8. Kapitel

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Ich saß auf einer Parkbank unter einer Straßenlaterne. Steve schlief im Auto und hatte hoffentlich nicht bemerkt, dass ich mich weggeschlichen hatte. Ich war froh, ihn mal los zu sein. Es gab mir Platz zum denken.

Wie fand Hydra mich nur immer wieder? Wir hatten das Auto gewechselt und sie konnten uns trotzdem finden. Wie war das möglich?
Ich strich mit dem Finger über meinen Arm. Ich spürte eine Narbe. Bruce' Worte hallten durch meinen Kopf. Siehst du die Narbe da? Da haben sie dir irgendwas aus Metall eingesetzt. Ein Ortungs-Chip war meine erste Idee. Sie waren wirklich schlau. Mich orten können, nur für den Fall, dass ich abhaue. Aber was sagte das über mich aus? Über das, was sie mit mir gemacht haben? Es heißt, ich bin gefährlich für andere.

Ich stand auf. Schon seit Minuten roch ich Rauch, was hieß, die Grillplätze, die ich auf dem Heimweg gesehen hatte wurden benutzt. Und tatsächlich, dort war eine Gruppe Jugendliche. Ich ging näher ran, bis sie mich entdeckten. "Hallo", sagte ich. "Hat einer von euch zufällig ein scharfes Messer dabei?" "Willst du dich umbringen oder so?", fragt ein Mädchen. "Was? Nein! Ich will nur was aus meinem Arm schneiden." "Aus deinem Arm schneiden? Bist du wahnsinnig?" Ich schüttele den Kopf. "Nein. Ich werde nur von Hydra gesucht." "Hydra? Das Hydra, gegen das Captain America gekämpft hat?" "Mach dich nicht lächerlich, Rob." "Genau das Hydra." "Wow. Kennst du die Avengers persönlich?", fragte Rob weiter. "Ja." "Das ist cool."

Er hielt etwas ins Feuer und reichte es mir dann. Er knipste eine Taschenlampe an. Ich deutete auf meinen Arm. Er hielt den Lichtkegel darauf. Ich wartete kurz bis das Messer abgekühlt war, dann schnitt ich die Narbe auf. Schmerz loderte durch meine Adern. Ich weiß nicht, wie ich es schaffte, aber ich bekam das Metallstück aus meinem Fleisch. Ich zwang die Flammen, die in meinem inneren darauf warteten, nach draußen zu gelangen, nieder. Ein Mädchen reichte mir ein Stück Stoff, das ich auf die Wunde presste. "Danke", keuche ich. Ich nehme den Chip zwischen meine Finger und betrachte ihn. Es sah sehr nach einem aus, mit dem man mich Orten konnte. Ich steckte ihn in meine Hosentasche. Es war vielleicht dumm, ihn weiter mitzunehmen, aber ich konnte ihn auch nicht so nah bei Steve lassen.

"Was war das?", fragte Rob. "Ich weiß es nicht genau", log ich. "Aber ich denke nicht, dass ich noch länger hier bleiben sollte." "Sagst du den Avengers hi von mir?" Ich lächelte und nickte. "Natürlich. Rob, richtig?" "Ja." "Also dann, Rob." Ich klopfe ihm auf die Schulter. "Du bist großartig. Danke nochmal, auch an dich", sagte ich zu dem Mädchen mit dem Stofffetzen. "Resa. Ich heiße Resa." Ich begann zu grinsen. "Kurz für Teresa?" "Ja. Heißt du auch so?" Ich nicke. "Ich bevorzuge allerdings Tessa." Ich wende mich ab und gehe davon ohne noch einmal zurück zu blicken.

Steve lag noch immer schlafend auf dem Rücksitz, als ich das Auto erreichte. Ich kramte meinen Rucksack unter den vorderen Bank hervor. Auf einen Zettel kritzelte ich:

Hey Steve.
Die Lage ist ernster als ich dachte. Ich muss das alleine machen. Es tut mir Leid.
Tessa

Ich legte die Notiz aufs Armaturenbrett, zusammen mit den Schlüssel. "Wir sehen uns, Rogers", flüstere ich. Er reagierte nicht, aber das hatte ich auch nicht erwartet.

Ich kaufte ein Ticket für einen Nachtzug nach Florida. Meinen Kopf ans kalte Fenster gelehnt schlief ich ein.

Ich stand auf einem Hochhaus und sah über eine Stadt. Phoenix. Der Name tauchte einfach in meinem Kopf auf, soweit ich wusste war ich noch nie da.
"Hallo." Ich drehte mich zu der Stimme um. Neben mir stand ein Mann in meinem Alter, der mir erschreckend ähnlich sah.
"Hallo", erwiderte ich.
"Normalerweise bin ich alleine hier. Wer bist du?"
"Tessa." Ich hatte das Gefühl, diesen Traum schon einmal gehabt zu haben.
"Warum bist du hier?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Das ist nur ein Traum. Woher soll ich wissen, warum ich gerade das hier träume?"
Er runzelt die Stirn. "Ich hatte diesen Traum schon einmal."
"Ich auch."
"Ich bin Jas", sagte er und setzte sich an den Rand des Hochhauses.
"Ah." Ich setzte mich neben ihn. "Also, warum Phoenix?"
"Ich wohne hier. Dort hinten, siehst du?" Er deutete auf ein kleineres Haus, nur wenige Blocks entfernt von einer Autobahnauffahrt.
Ich nickte. "Es ist schön hier."
Jas lächelte. "Das ist es. Wo wohnst du?"
"Um ehrlich zu sein, nirgendwo. Ich komme aus North Carolina, wurde aber mit 16 entführt und habe neun Jahre in einem Gebäude verbracht, dessen Standort ich bis heute nicht kenne."
"North Carolina?" Er sah mich von der Seite her an. "Ich habe dort auch gewohnt, bis meine Mom meinen Vater verlassen hat. Ich glaube, ich war drei oder so."
"Das ist lustig. Mein Vater wurde verlassen, als ich drei war."
"Das ist wirklich lustig. Weißt du, ich habe eine Schwester. Ich kenne sie zwar nicht, aber sie hat einen ähnlichen Namen wie du."
"Teresa?"
"Genau."
"Dann nehme ich an, Jas ist kurz für Jasper?"
Er nickte. "Hallo, Schwester."

Ich schreckte auf. Jas. Jasper. Ich wusste, wo mein Bruder war! Ich musste zu ihm!

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(22.6.18)

What have they done?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt