6. Vertrauen in den Wolf

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„Heute ist ein neuer Beginn, ein neuer Anfang, ein neuer Start, ein neues Kapitel, ein neuer Schritt in eine neue Richtung, ein neuer Tag."


6. Vertrauen in den Wolf

Meine Beine zitterten leicht, während ich tapfer einen Fuß vor den anderen setzte. Bei jedem noch so kleinen Rascheln oder Knacksen zuckte ich heftig zusammen und vermutete gleich von einem Wolf oder Vampir attackiert zu werden. Obwohl die Wölfe mir ja wegen dieser beschissenen Prägung nichts antun dürfen. Vielleicht hatte sie jadoch was gutes.

Meine Beine trugen mich immer tiefer in den Wald, während meine Angstimmer größer wurde. Irgendwann fragte ich mich, wie es nur soweit kommen konnte, dass ich auf einmal in dem Wald, in dem ich als Kind so gerne gespielt hatte, so eine fürchterliche Angst empfand. Aber wer konnte es mir verdenken, immerhin war ich nur ein schwacher, zerbrechlicher Mensch, der diesen übernatürlichen Wesen nicht viel entgegensetzen konnte.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich plötzlich über eine Baumwurzel stolperte. Glücklicherweise konnte ich mich aber noch rechtzeitig auffangen, sodass ich nicht mit dem Gesicht im Dreck landete.

Zögerlich richtete ich mich wieder auf und sah mich kurz um, um mich zu versichern, dass ich immer noch allein war. Und so war es auch, bis auf die vielen Vögel, die sich in den Baumkronen versteckten und sorglos vor sich hin zwitscherten.

Langsam machte sich der Gedanke in mir breit, dass ich Paul wohl schneller finden könnte, wenn ich nach ihm rufen würde. Und obwohl ich noch etwas mit meiner Angst, entdeckt zu werden, haderte, entschloss ich mich dennoch dafür. Immerhin würde Paul mich mit seinem gutem Gehör so eher bemerken, als wenn ich weiter so leise wie möglich durch denWald schlich. Und wenn er mich einmal gehört hatte und wusste, dass ich hier im Wald war, dann würde er sicherlich auch zu mir kommen, um sich zu vergewissern, dass es mir gut ging.

Innerlich klopfte ich mir stolz auf die Schulter, dass ich ausnahmsweise mal einen Plan im Kopf hatte, der auch funktionieren konnte. Normalerweise lief ich immerhin planlos und auf gut Glück durch's Leben. Man muss aber auch sagen, dass ich mit dieser Strategie bisher ziemlich großen Erfolg hatte und es dazu noch sehr energiesparend war. Und das war immerhin das Wichtigste für einen eingeschworenen Langschläfer und Faulpelz wie mich.

„Paul?", rief ich in den Wald hinein und kämpfte mich weiter mit wackeligen Beinen durch den Wald. Auch wenn ich den übernatürlichen Wesen nicht begegnen wollte, würde ich mich wesentlich sicherer fühlen,wenn ich jemanden neben mir hätte, der mich beschützen konnte. Und bei Paul war ich mir mittlerweile sicher, dass er das konnte und mich nicht absichtlich verletzen würde.

„PAUL!", schrie ich nun lauter und wiederholte es immer und immer wieder. Mindestens eine halbe Stunde hielt ich das durch, aber selbst meine Stimme gab irgendwann mal ihren Geist auf. Auch meine Beine machten langsam schlapp, weshalb ich mich auf einen umgefallenen Baumstamm setzte, um mich einige Minuten auszuruhen.

Billy hätte mir ruhig sagen können, wie schwer es ist, einen übergroßen Wolf im Wald zu finden. Woher hätte ich das auch wissen sollen? Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass er mich wittert oder so und dann unverzüglich zu mir kommt. Aber nein, natürlich wäre daszu einfach gewesen.

Seufzend ließ ich den Kopf in den Nacken fallen und schloss für einen Moment die Augen. Ich lauschte dem Gesang der Vögel und dem weit entfernten Plätschern eines Baches. Dazu kam noch das leise Rascheln der Blätter und ein Specht, welcher sich fleißig an einem der zahlreichen Bäume zu schaffen machte.

Die vereinzelten Windstöße, die durch meine Haare fuhren, verschufen mir eine Gänsehaut und ließen mich dazu kurz frösteln.

Ich atmete nochmal tief durch, bevor ich mich wieder auf den Weg machte. Immerhin musste ich noch meinen Wolf finden und besänftigen.

little SisterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt