Kapitel 7: Der Traum

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Hatte ich geträumt? Ich schlug die Augen auf und lag wieder im Zimmer, im Bett. Intuitiv fasste ich mir an den Hals, wo Liam mich gebissen hatte. Nichts. Auch die Wunde an meiner Schulter war verschwunden. Ich trug ein großes Shirt, das ich nicht kannte. Drehte ich jetzt völlig frei? Ich schob das Shirt hoch, doch auch die Wunde am Bauch war nicht da. Ich sah auf und bemerkte Valentin und Nathan, die an der Tür standen und mich besorgt musterten. Nathan sah noch besser aus als sonst. Ich konnte es mir nicht erklären. Seine Haare waren noch schwärzer, was eigentlich nicht möglich war. Seine grünen Augen waren noch schöner. Ich war neidisch, ich wollte auch solch schöne Augen. Es war als würde ich ihn klarer sehen. Als könnte ich seine unbändige Schönheit erst jetzt erfassen. Sein Aussehen war echt hassenswert.
"...draußen.", hörte ich Valentin flüstern. Ich hatte es nicht komplett verstanden, dann machte er schon auf dem Absatz kehrt und schloss die Tür hinter sich. Nathan kam auf mich zu und setzte sich auf die Bettkante. Ich überprüfte nochmal die Stelle an meinem Hals. Nichts. Hatte ich vielleicht geträumt? "Wie geht es dir?", durchbrach Nathan die Stille. Er sah betroffen aus.
Ich wollte ihn berühren, dieses schöne Gesicht. Diese perfekten aare...
"Wir haben dir mein Blut gegeben, damit die Wunden verheilen. Es sah ziemlich übel für dich aus.", erklärte er mir. Also war es wirklich passiert. Mir wurde schlecht und ich kämpfte mit den Tränen. "Ich habe dir ein Shirt von mir übergezogen , das Kleid war nicht mehr zu gebrauchen.", ergänzte er entschuldigend. Röte stieg mir in die Wangen. Diese ganze Situation war unglaublich verfahren und unangenehm. "Außerdem sorgt mein Blut in deinem Körper, dass du dich...", er kratzte sich verlegen. "Dadurch fühlst du dich zu mir hingezogen. Aber das lässt in den nächsten Stunden nach...", versicherte er mir betreten. Die Röte meiner Wange sollte nicht abklingen. Doch jetzt überrannten mich ganz andere Gefühle. Trauer. Selbstmitleid. Die Ereignisse spielten sich in meinem Kopf ab und meine Tränen liefen. Nathan nahm meine Hand. Erschrocken zog ich meine weg. Das wollte ich nicht. Nie wieder sollte mich jemand anfassen. Er sah verletzt aus. "Ich werde dir Essen holen.", sagte er nüchtern, stand auf und schloss die Tür hinter sich leise.
Ich zog mir die Decke über die Kopf und bekam einen Heulkrampf. Wieso ich. Wieso hatte ich so ein unglaubliches Pech. Mir wurde übel. Ich rannte ins Bad und übergab mich in die Toilette. Ich war ein Häufchen Elend. Nachdem ich gespült hatte, ließ ich neben der Toilette nieder und kauerte mich zusammen. Wenige Minuten später kam Nathan wieder, stellte ein Tablett neben das Bett und kam zu mir ins Bad. Verständnisvoll blickte er auf mich herab. Dann nahm er eine Decke, wickelte mich ein und legte mich zurück ins Bett. Ich war zu fertig, um mich zu wehren oder zu protestieren, also ließ ich ihn gewähren. Zu meiner Überraschung spürte ich Bewegung auf dem Bett und plötzlich lag Nathan hinter mir und zog mich zu sich ran. "Du kannst schreien, treten und beißen, aber ich werde hier liegen bleiben und dafür sorgen, dass es dir besser geht.", murmelte er. Es war lieb von ihm, aber wie konnte er mir schon helfen. Ich war ein Wrack.
Eine Weile lagen wir einfach nur da, keiner sagte etwas. Nathan legte seine Hand auf meinen Kopf und ich schloss die Augen. Plötzlich stand ich auf einer Wiese und Nathan neben mir. Sie war so grün, wie seine Augen und es blühten überall schwarze Blumen, es sah ein wenig dramatisch aus, aber auch wunderschön. Wir waren barfuß und ich hatte immer noch sein Shirt an. Er beobachtete mich wie ich über die Wiese lief. Ich nahm alles war. Die Luft, die meine Lunge füllte. Die Erde unter meinen Füßen, die mich trug. Der liebliche Geruch der Blumen, der mich fortschreiten ließ. Die Sonne, die mir direkt ins Herz schien. Es war fantastisch hier. "Wo sind wir hier?", fragte ich Nathan begeistert. Sein Anblick war ein Bild für die Götter. Die Hände in den Hosentaschen. Ein gewinnendes Lächeln. Schwarz gekleidet. Funkelnde grüne Augen, die einem eine Gänsehaut bereiteten, stand er ganz unschuldig auf diesem Feld. Ich würde ihn am liebsten zeichnen, auf einer großen Leinwand, um dieses Bild für immer festhalten.
"Das ist ein Traum, den ich deinem Kopf erzeuge und den wir mit Bildern und Erinnerungen füllen können."
"Es ist wunderschön."
"Das ist es.", bestätigte er, ohne seinen Blick von mir abzuwenden.

Sie kommen in der Nacht Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt