4 Monate danach - 25. Februar 2006

9 4 1
                                    

"Thalia, das ist eine dumme Idee.", Thomas fuhr sich genervt durch die Haare.„Natürlich ist es dumm, aber es ist die einzige Lösung, also warum nicht?", erwiderte Thalia.
 „Weil es falsch ist. Du sollst sowas nicht tun. Auch nicht für Amy oder mich!"
„Gerade für Amy und dich ist es sinnvoll das zu tun. Reden wir mal Klartext, Thomas. Wir beide wissen, dass es so nicht ewig weitergehen kann. Keiner voll uns sollte sein Leben lang auf der Flucht vor Monstern und Sigriosi und ohne richtiges zuhause verbringen! Das wäre doch Wahnsinn. Und für ein normaleres Leben nach unseren Vorstellungen brauchen wir Geld. Durch diesen Plan hätten wir genug davon."
„Ist es das denn wirklich wert? Denk daran, du müsstest einen Menschen töten dafür. Wie eine Auftragsmörderin."  
„Einen bösen Menschen- einen Sigriosi auf den ein Kopfgeld ausgesetzt ist und der zu den Menschen gehört, die Amy, nach dem Tod ihrer Eltern, aus der New Yorker Botschaft vertrieben haben. Denkst du nicht, dass die Welt ohne ihn ein besserer Ort wäre?"
„Er bleibt trotzdem ein Mensch, auch wenn das, was er getan hat grausam war. Ich meine er hat ein neunjähriges Mädchen-Amy einfach aus der Botschaft rausgeworfen, weil er keine Lust hatte sich, nach dem Tod ihrer Eltern, um sie zu kümmern. Aber trotz allem. Du würdest einen Menschen töten. Kannst du das mit dir selbst vereinbaren?", Thomas blickte sie prüfend an.
„Ich habe schon früher Menschen getötet, bloß weil es von mir erwartet wurde", Thalia verzog das Gesicht bei der Erinnerung, „ich weiß, wie ich damit am besten umgehe!"
„Wenn du meinst. Ich weiß das wirklich zu schätzen, was du alles für uns tust, Thalia."

Thomas umarmte sie kurz und verstrubbelte ihre blaugefärbten Haare. Sie grinste ihn müde an und schlug scherzhaft nach ihm. Er betrachtete sie.

Sie hatte Recht. Es konnte so nicht weitergehen. Sie war abgemagert, ihre Kleidung war zerrissen und unter den goldenen Augen hatte Thalia dunkle Ringe. Thomas machte sich Sorgen um sie. Thalia war in den letzten Monaten so was wie eine Schwester für ihn geworden. Sie hatten sich gegenseitig unzählige Male das Leben gerettet und obwohl sie es nicht geplant hatten, waren sie immer noch zusammen unterwegs und kümmerten sich sogar gemeinsam um Amaira- Amy wie sie nun von ihnen genannt wurde.

Es war, als wäre aus ihnen eine eigene Familie geworden. Thomas fühlte sich irgendwie für Thalia und Amy verantwortlich, er war schließlich sechzehn und damit zwei Jahre älter als Thalia und sogar sieben Jahre älter, als Amy. In den vergangenen Monaten hatten sie so viel zusammen erlebt, mehr als in seinem ganzen alten Leben in Sigrios. Und wenn man ihm gefragt hätte, ob er es lieber gehabt hätte, dass er nicht von zuhause verstoßen worden wäre und das alles nicht erlebt hätte, würde er nein sagen. Trotz des harten Lebens ohne Dach über dem Kopf mit all dem Hunger, Angst und Armut, würde er nicht tauschen wollen und das lag an Amy und Thalia. Amy war einfach süß und keinesfalls nutzlos, wie Thalia anfangs befürchtet hatte. Sie half ihm und Thalia wo sie nur konnte und schaffte es immer sie zum Lächeln zu bringen. Sie kümmerte sich um das Essen, hielt nachts Wache, genau wie er und Thalia und war von ihrem ganzen Wesen her einfach nur eine äußerst hilfsbereite und loyale Person.

Thalia war in vielen Punkten ganz anders. Sie sprach so gut wie nie über sich selbst oder ihre Vergangenheit. Außerdem war eine fantastische Kriegerin, die auch die stärksten Monster besiegte und Thomas wusste auch, dass sie, obwohl sie manchmal schlecht gelaunt oder abweisend war, alles für Amy und ihn tun würde.

„Hallo, Erde an Thomas. Bist du noch da?", Thalia schnippte mit dem Finger vor seiner Nase.
Er blinzelt: „Tschuldigung. Hast du was gesagt?"
„Ich habe dich nur gefragt, ob wir nicht langsam mal zum Zelt zurückgehen sollten.", Thalia verdrehte die Augen.
Thomas nickte: „Ja, lass das machen. Hier sind keine Monster." Die beiden waren aufgebrochen, um die Umgebung ein wenig zu erkunden und nachzusehen, ob es hier viele Monster gab. Monster waren die natürlichen Feinde der Sigriosi und verhielten sich in ihrer Nähe sehr aggressiv, während sie normale Menschen meistens einfach ignorierten und sich kaum in Großstädten aufhielten. Deshalb blieben Thomas, Thalia und Amy auch meistens in der Nähe von Städten, um nicht so oft von Monstern angegriffen zu werden.

Als sie ihr Lager erreichten, lief Amy ihnen entgegen.
„Hi, da seid ihr ja wieder. Ich hatte schon Angst, dass ihr gar nicht mehr zurückkommt."
Thomas legte den Arm um sie: „Du brauchst keine Angst zu haben. Thalia und ich haben uns nur etwas unterhalten."
Amy schüttelte den Kopf: „Ich hab keine Angst – jetzt seit ihr ja wieder da."
Thalia lächelte Amy kurz an und sagte: „Weißt du Thomas und ich haben wahrscheinlich einen Ausweg gefunden. Eine Möglichkeit, wie wir uns ein neues, normales Leben aufbauen können."
„Und was für eine?", fragte Amy neugierig.
Thalia wollte antworten, doch Thomas unterbrach sie: „ich denke, das erzählen wir dir irgendwann anders. Wenn du etwas älter bist, wirst du es denk ich eher verstehen. Bis dahin nur so viel Thalia und ich hoffen, dass dadurch alles besser wird. "

Er wollte nicht, dass Amy mitbekam, was Thalia tun würde, besser war es da ihr einfach nur Hoffnung zu machen. Hoffnung auf ein besseres Leben.

Ein Leben zwischen Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt