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Och Gott, jaa, schon wieder ich...

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„Scheiße!", fluchte mein Vater und stieß resigniert die Luft aus, die er die ganze Zeit angehalten hatte, „Genau bei dieser Sache wollte ich nie, dass sie passiert!"

Gerade hatte ich ihm von der Abstimmung und den Konsequenzen erzählt. Meine Tränen waren mittlerweile wieder getrocknet, nachdem Dad es irgendwie geschafft hatte, mich zu beruhigen. Ich wusste nicht mehr genau wie, denn es gab nichts, was die Situation weniger schlimm machen könnte, aber er hatte es geschafft.

„Ich weiß", murmelte ich leise und strich mir langsam eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Ich erinnerte mich an den Besuchstag, an dem mir Dad erklärt hatte, dass unter keinen Umständen irgendjemand erfahren sollte, dass ich ein Elementverturer war, da ich sonst wohl von der Schule fliegen würde. Doch genau das war passiert.

Dann holte ich tief Luft. „Luke kommt mit", verkündete ich und kniff die Augen zusammen, da ich erwartete, er würde mich anschreien. Denn ganz offensichtlich hatten Luke und er auch so ihre Probleme.

Blöderweise wusste Dad gar nichts. Er hatte keine Ahnung, was seit dem Besuchstag zwischen Luke und mir passiert war.

„Und wir haben einen Plan", fügte ich schnell hinzu. Ob ihn das jetzt in irgendeiner Art und Weise beschwichtigen würde, wusste ich allerdings nicht.

„Tatsächlich", kam es nach einer gefühlten halben Ewigkeit von meinem Vater zurück. Seine Stimme hatte einen seltsamen, traurigen Unterton. Ich hörte, wie er schluckte, bevor er ein gepresstes „Ist vielleicht gar nicht so schlecht" hinterher schob.

Ich runzelte die Stirn. „Wieso?", wollte ich überrascht wissen.

„Hat dir deine Mutter gesagt, dass du mich anrufen solltest oder hast du das von selbst getan?", wechselte Dad plötzlich das Thema, doch bevor ich mich darüber beschweren konnte, fiel mir auf, dass ich tatsächlich noch gar nicht nachgefragt hatte, warum ich überhaupt anrufen sollte. Gab es einen Menschen, der verpeilter war als ich? Ich glaubte eher weniger daran.

„Beides. Irgendwie", murmelte ich und schluckte, als ich wieder an Jessie dachte, „Ich hab dich einfach vermisst, Dad."

Mein Vater seufzte. „Ich dich auch, Kleine, ich dich auch", erwiderte er. Ich hörte, wie er leicht lächelte, als er das sagte. Dann räusperte sich Dad. „Und deshalb...", setzte er an, stockte kurz und sprach dann weiter, „denke ich, dass es an der Zeit ist, sich wieder zu treffen. Wir alle. Die gesamte Familie. Und Luke."

Ich blinzelte und wusste überhaupt nicht, was ich sagen sollte. Oder denken. Aber das musste ich auch gar nicht, denn Dad fuhr bereits fort.

„Weißt du...James ist tot. Und ich habe drei Jahre lang geglaubt, er wäre am Leben. Du weißt nicht, wie sehr ich bereue, ihm bei dem Angriff nicht beigestanden zu haben. Dass ich nicht dabei war. Und vor allem, dass ich mich danach nicht wenigstens erkundigt habe, wie es ihm und seiner Familie geht. Nicht ein einziges Mal. Ich hasse mich so sehr dafür", erklärte er und wurde immer leiser, sodass der letzte Satz nur noch ein einziges Flüstern war.

Ich sah zu Boden und betrachtete meine Schuhspitzen. Warum er sich nicht erkundigt hatte, wusste ich nicht, aber er bereute es. Zutiefst. Und das tat mir leid. Ich wollte nicht, dass mein Vater sich dafür hasste. Natürlich hätte er es tun sollen, aber es war nicht zu ändern.

Bevor ich etwas antworten konnte, holte Dad zitternd Luft und fuhr fort. „Sie haben mich angerufen. Die Verturer. Vorher. Sie haben gesagt, sie würden meinen Bruder jetzt angreifen und wenn mir irgendetwas an ihm läge, sollte ich dazu kommen. Ich dachte, es wäre eine Falle. Das dachte ich wirklich. Aber sie haben mich vorgewarnt, Lily. Ich habe es gewusst. Und nichts getan", murmelte er beinahe unverständlich in sein Handy und ich umschloss meinen rechten Arm, der den Hörer hielt, mit der linken Hand, um wenigstens das Gefühl von Halt zu bekommen.

Cold Flame (III)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt