Meine zwei besten Freunde

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Irgendwann muss ich wohl eingeschlafen sein, denn ich werde von einem unsanften Rütteln geweckt.

"Mhmm", sage ich verschlafen.

"Ich werde heute ausziehen", entgegnet Naomi.

"Was?", erwidere ich geschockt und stehe abrupt auf.

"Wow, wie siehst du denn aus?", lacht sie mich schon regelrecht aus.

"Jetzt hör mir mal zu. Mama ist tot und Papa liegt im Koma. Hast du nichts besseres zu tun, als auszuziehen!", schreie ich sie entsetzt an.

"Ich bin 19, Hope und kann machen was ich will. Du musst es akzeptieren, Mama wird nie mehr wieder kommen und Papa wahrscheinlich nie wieder aufwachen. Ich habe keine Lust die ganze Zeit auf meine nervigen kleinen Geschwister aufzupassen. So habe ich mir mein Leben ganz sicher nicht vorgestellt", erwidert sie lediglich. Ich kann nicht anders und schlage meine Schwester mitten ins Gesicht. Daraufhin hält sich ihre Wange und sieht mich geschockt an. Wie kann sie sowas nur sagen? Wie kann sie mich und Jason so im Stich lassen?

"Spinnst du! Wie kannst du mich einfach schlagen! Du hast sie nicht alle!", schreit sie mich an und stampft mit ihrem Koffer, den sie wahrscheinlich vorher schon gepackt hat, aus dem Haus.

Blöde Kuh denke ich mir nur. Haut sie einfach ab. Ich stehe erst einmal auf und gehe ins Badezimmer. Ein Blick in den Spiegel verrät mir, dass ich aussehe wie eine Vogelscheuche. Ich bin total blass, meine Augen sind rot geschwollen, meine Haare stehen in alle Richtungen ab und mein Gesicht ist eingefallen. In den letzten Tagen habe ich doch wirklich vergessen zu essen. Sofort schaue ich weg, das Mädchen im Spiegel kann doch nicht ICH sein. Ich war immer perfekt gestylt und habe immer ein Lächeln auf den Lippen gehabt. Früher war ich glücklich und jetzt ist mein Leben zerstört.

Von der Türklingel werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Langsam gehe ich zur Haustüre und öffne sie.

"Hey Hope, können wir reden?, fragt mich mein ehemaliger bester Freund, mit gesenktem Kopf. Den habe ich jetzt nicht erwartet. Als ich nichts sage, blickt er mich geschockt an. Ich weiß, dass ich scheiße aussehe.

"Hope was ist los? Du siehst gar nicht gesund aus?", fragt er besorgt nach.

"Ich habe ein wenig Stress", erwidere ich nur.

"Willst du mich verarschen? Du siehst schrecklich aus also sag mir jetzt was los ist!", fordert er mich auf.

"Chris ich möchte nicht drüber reden. Also du möchtest mit mir reden? Komm doch erst einmal rein", erwidere ich daraufhin so normal wie möglich. Daraufhin gehen wir ins Wohnzimmer.

"Hope ich mache mir Sorgen um dich. Du kommst nicht mehr zur Schule. Sogar Sarah und Ayla wissen nicht was mit dir los, da du dich nicht meldest. Du hast mindestens 5kg abgenommen und das in nur ein paar Tagen. Was ist los? Rede mit mir! Wo sind eigentlich deine Eltern?", fängt er an zu reden, wie ein Wasserfall. Das ist das Stichwort. Als ich wieder an meine Eltern denke, kommen mir wieder die Tränen, die ich versuche wegzuwischen aber es kommen immer neue, die meine Wangen runter laufen.

"Ist ja gut. Wenn du reden willst dann bin ich für dich da", sagt Chris beruhigend und nimmt mich in den Arm. Wie ich ihn vermisst habe. Ich muss mit ihn über alles reden. Vielleicht geht es mir dann besser.

"Okay Chris ich erzähl dir alles. Können wir uns dabei hinsetzen", entgegne ich. Wir lösen uns aus der Umarmung und setzen uns auf die Couch.

"Ich fange einfach mal an. Du kannst dich sicher noch an den Tag erinnern, als ich einfach aus dem Klassenraum gerannt bin, da habe ich mir Sorgen um meine Mutter gemacht. Ich habe ein Gespräch meiner Eltern belauscht, wo es hieß "Mama wird es noch einmal besiegen". Ich wusste nicht was sie meinen und sie sagten mir auch nichts. Die Ungewissheit habe ich nicht ausgehalten. Als ich dann erfahren habe, dass meine Mutter Krebs hat und das schon zum zweiten Mal, konnte ich einfach nicht mehr. Dann musste ich auch noch Nachsitzen und als ich nach Hause kam, war meine Mutter in Münster im Krankenhaus, da sich ihr Zustand verschlechtert hat. Am nächsten Tag ist sie dann gestorben", ich schlucke erst einmal und wische mir meine Tränen weg bevor ich fortfahre "Ich wusste nicht was ich machen soll und bin in einer Diskothek gegangen, wo ich mich betrunken habe. Ich wollte einfach nicht wahr habe, dass meine Mutter nie wieder kommen wird. Einfach alles vergessen wollte ich auch als ich mit Brian geschlafen habe aber es geling mir nur für ein paar Stunden und dann kam alles wieder hoch. Gestern hatte dann mein Vater auch noch einen Unfall, als er nach Münster gefahren ist und liegt jetzt im Koma. Jetzt bin ich alleine mit Jason, da Naomi einfach ausgezogen ist. Ich weiß einfach nicht wie es weiter gehen soll. Ich bin noch nicht einmal volljährig. Jason und ich kommen jetzt bestimmt ins Heim", sage ich unter Tränen. Chris nimmt mich einfach nur im Arm und hält mich fest, wobei ich ihm sein ganzes Shirt voll heule.

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