Kapitel 2.

422 39 3
                                        

Ich konnte mich in der nächsten Stunde kaum konzentrieren. Mrs Mill sprach in Endlosschleife, während ich Blümchen auf meinen Block kritzelte.

„Nun, Iva?", riss meine Lehrerin mich aus meiner kleinen Welt. „Was?", stammelte ich und legte rasch eine Hand über meine Malerei. „Können Sie mir sagen, was Enzyme sind?"

Sie sah mich eindringlich an, ihre kleinen Augen zusammengekniffen.

„Biokatalysatoren", flüsterte mir ein Mädchen neben mir zu. Sie wiederholte es noch einmal, bis ich mich kurz räusperte und:" Biokatalysatoren", antwortete.

Mrs Mill hatte anscheinend nicht mitbekommen, dass die Antwort nicht direkt von mir kam und nickte nur resigniert. Dann wechselte sie das Thema und ich warf meiner Sitznachbarin einen dankbaren Blick zu.

Arena Smith. Ein blondes, dünnes Mädchen mit warmen, braunen Augen. Ich sprach nicht oft mit ihr, aber ich sah sie und Rose manchmal zusammen, allerdings hatte sie sie mir noch nie vorgestellt. Sie versteckte sich gerne hinter Büchern und Musik. Ich kannte die meisten Bands auf ihren T-Shirts, die sie meistens trug, nicht und generell sah ich sie nur mit einem anderen Jungen oder Rosalie.

Es klingelte und die restlichen Schüler packten erleichtert ihre Schulsachen zusammen, um sich auf den Heimweg zu machen. Auf dem Schulflur herrschte gute Stimmung für einen Montag, denn das Lacrossespiel am Abend bereite doch immer viel Vorfreude. Ich wollte eigentlich mit Rose hingehen, aber da sie anscheinend wie vom Erdboden verschluckt schien, würde ich dieses Spiel wohl ausfallen lassen. Ich hätte Blake fragen können, aber ich mochte seine Freunde nicht sonderlich und alleine würde ich es sicher nicht mit ihnen aushalten.

Blake Elliot war der Stufenclown der Juniors und hatte dazu noch ein geschicktes Händchen für erstklassige Streiche. Sein großes Mundwerk brachte ihn sowohl die Beliebtheit bei den Schülern, als auch die Verachtung der Lehrer. Bis vor zwei Monaten hatte ich kein einziges Wort mit ihm gesprochen, doch dann wurden wir in Chemie in eine Gruppe gesteckt und er löcherte mich mit Fragen. Und er war der Einzige bei dessen Fragen es sich nicht um Rose handelten, sondern um mich. Und auch, wenn sie nicht ganz den Fragen entsprachen, die ich als angemessen hielt, schätzte ich es. Irgendwann hatten wir begonnen uns auf dem Flur zu grüßen, dann bei Mittagessen uns zusammenzusetzen (denn Dienstags und Donnerstags hatte ich kein Lunch mit Rose) und vor ein paar Wochen hatten wir Nummern ausgetauscht und schrieben manchmal über belangloses Zeug. Es hatte keine Bedeutung, aber er war ein cooler Freund.

Ich steckte mir meine Kopfhörer ins Ohr, setzte mich in den Bus und ließ mich zurück zum Bahnhof fahren. Der Himmel war immer noch dunkel und es würde sicher bald regnen.

Noch einmal kontrollierte ich mein Handy, doch ich hatte keine Nachrichten. Nervös knabberte ich an meinem Daumennagel und wollte gerade eine weitere Nachricht an Rosie schreiben, doch dann löschte ich sie wieder. Die Anderen waren noch nicht einmal angekommen. Warum sollten diese es tun?

Eine Gefühlswelle überflutete mich. Ich war so wütend, dass sie mich grundlos ignorierte, aber auch besorgt. Wie gesagt, Rose hatte schon einige unverständliche Aktionen durchgezogen, aber die war bisher am wenigsten nachvollziehbar. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie es liebte, wenn alle sich um sie sorgten. Auch, wenn sie immer so tat, als ob ihr alles egal sei.

Am Bahnhof stieg ich in die Bahn um und setzte mich in die hinterste Ecke des Wagons.

Ich wechselte gerade die Playlist, als sich jemand mit einem lauten Seufzer neben mich fallen ließ.

Vor Schreck zuckte ich zusammen und ließ mein Handy fallen. Durch die laute Musik hatte ich sie nicht kommen hören.

Die Person hob es auf und reichte es mir. „Da ist wohl jemand ein bisschen sehr schreckhaft, hm?"

Come find meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt