2 Monate danach - 7. Dezember 2005

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Thalia und Thomas liefen durch den verschneiten Wald. „Lass uns doch nach Amerika gehen. Da wird alles besser. Ganz tolle Idee, Thomas.", rief Thalia
Thomas verdrehte die Augen: „Wirkt das nur so oder bist du mit jedem Tag schlechter gelaunt? Wer wolle denn unbedingt Europa verlassen? Und außerdem es ist vielleicht nicht besser geworden, aber dafür auch nicht schlechter. Also sei ein bisschen dankbar."
„Klar ich bin immer dankbar, wenn ich von Monster durch einen Wald verfolgt werde."

Die beiden liefen weiter, bis sie an einer kleinen Hütte vorbeikamen.
„Was ist das für ein Haus?", fragte Thalia.
„Ein altes Försterhaus. Das sollten wir uns mal anschauen.", antworte Thomas. Vorsichtig betraten die beiden das Haus und Thalia verriegelte die Tür. Drinnen war es dunkel. Thomas knipste seine Taschenlampe an und leuchtete durch den Raum. Es gab kaum Möbel einen Tisch und zwei Stühle. Im hinteren Teil des Raumes gab es noch eine alte Leiter die nach oben führte.

Thalia ließ sich auf einen der Stühle sinken und zündete eine Kerze an, die auf dem Tisch stand. Die letzten Wochen waren sehr anstrengend gewesen. Sie und Thomas waren in die USA gekommen. Doch kurz nach ihrer Ankunft wurden sie auch schon wieder von Monstern verfolgt. Nachts schliefen die beiden in einem geklauten Zelt, indem es dank Thomas Erfindungsgeist relativ sicher vor Monstern war, jedoch konnte trotzdem immer nur einer schlafen, weil der andere Wache halten musste. Das bedeute auch, dass beide mit äußerst wenig Schlaf auskommen mussten. Ihre wenigen Besitztümer hatten sie größtenteils gestohlen, denn ihnen war bereits vor Wochen das Geld ausgegangen.

Plötzlich knarrte eine Diele. Thomas blickte nervös auf. „Was war das?", zischte er.
Thalia griff nach ihrem Schwert und stand auf. Auch Thomas nahm seine Waffe- einen Dolch. „Das kam von oben.", flüsterte Thalia. Leise schlichen beide zur Leiter und blickten hinauf. Langsam kletterten sie hinauf. Der Dachboden war dunkel und das schwache Licht von Thomas Taschenlampe huschte über ein paar Kisten. Es war totenstill. Langsam gingen Thalia und Thomas weiter in den Raum. Er leuchte hinter ein paar Kisten und sie sah sich etwas um. Als er hinter die letzte Kiste leuchtete, erblickte er eine kleine, zusammengekauerte Gestalt. Die Gestalt sah nach oben und blickte ihn direkt an. Ihr Blick war angsterfüllt.
„Thalia, ich hab hier jemanden gefunden.", rief Thomas über die Schulter. Es dauerte kaum eine Sekunde, bis Thalia neben ihm stand. Die Gestalt zuckte zusammen und versuchte sich irgendwie hinter der Kiste zu verbergen.
„Weg mit dem Schwert, Thalia. Du machst ihr Angst."
Langsam senkte Thalia ihr Schwert und Thomas zog die zappelnde Gestalt hinter der Kiste hervor. Er leuchtete ihr mit der Taschenlampe ins Gesicht. Es war ein kleines Mädchen, das ihn und Thalia ängstlich anblickte.
„Wer bist du?", fragte Thomas.
„Amaira.", flüsterte das kleine Mädchen.
„Und wo her kommst du?"
„Aus New York, aber da geh ich nicht zurück. Die wollen mich nicht."
„Komm erst mal mit nach unten, dann geben wir dir erstmal etwas zu essen und unterhalten uns dann ein bisschen.

Kurz darauf saßen sie unten am Tisch und Amaira aß ein Stück Brot.
„Vielleicht kannst du ja bei uns bleiben.", sagte Thomas „wir ziehen durchs Land kämpfen gegen Monster und versuchen zu überleben. Zu dritt hätten wir bessere..."
„Nein!", unterbrach Thalia ihn, „das wäre dumm und riskant. Wir kämpfen Tag für Tag darum nicht getötet zu werden, scheiße nochmal. Kannst du mir erklären, wie wir da noch für ein kleines Kind die Babysitter spielen sollen?"
„Thalia, komm schon. Wir können sie doch nicht alleine lassen!"
„Natürlich können wir das! Oder meinetwegen liefern wir sie beim nächsten Waisenhaus ab, wenn dir so viel daran liegt! Für uns wäre sie nur eine dämliche Belastung, dank der wir schneller Tod wären, als du deine Gehirnzellen wiedergefunden hättest!"
„Thalia!"
„Nein Thomas komm mir nicht in diesem vorwurfsvollen Ton! Das nervt!"

Thalia stand auf, nahm sich einen Apfel, setzte sich auf die unterste Sprosse der Leiter und starrte finster in die Gegend. Thomas sah sie an, seufzte resigniert und wandte sich dann an Amaira: „Wie lange bist du schon weg aus New York?"
„Ich weiß nicht genau", antwortete das kleine Mädchen, „vielleicht einen Monat."
„Einen Monat?! Das ist ziemlich lange für so ein kleines Mädchen. Wie hast du das überlebt, ohne von Monstern getötet zu werden?"
„Ich weiß nicht." Amaira sah traurig aus.
„Hör zu, ich denke in dir steckt mehr, als scheint. Ich rede später nochmal mit Thalia."
„Warum mag sie mich nicht?", fragte Amaira traurig.
„Ich weiß nicht, ob sie dich nicht mag. Ich glaube einfach sie... ach keine Ahnung. Ich weiß nicht, was in ihrem Kopf vor sich geht.", antworte Thomas und warf Thalia einen straffenden Blick zu, den diese aber einfach ignorierte.

Am nächsten Morgen wachte Amaira früh auf. Sie sah sich schlaftrunken um und ihr fiel wieder ein wo sie sich befand. Ihr fiel auf, dass Thalia und Thomas Schlafsäcke leer waren. Wo die wohl waren? Ihre Sachen standen noch in der Hütte, also konnten sie nicht ganz weg sein. Amaira stand auf. Durch die halbgeöffnete Tür drangen Stimmen von draußen nach drinnen. Neugierig ging Amaira näher heran und lauschte.
„Es ist unvernünftig Thomas. Sieh das doch endlich ein!", hörte Amaira Thalia sagen.
„Thalia, sie hat einen Monat alleine da draußen überlebt! Sie könnte uns eine Hilfe sein.", antwortete Thomas ruhig. Amaira schrak zusammen. Die beiden sprachen über sie.

„Gut, dann ist sie eben ganz gut im Überleben. Für uns wäre sie trotzdem eher ein Handicap, als eine Hilfe."
„Du hattest in Sigrios doch selbst eine kleine Schwester. Könntest du sie so alleine lassen?"

„Ich hatte kaum etwas mit ihr zu tun. Sie war sieben Jahre jünger als ich. Ich denke, dass ich auch bei ihr in der Lage wäre mit Vernunft zu handeln."
„Bitte Thalia. Ich verspreche dir, dass sie in keiner Weise eine Belastung seien wird. Bitte. Das ist das einzig Richtige!"
Thalia seufzte: „Na gut, wenn du meinst. Dann nehmen wir sie halt auf und sterben."


Ein Leben zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt