Aufgewühlt

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Als am nächsten Morgen uns, unser Vater weckt bin ich immer noch todmüde. Ich habe einfach kein Auge zumachen können. Ich steige aus mein Bett und laufe ins Bad. Als ich mich im Spiegel betrachte, erschrecke ich mich vor mir selbst. Mir geht es echt beschissen und so sehe ich auch aus. Meine Augen sind ganz rot angeschwollen und meine Haare stehen in alle Richtungen ab. Ich sehe aus wie ein Vogelscheuche aus einem Gruselfilm.

"Was ist denn mit dir passiert?", fragt mich mein Bruder belustigt, als er ins Badezimmer kommt.

"Ich bereite mich schon einmal auf Halloween vor", sage ich sarkastisch. Ich versuche vergeblich das Disaster in Ordnung zu bringen. Aber es bringt einfach alles nichts. Ich habe soviel Schminke aufgetragen, wie noch nie zu vor aber wirklich besser sehe ich nicht aus. Also beschließe ich es dabei zu belassen. Ich ziehe mir schnell eine Röhrenjeans an mit einer Sweatshirtjacke und gehe nach unten.

Da ich solange mit meinen Aussehen beschäftigt war, muss ich auch sofort los und kann somit wieder nicht mit meinen Vater reden. Er hat mich noch nicht einmal wahrgenommen, so tief war er in seinen Gedanken versunken. Irgendetwas verheimlichen sie uns.

Die Fahrt zur Schule verläuft still. Sarah schaut mich ab und zu kritisch an aber sie sagt kein Wort. Als wir an der Schule ankommen, wartet Ayla wieder auf uns aber ich steige einfach vom Fahrrad ab und gehe ohne ein Wort zu sagen in die Schule. Nicht die feinste Art aber ich werde meinen Freunden mein Verhalten noch früh genug erklären. Ich weiß ja selber noch nicht, was los ist.

"Was ist denn mit ihr los und wie sieht sie eigentlich aus?", höre ich nur noch Ayla Sarah fragen. Die Antwort bekomme ich gar nicht mehr mit, da ich schon im Schulgebäude bin.

Auf dem Weg zur Klasse begegne ich auch noch einen bedrückten Chris, aber ich lasse ihn links liegen, als würde ich ihn gar nicht sehen. Nicht gerade nett aber ich habe wirklich keine Lust ihn irgendetwas zu erklären. Ich setze mich stumm auf meinen Platz und alle gucken mich nur komisch von der Seite an und tratschen über mich aber das ist mir sichtlich egal. Kann der Unterricht mal endlich los gehen? Ayla und Sarah kommen dann auch gefolgt von Chris. Sie setzen sich zu mir.

"Hope, du siehst echt schlimm aus. Ist Chris der Grund dafür? Er hat uns erzählt was passiert ist?", fragt mich Ayla vorsichtig.

"Ayla, ich weiß, dass ich scheiße aussehe, was auch kein Wunder ist, ich habe die ganze Nacht kein Auge zu gemacht. Es hat nichts mit Chris zu tun und jetzt lasst mich bitte in Ruhe!", sage ich aufgebracht. Ich schaue hoch und alle Blicke sind auf mich gerichtet. Darauf habe ich echt kein Lust, ich stehe von meinem Platz auf und marschiere aus der Klasse. An Brian, der an der Tür gelehnt steht, laufe ich einfach sturr vorbei.

"Wo willst du hin, Hope? Der Unterricht fängt jetzt an", ruft mir mein Lehrer hinterher. Ich beachte ihn gar nicht und gehe einfach weiter. Ich weiß, dass ich gerade schwänze aber ich halte es da keine Sekunde länger aus. Wie sie mich ansehen und über mich reden. Dann auch noch die Fragen von Ayla.

Ich fahre nun also ziellos mit meinem Fahrrad durch die Gegend, ab und zu gucken mich ein paar Leute komisch an. Als ich auf mein Handy schaue haben mich Ayla, Sarah, Brian und meine Mutter versucht anzurufen. Wir haben auch schon 15 Uhr. Wie schnell die Zeit doch vergeht. Sofort rufe ich meine Mutter zurück.

"Hope? Wo bist du?", fragt sie mich besorgt.

"Mama, es tut mir Leid, dass ich die Schule geschwänzt habe aber ich habe es da einfach nicht mehr ausgehalten", schluchze ich.

"Schatz, sag mir wo du bist. Ich komme dich sofort abholen", sagt sie.

"Ich bin gerade im Park", bringe ich raus, als ich mich einigermaßen beruhigt habe. Warum muss ich auch noch anfangen zu heulen?

"Ich bin sofort da. Bleib einfach wo du bist", erwidert sie.

"Okay bis gleich", sage ich und schon hat sie aufgelegt. Ich stelle mein Fahrrad ab und setze mich auf eine Bank im Park. Nach zehn Minuten kommt meine Mutter und nimmt mich einfach in den Arm. Ich bin so froh, dass sie jetzt bei mir ist.

"Schatz, was ist denn passiert? Du siehst schlimm aus, da hat dein Lehrer nicht zu viel versprochen", versucht meine Mutter mich aufzumuntern.

"Mama, bist du krank?", schluchze ich. Meine Mutter schaut mich erschrocken an.

"Ich habe gestern Abend Papa und dich belauscht, dass wollte ich nicht aber ihr redet nicht mit uns. Ich mache mir einfach nur Sorgen", schluchze ich weiter.

"Es wird alles gut Hope, das verspreche ich dir", sagt sie und drückt mich fester an sich.

"Mama, kannst du bitte Klartext mit mir reden. Ich bin alt genug", entgegne ich schon leicht wütend.

"Es tut mir Leid, ich wusste nicht, dass es dich so mitnimmt. Dein Vater und ich wollen euch nur beschützen. Aber das war wohl keine gute Idee euch die Wahrheit zu verheimlichen", erwidert sie ehrlich.

"Mama, wir sind aber keine Kleinkinder mehr", sage ich daraufhin.

"Ich weiß, lass uns erst einmal nach Hause fahren dann erzähl ich dir und Naomi alles", schlägt meine Mutter vor.

"Okay", willige ich ein. Mein Fahrrad lassen wir im Park stehen und fahren mit dem Golf Plus meiner Mutter nach Hause. Dort angekommen ruft meine Mutter schon nach meiner Schwester:" Naomi komm mal bitte runter!"

Jason lässt sie absichtlich oben, da er noch zu klein ist. Naomi hat heute wohl einen guten Tag, denn sie kommt ohne Widerworte sofort runter.

"Naomi, Hope ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Aber ihr müsst mit glauben Papa und ich wollen euch die ganze Zeit nur beschützen. Wir möchten euch einfach ein normales Leben ermöglich ohne Rücksicht auch mich zu nehmen", fängt meine Mutter an zu reden.

"Könnt ihr euch nicht dran erinnern als ich vor einigen Jahren in Münster im Krankenhaus war?", fragt sie uns.

"Ja", antworten wir gleichzeitig. Unsere Eltern haben uns damals gesagt, dass ein Muttermal nur weggeschnitten musste, zur Sicherheit. Also haben wir uns nichts dabei gedacht.

"Da bekam ich die Diagnose, dass ich schwarzen Hautkrebs habe. Damals habe ich ihn besiegt aber bei einer Vorsorgeuntersuchung stellte man fest, dass er wieder da ist", sagt uns unsere Mutter mit Tränen in den Augen. Ich schaue meine Mutter geschockt an. Als ich es so langsam verstehe, kann ich nicht anders und nehme meine Mutter in den Arm. Aus der Umarmung wird eine Gruppenumarmung. Alle fangen an zu weinen, sogar Naomi.

"Macht euch keine Sorgen, ich besiege den Krebs auch ein zweites Mal", sagt meine Mutter stark. Meine Gedanken fahren Achterbahn. Wieso muss der Krebs wiederkommen und wie wahrscheinlich ist es, dass man zwei Mal den Krebs besiegt?

"Ja wir helfen dir dabei. Wir wissen, dass du es schaffen wirst. Du bist stark, Mama", erwidere ich schluchzend. Als wir uns nach einer Weile beruhigt haben und das Gesagte so gut wie möglich für das Erste verarbeitet haben, kommt unser Vater wieder und starrt uns an. Ich gehe auf ihn zu und nehme ihn ebenfalls in den Arm.

"Mama hat uns alles erzählt", flüstere ich ihn ins Ohr.

Als ich mich von meinem Vater löse, bitten uns unsere Eltern sie alleine zu lassen, was wir auch machen. Ich gehe in Jasons Zimmer, um ihn zu sagen, dass Mama krank ist. Da er Angst hat alleine zu schlafen, bleibe ich bei ihn. Also lege ich mich mit in seinen Bett und schlafe schnell ein. So müde bin ich noch nie gewesen.

Mitten in der Nacht werde ich von einem Schluchzen geweckt. Ich mache die Augen auf und sehe meinen Bruder weinend in seinen Bett. Ich rutsche näher zu ihm und nehme ihn in dem Arm.

"Alles wird gut, Jason. Mama ist stark und wird schnell wieder gesund. Du musst aber auch stark für sie sein und ihr helfen", sage ich beruhigend. Ich halte ihn die ganze Zeit im Arm bis er wieder eingeschlafen ist. Der Arme, aber Mama schafft es schon, beruhige ich mich selber und schlafe wieder ein.

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