5. Kapitel

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Ich erwachte vom Gesang der Vögel. Ich wollte mich auf die andere Seite rollen und einfach weiterschlafen, aber es ging nicht. Irgendetwas lag dort im Weg. Noch mit geschlossenen Augen tastete ich nach dem etwas. Es war warm und bewegte sich. Was zur Hölle war das? Ach ja, Steve. Ich öffnete die Augen. Ich stand langsam auf und schlich mich ins Bad. Ich duschte und ging dann nach unten, wo Sarah und Jonas schon am Tisch saßen. "Hey", sagte Sarah. Ich nickte ihr zu. Ich setzte mich und starrte meine Fingernägel an. Ich hatte schon einiges meiner Erinnerungen wieder bekommen, aber es war noch nicht alles. Und dann war da noch das mit Hydra.

Steve kam die Treppe runter. Er sah noch verschlafen aus.

"Morgen", sagte er.

Ich lächelte. "Hi."

Er setzte sich neben mich.

"Seit ihr zusammen?", fragte Sarah gerade raus.

"Sind wir nicht, nein. Er ist nur ein Kollege von meinem Vater."

Ich zog seine Landkarte aus meinem Rucksack. Ich legte sie auf den Tisch.

"Wir sollten heute weiter", sagte Steve.

Ich nickte. "Auf jeden Fall."

"Und wohin genau?"

Ich schloss die Augen und suchte nach Erinnerungen, die irgendetwas andeuteten. "Vielleicht in der Stadt in der Nähe meines früheren Wohnortes. Wir waren oft dort. Und in Georgia." Ich nahm mir einen Stift und markierte die Stellen auf der Karte.

Wir verabschiedeten uns von allen Bewohnern der WG. Ich versprach Mike und Nadya, sie mal wieder zu besuchen.

Wir fuhren zur Stadt in der nähe meines Wohnortes. Die ganze Zeit hatte ich irgendwie ein schlechtes Gefühl dabei. Ich parkte den Wagen und wir liefen in die City.

Wir bogen um eine Ecke. In meinem Kopf begann sich alles zu drehen. Ich taumelte und stützte mich an einer Wand ab. Steve zog mich in eine Seitengasse. Ich verlor die Beherrschung über meinen eigenen Körper. Ich begann zu zucken. Eine Flammenspur raste die Gasse runter. Ich schrie auf. Was zum Teufel war das?

Sie war etwa fünfzehn. Sie schlug sich in eben dieser Gasse mit einem etwas älteren Jungen. Ihre Nase blutete. Krachend landete ihre Faust in seinem Gesicht. Er schlug zurück.

Steve war an eine Wand zurückgewichen. Die Flammen bildeten einen Kreis um mich. Sie waren nicht besonders hoch, vielleicht 20 cm. Sie kamen immer näher, wurden immer höher. Ich kauerte mich auf dem Boden zusammen. Ich konnte nicht aufstehen. Ich berührte eine Flamme. Fasste einfach ins Feuer. Es brannte nicht. Es war, als würde ich meine Hand vor einen Ventilator halten. Kalt. Steve starrte mich entgeistert an.

Sie krachte gegen die Wand und ging zu Boden. Schnell rappelte sie sich wieder auf. Sie konnte jetzt nicht aufgeben. Sie sprang ihn mit einem Schrei an.

Flammen näherten sich Steve. War ich das? "Tessa!" Weg! Geht weg! Sie gehorchten nicht. Natürlich nicht.

Er nahm sie in den Schwitzkasten.

Ich musste mich beruhigen. Ich atmente tief durch. Zwang alles in mir nieder.

Sie befreite ihren Arm und schlug ihn mit aller Kraft in seine Seite. Er ließ sie los und sie trat an seine Brust. Er ging zu Boden. Sie setzte einen Fuß auf ihn und grinste triumphirend.

Die Flammen kamen zurück zu mir. Ich hielt die Luft an. Ich wusste nicht wieso. Vielleicht um sie zu ersticken. Sie verloschen. Ich verlor das Bewusstsein.

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Ich spürte den harten Boden unter mir. Unter meinem Kopf lag etwas weiches. Ich hatte nicht die Kraft, die Augen zu öffnen. Hatte ich dieses Feuer heraufbeschworen? Wahrscheinlich, ich hatte es schließlich auch ersickt. Hydra schoss es mir durch den Kopf. Was hatten die mit mir gemacht? Und was hatte das alles mit dieser Erinnerung zu tun?

"Steve", flüsterte ich.

"Tessa, Gott sei Dank. Was war das?"

Ich richtete mich auf. "Ich weiß es nicht. Ich hatte einen Flashback, war aber immer wieder bei Bewusstsein. Ich hab die Kontrolle verloren."

"Was hast du gesehen?", erkundigte er sich.

"Ich hab mich mit jemandem geschlagen."

"Du hast die Flammen angefasst, dich aber nicht verbrannt. Wie ist das möglich?"

"Ich habe absolut keine Ahnung. Vielleicht Hydra."

"Sollen wir noch weiter in die Stadt rein?"

Ich schüttelte den Kopf. "Morgen."

Aus den Sitzen in meinem Auto konnten wir eine Liegefläche bauen. Unter einem Sitz fanden wir Kissen und Fleecedecken. Es war nicht besonders gemütlich, aber es ging. Ich fragte mich, warum Tony eine solche funktion eingebaut hatte. Obwohl, wenn ich genauer drüber nachdachte, wollte ich es garnicht wissen.

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(10.8.17)

What have they done?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt