang von der anderen Seite, weshalb ich davon ausging, dass sie noch schlief.

Verdammt...

Da drüben herrschte das totale Chaos, ihr Block war durch die Jagd nur noch ein Haufen zerfetztes Papier...

Am nächsten Morgen verschwand sie gleich nach dem Frühstück, wahrscheinlich wieder zu ihrem Springbrunnen, zu dem sie sich immer verzog.

Ich ging ihr hinterher, um ihr das mit dem Block zu erklären und mich zu entschuldigen, als sie sich plötzlich zu mir umdrehte und mich anschrie.

Sie schrie mich an.

Sie schrie mich tatsächlich an und ging danach einfach weg, wer weiß wohin und ließ mich total perplex und irritiert zurück.

Sie war still, schon immer gewesen, sie redete eigentlich nie und auch ihr Gesichtsausdruck war sehr verschlossen, nur ab und zu schimmerte Trauer durch.

Und nun schrie sie mich an...

Sie war so kompliziert...

Ich ging zurück zum Schloss.

Es war doch eigentlich nur so ein bescheuerter Block...

Selbst wenn ich sie mit allem, was ich je zu ihr gesagt hatte, verletzt hatte, war es nur ein Block.

Aber vielleicht war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat...

Dass es überhaupt so weit gekommen war, tat mir unheimlich leid, wie gesagt, ich wollte eigentlich mit ihr befreundet sein, sie fasste nur alles, was ich sagte, als Beleidigung auf...

Ich hörte sie Klavier spielen.

Ja, wenn sie Klavier spielte war sie voller Emotionen und erzählte so viel von sich, wie sie sich grade fühlte...

Ihre Wut war immer noch deutlich in dem Stück präsent.

Was zur Hölle hatte ich angerichtet?!

Die Musik setzte für einen Moment aus und ich ging schnell fünf Schritte weg, damit sie nicht dachte, ich hätte gelauscht oder so, aber dann erklang eine weitere Melodie, ohne Wut, sondern aus bloßer Trauer, die sowohl untergründig mitschwang als auch in einigen hohen Noten wie ein Messer ins Herz stach.

Irgendetwas musste mit ihr los sein, neben meinen Worten, die sie verletzten, denn ihre Wut auf mich war völlig aus der Melodie verschwunden, außerdem spielte sie schon immer traurige Musik.

Ich erinnerte mich an ihr Bild, auch das war düster gewesen und hatte einen traurigen Eindruck vermittelt.

Ich verstand es nicht, wie man immer so traurig sein konnte.

Langsam wurde ihre Musik sanfter, gleichmäßiger, nicht mehr so verzweifelt und aufgewühlt und legte sich wie eine warme, tröstende Decke um mich herum, dann klang sie aus.

Kurz danach verließ sie das Zimmer, schloss leise die Tür und drehte sich um, um zu gehen, ihr Gesicht wie immer ernst und verschlossen, als sie mich erblickte und für eine Sekunde erstarrte, bevor sie ihren Weg fortsetzte.

„Ich... Es tut mir leid, dass...", fing ich an, aber sie blieb nicht stehen, noch gab sie in irgendeiner Weise zu verstehen, dass sie zuhörte.

„Hey, bleib stehen, meine Großartigkeit will sich entschuldigen, ok?"

Immer noch keine Reaktion.

„Gut, dann nicht, dann heule doch weiter wegen deines dummen Blockes!", schrie ich ihr hinterher, diesmal wirklich beleidigend gemeint.

Blut Rot [Gilbert BeilschmidtxOC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt