eighteén

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Ich pustete den Staub von den ganzen Bildern sowie Regalen und eine dichte Staubwolke flog direkt in Jake's Gesicht. Ein Husten aus seiner Kehle ertönte, was mich zum Kichern brachte. Als er hoch blickte und sich unsere Blicke kreuzten verschwand seine merkwürdig angespannte Haltung. Er war schon den ganzen Tag so, angespannt, nervös und unkonzentriert, als ob er garnicht richtig bei der Sache wäre. "Mir wird das alte Häuschen schon fehlen," murmelte ich leise vor mich hin während ich den nächsten Karton verschloss. "Mhm." Antwortete er mir nur und ich stand auf. "Was ist los? Weshalb benimmst du dich so merkwürdig?" Fragte ich ihn und im laufe meines Satzes merkte ich, wie sich etwas in seinem Kopf zu bewegen begann. Überrascht zog er seine Augenbrauen in die Höhe und legte das Klebeband, was er in seiner Hand trug, beiseite. Jake legte mir seine beiden Hände auf meine Schultern und zog mich ein Stück näher an sich heran. "Merkwürdig?" Hackte er genauer nach und ich nickte. "Ja, merkwürdig, komisch, abwesend. Du benimmst dich irgendwie total anders, anders als sonst." Erklärte ich und er atmete tief aus. "Es ist alles in Ordnung, vertrau mir. Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich noch etwas erledigen muss und ich jetzt los muss, sonst schaffe ich das nicht mehr, sei mir nicht böse, ja?" Meinte er und wartete eine Reaktion von mir ab. War das sein ernst? Er ließ mich allein? Allein in seinem Haus, mit der Arbeit welche er mit mir zusammen machen wollte? Doch Ich nickte nur stumm und der mir gegenüber drückte mir einen Kuss auf meine Stirn.

Wie von einem Blitz getroffen verschwanden seine Hände von meinem Körper, er griff nach seiner Jacke und dann hörte man nur noch die riesige Tür ihres Hauses ins Schloss fallen. Irritiert von diesem Szenario schüttelte ich kichernd meinen Kopf und drehte mich wieder den Umzugskartons zu. Nachdem ich die nächste Kiste zu den anderen Kartons rübergestellt hatte, hielt ich für einen Moment inne. Stillschweigend musterte ich sein kahles Zimmer und dachte an die ganze vergangene Zeit nach, welche ich mit dem Braunhaarigen hier verbracht hatte. "Hey," kam es von hinten und ich drehte mich erschrocken um. Ein Lachen von Nico erklang im Raum und er fügte eine weitere braune Schachtel dem Kartonhaufen hinzu. "Nah," kam es leise von mir zurück und ich machte mich weiter an die Familienbilder seines jüngeren Bruders zu schaffen. An einem Bild von Jake blieb ich hängen, betrachtete es, fuhr seine Silhouette mit meinem Daumen entlang. "Du wirst ihn vermissen oder?" Fragte der Ältere nach und ich drehte mich zu ihm um. "Ja, aber ihr werdet ja nicht weit wegziehen." Entgegnete ich ihm abwegig und hatte etwas trauriges im Unterton, wobei mir etwas dunkles an seinem Hals auffiel. Sein Tattoo."Wenigstens siehst du jetzt ein, dass er damals die wohl bessere Wahl gewesen wäre, besser als dieser Idol-Typ." Fuhr er fort und ich verstummte.

Ich wollte nicht noch weiter über Jeno sprechen, ich wollte einfach nicht mehr weiter an ihn denken. Belanglos zuckte ich mit meinen Schultern, woraufhin Nico lachen musste. "Lustig, dass du es erst jetzt bemerkt hast, wie sehr mein kleiner Bruder dich mag. Ich hatte mich schon gefragt, warum du nicht schon damals auf den Gedanken gekommen warst, als er dir die Blumen geschenkt hatte." Kicherte er vor sich hin und ich senkte das Bild vor mir. "Blumen?" Fragte ich irritiert an den älteren gerichtet und sein Lachen brach ab. "Ja. Den Rosenstrauß, den er dir damals geschenkt hatte. Oder hast du ihn garnicht bekommen?" Stellte er zur Gegenfrage und langsam legte ich das Bild auf das Bett des Jungen. "Nico..wo wollte Jake hin?" Nuschelte ich monoton vor mich hin, als ich mich ihm langsam näherte. Nervosität stieg in seinem Gesicht auf, ja, er hatte sich versprochen, ja, er hatte nicht darauf geachtet, was er mir erzählte und nun Fragte ich mich, ob es möglich war, dass Melinda von Anfang an recht hatte. Dass man Jake nicht trauen durfte, dass ich einen Fehler begangen hatte. "Nico, wo muss Jake so dringen hin?" Fragte ich eine Tonlage wissbegieriger während ich nach meiner Jacke griff. "Linki ich glaube, du solltest Jake nachher lieber persönlich fragen, ich möchte mich da nicht-.." Ab diesen Punkt unterbrach ich seine Ausreden, womit er sich aus der ganzen Situation herausziehen wollte. "Nico, was weißt du?!" Schrie ich schon fast und nun wusste auch er, wie Ernst ich es meinte. Ein tiefer Seufzer stieß seine Kehle hinauf und er fokussierte erneut meine Wenigkeit.

"Er..er ist auf den Weg zum SM Gebäude." Gestand er nachgebend. Genau wusste ich nun auch nicht zu handeln, war diese Erkenntnis nun etwas belangloses oder sollte ich mir Gedanken um den Europäer machen? "Zum Entertainment? Was will er dort?" Hackte ich weiter nach und er biss sich auf seine Unterlippe. "Er meinte gestern nur, dass er sich um etwas kümmern wolle, etwas was er schon längst hätte tun sollen. Danach ist er in sein Zimmer verschwunden und nicht mehr rausgekommen." Erzählte mir der Größere und alle Alarmglocken gingen in meinem Kopf an. Ruckartig zog ich mir meine Jacke über und wollte aus dem Zimmer stürmen, doch wurde von dem Braunhaarigen aufgehalten. "Lass mich los Nico," wisperte ich verunsichert zu ihm hin und sofort löste sich sein schmerzender Griff um mein Handgelenk. Der Ältere senkte sein Kopf, umgriff mit der einen Hand seine andere, wirkte recht unschlüssig. "Tut mir leid Linn." Flüsterte er. "Aber überdenke vielleicht nochmal, was du jetzt genau vor hast, möglicherweise lässt sich alles erklären. Du bist meinem Bruder wirklich wichtig, er würde niemals etwas tun, was dir schaden zuführen könnte." Fügte er noch hinzu und hob seinen Blick in meine Richtung. Ich zog den Reisverschluss meiner Jacke bis oben hin zu und zog meine Haare aus meinem Kragen hinaus was meinen gegenüber verwirrt schauen ließ. "Wie soll sich eine Lüge noch erklären lassen?" Meinte ich, drehte mich um und rannte los. Die Treppen hinunter, durch den riesigen Eingangsbereich und dem darin hängenden Kronenleuchter davon und schlussendlich durch ihre Haustür. Es war klar, dass mein Weg nur ein Ziel haben konnte und natürlich lief ich in Richtung SM Entertainment. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte wenn ich dort ankäme. Was Jake dort suchte, was er dort 'hätte schon lange tun müssen', ich konnte es mir nicht erklären. Doch eins war mir klar, es hatte was mit Jeno und dem bereits geschehenen von damals zutun.

Mit Jeno und der Wahrheit, denn plötzlich erschien mir alles so suspekt zu sein. Wie sich der Koreaner mir damals gegenüber verhielt war zusammenhangslos. Er behandelte mich wie eine Prinzessin, wie einen Schatz, seinen Schatz und dann plötzlich beleidigte er mich und meinte, dass es mit uns kein uns gäbe. Aber auch Jake verbarg mir etwas und desto näher ich meinem Ziel kam, desto mehr ich darüber nachdachte, desto offensichtlicher fielen mir Andeutungen und Bemerkungen des Europäers auf, auf welche ich damals nie geachtet hatte. Ablehnung gegen Idole?- schön und gut aber er empfand mehr, Jake empfand Hass.

Mir war eiskalt, die frische Winterbrise wehte durch meine Jacke und auch meine Beine wurden mit jedem weiteren Schritt schwerer. Der Deutsche war zwar vor mir losgelaufen, jedoch bezweifelte ich, dass dieser gerannt war. Immerhin ging er davon aus, dass ich weiterhin unbekümmert bei ihm Zuhause Kartons verpackte und Staubwischte. Also müsste ich ihn noch abfangen können, hoffte ich zumindest. Ich bog die selbe Kreuzung wie damals ab, wo ich fast von einem Auto angefahren wurde. Wo die Frau in dem knallroten Kleid mich anpöbelte und der Anzugträger mich fragte, ob ich etwas zu mir genommen hätte. All das nur, da ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte und das nur wegen ihm, wegen Lee Jeno. Diesem Jungen, welcher mir am Flughafen aufgeholfen hatte, dem ich meine Nummer auf den Arm schrieb. Die wohl dümmste Entscheidung meines bislang gelebten Lebens. Diese Kreuzung würde mir wohl nicht mehr so leicht aus dem Gedächtnis entschwirren. Ich lief durch die dunkle Gasse wie einst, wo ich zum Schluss auf Melinda traf. Wo ich noch annahm, sie wäre ein Sasaeng. Was für ein unüberlegter Gedanke, sie interessierte sich ja kaum noch für Kpop, selbst MonstaX ließ sie nun kalt. Doch, sie war es wohl, welcher ich mehr Beachtung hätte schenken müssen, denn sie war es, die als erste etwas merkte. Wie dumm ich mir bereits vorkam. Und dann waren da diese bescheuerten Blumen, ich hätte schon damals Verdacht schöpfen müssen. Könnte es sein...war es möglich, dass Nico die Blumen damals holte? Die Beschreibung würde jedenfalls perfekt auf ihn passen.

Ich bog in die nächste Straße und erkannte ihn, mit schnellen Schritten, auf die Tür zugehen. "Jake!" Rief ich zu ihm hin und er drehte sich verwirrt und, meines Erachtens nach, geschockt zu mir um. Als ich endlich vor ihm zum Stoppen kam, bemerkte ich, eine weitere Person. Auch mein gegenüber drehte sich zu dieser, ihre Blicke kreuzten sich, und als Jake ihn genau fokussierte begann er zu grinsen, dieses schelmische Grinsen. Der andere allerdings wirkte überfordert. Zum ersten Mal sah ich, wie er sich nicht zu helfen wusste, so hatte ich ihn noch nie gesehen. Aber dann fiel mir auf, dass auch er eine entscheidende Rolle damals gespielt hatte. "Taeyong."

..Fortsetzung folgt..

⁰² MY FIRST AND LAST | jenoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt