Kapitel 4: Der Sonnenplatz

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Der Raum war lichtdurchflutet, als würde man direkt in der Sonne stehen, doch wir waren nicht draußen...

Wir waren immer noch unter der Erde und dieser Platz beziehungsweise dieser Raum, gab einem trotzdem das Gefühl man würde auf einer sonnendurchflutete Lichtung stehen.
Es war beeindruckend, in der Mitte standen Couchgarnituren und es gab eine.. Bar? ES GAB HIER EINE BAR?
Lebte hier unten tatsächlich jemand, vielleicht Nathan und dieser Liam? Ich ließ mein Blick weiter schweifen, dort gab es viele weitere Räume, die komplett verglast waren und aussahen wie Konferenzräume und überall gingen diese dunklen kleinen Gassen ab. Es war als würde man auf einem großen Marktplatz stehen, von dem
Straßen hin- und wegführten.
Vielleicht war das hier eine geheime Gesellschaft, die den Weltuntergang plante. Ich grinste über meine eigene Dummheit. Nathan sah mich von der Seite an. "Beeindruckend, nicht wahr?", deutete er meinen Blick und funkelte mich stolz an.
Ich nickte stumm.
"Setzt dich doch bitte.", fuhr er fort und deutete auf die Couch, die uns am nächsten stand. Ich tat wie mir geheißen und setzte mich.
"Das ist der Sonnenplatz", erklärte Nathan mir, es schwang immer noch stolz in seiner Stimme mit. "Das ist unser Treffpunkt, wir sind hier sehr gerne, es lässt uns die Sonne weniger vermissen.", erzählte er weiter.
Ich war verwirrt. Sollen sie doch raus gehen, wenn sie die Sonne vermissen.. oder kannten sie den Weg auch nicht? Nein, das machte keinen Sinn. Ich verstand nicht, was er meinte, aber vielleicht wollte ich das auch gar nicht.
"Wen meinst du mit "WIR"?", wollte ich nun wissen. "Ich meine mich, Liam und..", doch wir wurden unterbrochen.
Sofort setzte sich Nathan dicht neben mir auf den freien Platz.
Meine Fragen sollten jetzt ganz detailliert beantwortet werden, denn plötzlich strömten viele Leute, aus den verschiedensten Gängen in den Raum und füllten diesem sogenannten Sonnenplatz. Panik stieg in mir auf und mein Körper sagte mir, ich sollte hier weg, rennen, so schnell wie möglich.
Nathan schien das zu bemerken und stupste mich leicht an. "Tief durchatmen. Du brauchst keine Angst vor ihnen zu haben.", sagte er und versuchte möglichst beruhigend zu klingen.
Alle nahmen auf den Garnituren um uns herum platz. Einige blieben auch stehen. Mir fiel auf, dass ein Sessel leer blieb. Nun standen dort ungefähr 20 Männer, es war keine einzige Frau dabei. Alle blickten mich an. Manche schauten böse oder feindselig, andere schauten gleichgültig und wieder andere grinsten, aber das auch wieder auf die eher weniger freundliche Art. Das half mich nicht meine Panik zu dämpfen und dann entdeckte ich ihn.
Liam. Er stand verborgen hinter ein paar anderen Kerlen und blickte zu Boden. Wut kam in mir auf.
"Ganz ruhig. Er bekommt seine Strafe.", raunte Nathan mir leise zu.
Eine tiefe Stimme zerriss die Stille, sie schallte durch den ganzen Raum.
"Willkommen, Isabel Freya.", sprach ein großer Mann zu mir.
Gott verdammt, kannte hier jeder meinen Namen?
Er musterte mich ganz ungeniert mit seinen blauen Augen, sein blondes Haar hing in sein Gesicht, als er auf dem zuvor leeren Sessel platz nahm. Nimm blickte ihn an, alle schauten zu Boden. War das ihr Chef?
"Sind Sie hier der Boss?", fragte ich ganz offen, ohne auf das Gesagte einzugehen.
Einige zogen empört Luft ein.
Was denn? Man wird ja wohl fragen dürfen.
Der blonde Mann lachte. "Ich bin Valentin. Valentin Bishop. Und ja ich bin der Anführer dieses Clans."
Anführer des Clans. Aha, was das hier eine Sekte oder planten sie doch einen Weltuntergang.
Ich blickte ihn fest an. "Gut zu wissen, dann können Sie mir ja vielleicht verraten, was ich hier mache, was Sie von mir wollen, wo ich bin und wie ich hier wieder rauskomme!", platzte es ungehalten aus mir heraus. Die anderen Typen tauschten Blicke, die ich nicht deuten konnte und Nathan saß unruhig neben und wippte mit seinem Bein.
"Erstmal wollen wir nur, dass du hier bist und auch hier bleibst. Ein Rauskommen gibt es nicht, du gehst erst wieder wenn du tot bist, eine von uns, was aber sehr unwahrscheinlich ist oder wenn wir dich verkauft haben.", er sprach ganz ruhig, ab und zu lächelte er und war ganz locker. Er sprach als wenn es um das Wetter ging. Ich schaute ihn nur ungläubig an.
"Ach ja und wir befinden uns unter der U-Bahn.", ergänzte er trocken.
Jetzt brannte bei mir auch die letzte Sicherung durch.
"Wie können Sie es wagen!", brüllte ich los. "Ich bin ein freier Mensch und nicht ihre Gefangene, ich möchte nicht hier unten bleiben und ihrem komischen Club beitreten, geschweige denn mich von ihren sogenannten "Clanmitgliedern" beißen lassen! Und ich werde weder verkauft, noch lasse ich mich bedrohen! Habt ihr alle einen Schaden?"
Mittlerweile stand ich und wäre am liebsten auf ihn losgegangen.
Ein Raunen ging durch die Menge und alle schauten zwischen mir und Valentin hin und her.
Valentin trat ein Schritt auf mich zu und lachte laut los. Ein Lachen, das markerschütternd war und Übelkeit auslöste. "Das dumme Menschlein weiß nicht, was wir sind!", grölte er und stand nun direkt vor mir. Ich konnte mich nicht rühren. Ich war einfach geschockt und stand reglos da.
"Wir sind Vampire und du bist unsere Gefangene.", ergänzte er.
Das konnte nicht sein. Vampire gab es nur in Filmen und Büchern. Aber es würde vieles erklären, die Schnelligkeit, die Kraft, warum Liam mich gebissen hatte und beide so heftig auf Blut reagierten. Aber war das möglich?
"Wer hat Isabel angegriffen?", forderte Valentin nun zu erfahren, während Nathan mich zurück zog und mich wieder auf meinen Platz setzte.
Alle sahen sich verwirrt an.
"Ich.", murmelte jemand hinten leise.
"Wie bitte?", hakte Valentin nach. In seiner Stimme schwang etwas mit, das mir Gänsehaut bereitete.
Liam trat nun hervor und stand vor Valentin. "Ich war es, ich habe sie angegriffen.", wiederholte er schuldbewusst. "Nathan ist dazwischen gegangen, aber ihr Blut..", er zögerte und alle blickten mich an. Sie musterten mich auffällig, als wäre ich eine Rarität, als hätten sie nie ein Mädchen gesehen. Liam schluckte laut. "Sie ist anders. Ihr Blut ist anders. Ich habe noch nie so etwas geschmeckt. Es ist unglaublich. Ich kann es nicht beschreiben...", er stockte und mich starten immer noch alle an, jetzt sogar noch mehr als davor.
Valentin blickte mich an und grinste. Dann wandte er sich an Nathan: "Sie ist unser Gast, du wirst dich um sie kümmern. Zimmer 118. Wenn sie sich nicht benimmt, dann behandelst du sie wie die Gefangene, die sie ist.", wies er ihn an.
Die Zimmer sind nummeriert, sind wir hier im Krankenhaus?
Dann sagte Valentin laut: "Niemand wird sie anfassen oder ihr Blut trinken. Bis ich etwas anderes sage!"
Alle nickten und dann löste sich die Gruppe und alle liefen verstreut umher. Doch ihr fühlte noch so einige Blicke auf mir ruhen.
Nathan stand auf. "Folge mir.", raunte er mir zu und ich folgte ihm.
Ich beschloss, dass ich tun werde was er sagt und auch was Valentin wollte und wenn es eine Möglichkeit gab zu fliehen, dann würde ich fliehen.

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