Prolog

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Zwanzig Jahre lang bin ich jetzt schon Mentorin. Zwanzig Jahre seit ich endlich eine Familie habe. Ohne Noel, meine Kinder und meine Schwester hätte ich die Jahre nach meinen Hungerspielen niemals überlebt. Und zum ersten Mal bin ich glücklich. Doch trotz allem schweben die Hungerspiele immer wie eine stumme Drohung über uns. Jade, Ethan und auch Diamond befinden sich alle mittlerweile im richtigen Alter für die Ernte. Jedes Jahr wieder bange ich, dass sie gezogen werden könnten. Jedes Jahr fahre ich mit anderen Tributen ins Kapitol. Und mit jedem Jahr wächst meine Angst, dass ich eines Tages eines meiner eigenen Kinder in die Arena schicken könnte. Diese Angst ist so stark, dass meine Albträume wieder zurückkehren, so stark, dass nicht einmal Noel mehr in der Lage ist, sie zu vertreiben. Jede Nacht stehe ich vor ihren Zimmern und versichere mich, dass sie noch da sind. Ich erinnere mich noch gut, wie es war, als Jade noch klein war. Das Jahr vor ihrem ersten Geburtstag hat mich Helen als Mentorin ersetzt, da ich sie unmöglich für eine so lange Zeit verlassen konnte. Noel war zwar bei ihr und vom ersten Tag an vollkommen vernarrt in sie, doch ich konnte und wollte mich nicht so lange von meinem kleinen Mädchen trennen. Sie brabbelte den ganzen Tag nur vor sich hin, als würde sie sehr interessante Gespräche mit sich selbst führen. Und jedes Mal, wenn sie mich oder Noel sah, begann sie zu lächeln. Bei Ethan und Amy wurde es dann einfacher, obwohl ich immer noch ungern ins Kapitol fahre, weiß ich jetzt, dass sie aufeinander aufpassen. Außerdem sind Helen und Tyler fast jeden Tag mit Stephen bei uns, wenn ich als Mentorin arbeite. Jade und Stephen sind unzertrennlich, seit er laufen kann, während Ethan, der nur zwei Jahre älter als Amy ist, sich immer um sie gekümmert hat und bevor sie reden konnte, ihr von allem erzählt hat, was er gesehen und erlebt hat, wobei Amy nur fröhlich vor sich hin gluckste. Das schien ihn aber nicht zu stören. Ihr erstes Wort war Dan, was ihn natürlich überaus stolz machte. Seit den 24. Hungerspielen ist Jared nicht mehr Mentor, denn in diesem Jahr gab es mal wieder einen Sieger aus Distrikt 2. Sein Name ist Leon Blade und er ist ein guter Freund von mir. Ich habe ihm geholfen, sich an sein neues Leben zu gewöhnen, mit den Albträumen und seinen neuen Aufgaben als Mentor und im Gegenzug hat er angefangen, manchmal Babysitter zu spielen, wenn ich mit Noel allein sein wollte. Immer wieder gab es Momente, in denen ich alle meine Ängste vergessen konnte und einfach nur glücklich war, wenn ich Zeit mit meinen Kindern verbringen konnte. Als sie mit der Schule angefangen haben, beschlossen wir, ihnen von unserer Vergangenheit in den Hungerspielen zu erzählen. Gleichzeitig mussten sie mir versprechen, sich niemals freiwillig zu melden, ganz gleich, was all die anderen Kinder in der Akademie auch sagen. Manchmal beneide ich Crystal. Sie hat lange genug im Kapitol gewohnt, dass ihre beiden Zwillinge Damion und Sydney ebenfalls als Kapitolbürger gelten und somit bei der Ernte nicht gezogen werden können, obwohl sie erst einmal im Kapitol waren und das auch nur, damit sie ihren Status als Einwohner des Kapitols behalten können. Jade hat dieses Jahr ihr letztes, in dem sie gezogen werden kann, da sie inzwischen schon 18 Jahre alt ist. Ethan und Amy sind noch länger in Gefahr, doch langsam beginne ich zu glauben, dass sie es alle schaffen können, ohne eine Arena von innen sehen zu müssen. Vielleicht reicht es Snow ja doch, dass ich mich seit meinen Spielen ruhig verhalte und nicht mehr versuche, die Spiele zu verhindern, so sehr ich das auch will. Vielleicht kann ich doch endlich meine Ruhe haben.

Ruby Shine 2 - Die RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt