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Wie bereits üblich rannte ich total in Eile zum Dalbich, mal wieder zu spät für meine Schicht. Als die Ampel kurz vor mir auf Rot sprang ließ ich ein empörten Seufzer raus und tippelte ungeduldig mit meinem Fuß auf dem Boden herum. Mein Kopf drehte sich etwas in der Gegend und abwartend scannte ich die Leute um mich herum mit totaler Desinteresse. Jedoch...nein, Taeyong? Schon wieder? Kurz sah ich weg, dann wieder nach rechts und tatsächlich. Er stand auf der anderen Straßenseite an einer Kreuzung und starrte zu mir hinüber, erneut verschleiert und unscheinbar. Von einer Perosn hinter mir angerempelt werdend, wurde ich leicht vorgeschubst, war zurück in der Realität und aus meinen Gedanken. Sofort ging ich mit dem Strom der Menschenmenge und konzentrierte mich darauf, nicht aufzufallen, seinen Weg nicht zu kreuzen. Als ich sicher auf der anderen Straßenseite ankam war von dem Älteren keine Spur mehr zu sehen. So langsam hatte ich das Gefühl, dass mir meine Gedanken einen Streich spielen wollten. Vielleicht nahm mich die ganze Sache noch immer mehr mit als ich es mir eingestehen wollte, aber..ich war doch nicht verrückt?

Als ich gerade noch rechtzeitig in dem vollem Café ankam band ich mir meine Schürze um und begrüßte mein Chef. Jonghyun hatte heute keine Schicht, was für mich doppelte Arbeit bedeutete. Doch meine Gedanken waren gerade ganz woanders. Die ganze Zeit hatte ich das Bild von Taeyong im Kopf, wie er mich anstarrte und dann wieder verschwand. Einfach so, so wie er auftauchte war er auch wieder weg. Ich konnte mir das nicht eingebildet haben, das konnte einfach nicht wahr sein. Die ganze Zeit tauchte die Situation, wo ich mit ihm in der Gasse stand und ihm Vorwürfe machte, vor meinen Augen auf. "Ich verliere noch meinen Verstand," Murmelte ich leise vor mich hin, während meine Augen den Kaffee aus der Maschine in die Tasse laufend betrachteten. Tief seufzte ich und machte mich auf den Tisch zu. Er stand dort, er war es, ich wusste es einfach. "LinKi! Hast du denn keine Augen im Kopf?!" Pöbelte mich plötzlich Herrn Hwang an. Erschrocken blieb ich stehen und sah wie mein Chef sich bei einer Kundin entschuldigte. Während meiner Gedankengänge war ich genau auf sie zugelaufen ohne sie zu bemerken und hatte das Getränk geradewegs gegen ihre Bluse auftreten lassen. Sofort verbeugte ich mich vor ihr und konnte mir einige herablassende Sprüche von der Dame gefallen lassen. Mein Chef entschuldigte sich nochmal in seinem sowie auch in meinem Namen für das gesamte Missgeschick und beauftragte mich damit die Scherben samt vorige Behältnisse aufzuräumen.

Also kniete ich mich ohne Widerworte zu geben auf den Boden und begann damit die zerstörte Tasse einzeln mit meinen Händen aufzuheben. Die wütende Frau verließ aufgebracht den Raum durch die Tür, was man an der Glocke vernahm, die bei jedem öffnen und schließen einen Laut von sich gab. Jedoch öffnen musste sie diese nicht, da sie ihr von jemanden der herein wollte aufgehalten wurde. Stürmisch rauschte die Frau an dem gläsernen Durchgang vorbei und ich erstarrte. Diese Augen. Taeyong schlenderte tonlos in das Dalbich hinein, schaute sich gelassen in dem Café um bis seine Augen an mir hängen blieben. Wie in Zeitlupe beobachtete ich ihn dabei, wie er an mir vorbei lief und sich an einen Tisch in der Ecke hinsetzte. "LinKi? Du hast dort noch Arbeit zu erledigen, ich übernehme den Herren schon. Wo bist du denn heute nur mit deinem Kopf?" Kam es von meinem Chef, der meine beobachtenden Blicke wohl bemerkt hatte. Komplett unkonzentriert hob ich die Scherben weiter auf und horchte auf als Herrn Hwang seine Bestellung aufnahm. "Ah! Verdammt!" Fluchte ich auf, als ich mich in totaler Abwesenheit an einer der Scherben schnitt. Mein Chef, sowie auch Taeyong, drehten ihre Köpfe zu mir um. Herrn Hwang entschuldigte sich für einen Moment bei  dem unscheinbaren Kunden und kam besorgt auf mich zu gelaufen. "Linn, was ist bloß heute nur mit dir los? Hast du schlecht geschlafen oder ist etwas passiert?" Fragte er mich und half mir beim Versorgen meiner Wunde. Ich schüttelte einfach nur meinen Kopf und presste meine Zahnreihen aufeinander. Es war alles seine Schuld! "Nimm dir den Rest des Tages frei, du kannst ja dann einfach beim nächsten mal länger machen, einverstanden?" Ich nickte eifrig und band mir meine Schürze ab, stoppte jedoch noch kurz. "Ich bediene noch diesen einen Kunden." Meinte ich und mein Chef deutete auf den bereits fertigen Cappuccino. Mit diesem in meiner Verwundeten Hand kam ich auf ihn zu, sah zu ihm hin, er blickte mich abwartend an. "Für Sie, lassen Sie es sich schmecken." Sagte ich, er aha zu dem Getränk hinunter. "Der Nachgeschmack wird jedoch sehr bitter sein." Fügte ich metaphorisch hinzu und hoffte, dass er den Zusammenhang verstand. Eilig schnappte ich daraufhin nach meiner Jacke und verschwand auf dem schnellsten Weg. Als ich aus dem Hinterraum des Cafés schritt lagen Taeyong's Blicke komplett auf mir und als ich ging sah er mir mit hektischem Blick nach.

Ich drehte mich um und tatsächlich, meine Vermutung hatte sich bestätigt. Der Ältere folgte mir und machte mich immer nervöser. Was wollte er nach der ganzen vergangenen Zeit von mir? Es gab für mich keinen logischen Grund, weshalb er mich wieder aufsuchte. Ich drehte mich um und blieb stehen was mir der Pinkhaarige nachmachte. Er drehte sein Kopf um und schaute auf einen Fluss sehr weit abseits der ganzen überfüllten Straßen. Hangang. Tae sah mich an und lief dort hin, ich folgte ihm, da mir klar war, dass er dies von mir verlangt hatte mit seinen Blicken. Ich wollte eine Erklärung bevor ich meinen Verstand wirklich noch komplett verlor. Er lehnte sich an das Geländer des Flusses und betrachtete die Wasseroberfläche. Ich tat es ihm gleich und zusammen versanken wir in der Stille des Schweigens. Warum folgte ich ihm? Warum war mir diese Erklärung nun plötzlich so wichtig? Es war mir klar, ich wollte endgültig abschließen und wenn ich nicht wüsste, weshalb Taeyong mich aufsuchte, konnte ich dies niemals erreichen. Er war der Schlüssel zum Vergessen.

Wir beide starrten stumm auf den riesigen Fluss und brachten kein Ton raus, bis der Ältere das Schweigen unterband. "LinKi-.." Jedoch, weit kam er nicht. "Taeyong sag mir einfach, weshalb du hier bist. Ich möchte keine Unterhaltung mit dir führen, ich möchte einfach abschließen." Er atmete tief aus und drehte sich zu mir um, doch ich ignorierte seine Blicke dieses Mal und schaute weiter gebannt auf das Wasser. "Linn ich habe mich letztens falsch ausgedrückt. Ich möchte nicht mit dir sprechen, ich muss...es ist wichtig. Das was damals geschah..hätte nicht passieren dürfen. Es ist schwer für uns alle doch vor allem für-.." Wieder schnitt ich ihm das Wort ab und unterdrückte meine Gefühle welche langsam hochkamen. "Ich weiß, wie er heißt. Ich brauch sein Namen nicht nochmal zu hören." Antwortete ich ihm und betrachtete ihn im Augenwinkel. Er wirkte nervös vielleicht etwas verzweifelt, als ob er mit seinen Gedanken nicht ganz bei der Sache wäre, aber was kümmerte es mich schon. "Ok. Ich kann das verstehen aber bitte hör mir zu. Bitte." Taeyong legte mir plötzlich eine Hand auf die Schulter, was mich dazu brachte ihn anzugucken. Ich sah in seinen Augen, erblickte etwas, was ich schon lange nicht mehr sah. Verletzlichkeit.
Abwartend legte ich mein Kopf zur Seite und lauschte seinen Worten. "Du musst mit ihm reden." War das einzige was er raus brachte, doch es reichte aus und ich gefror zu Eis bei seinem Satz. Langsam ging ich einen Schritt zurück und seine Hand steifte langsam an meiner Schulter hinab. Ich sollte was? Das meinte er doch jetzt wohl nicht ernst? Verstand er überhaupt, was ich mir damit noch einmal antun würde? War ihm bewusst, was er da gerade von sich gegeben hatte? Ein schlechten Scherz, das hatte er gerade von sich gegeben. "LinKi, warte doch bitte."

Komplett benommen schüttelte ich hysterisch meinen Kopf und spürte wie sich Wut in mir breit machte. Er konnte es nicht nachvollziehen, oder? "Ist das dein Ernst? Er hatte sich damals von mir getrennt. Es war seine Entscheidung! Ich sei nicht gut genug für ihn, dass meinte er damals zu mir zu sagen. Er ließ mich gehen, ließ mich allein! Und dann soll ich mich mit ihm treffen ohne kläglichen Grund?!" Ich probierte mich zusammenzureißen, doch es ging einfach nicht. Ich war nicht der Typ der schnell ausrastete, aber wie hätte ich bitte sonst reagieren sollen? Ich drehte mich um und wollte gehen, doch Taeyong hielt mich am Handgelenk fest und hinderte mich daran. Wütend aber auch verletzt drehte ich mein Kopf zu ihm um und schaute genau in sein Gesicht. War das..Trauer? "E-..Es t-tut mir so..so leid." Stotterte er und umarmte mich plötzlich fest. Ich konnte mich nicht bewegen also blieb ich einfach dort stehen und wartete auf seine nächste Reaktion. "Was tut dir leid?" Hackte ich nach einer Weile nach, woraufhin er sich schnell wieder von mir löste. Sein Blick wechselte von mir zum grauen Beton unter uns. Er ballte seine Hände zu Fäusten und steckte sie dann in seine Jackentaschen. "Ich-.." Fing er an. "Es ist besser wenn du selber mit ihm redest, glaub mir." Ich atmete bedrückt aus und wandte mein Blick dem Fluss neben uns zu. "Das hat doch alles keinen Sinn. Er hat doch jetzt Sora, er hat mit mir abgeschlos-.."
"Sora? Linn bitte, ich bitte dich mit allem was ich hab. Bitte treffe dich mit ihm, es gibt so vieles was er die zu sagen hat, er hat dich niemals ersetzt. Vertrau mir doch. Es kann sich alles erklären. Bitte Linn..bitte..." Der vor mir schaute sich zu allen Seiten um und ging dann vor mir auf die Knie. Er griff nach meiner Hand und legte sie in seine, danach guckte er mich mit einem bitteren aber auch hoffnungsvollen Lächeln an. Ich sagte nichts und ging noch einmal tief in mich. "Steh auf Tae, das ist lächerlich, es gibt nichts mehr zu sagen. Vielleicht von seiner Seite, aber nicht von mir, ich habe abgeschlos-.." Er fiel mir ins Wort. "Du hast nicht abgeschlossen, dass meintest du doch noch vorhin zu mir oder? Du willst abschließen, dann ist eine Aussprache doch genau die richtige Entscheidung. Wenn du nämlich wirklich abgeschlossen hättest, würdest du schon längst gegangen sein, aber du bist noch hier. Bitte." Tief holte ich Luft, biss mir auf die Zunge. "Wenn du dann endlich aufstehst..ok, ein Treffen und dann möchte ich, dass es endlich endet." Antwortete ich ihm.

..Fortsetzung folgt..

⁰² MY FIRST AND LAST | jenoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt