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„Wie bitte?", ihre Worte rauschten in meinen Ohren, fanden jedoch keine Verbindung. Ich war tot? Wie sollte das den gehen? Ich war doch hier. Neben ihr!
„Sie haben dich im Haus deines Vaters gefunden. In der Küche.", Tränen rannen ihr die Wangen herunter. Ich konnte das Gesagte nicht fassen. Langsam ließ ich mich zu Boden gleiten und zog Lucy mit mir.
„Wie?", fragte ich sie. „Wie bin ich gestorben?" Ich hielt ihre Hand und drückte fester zu um mein Zittern zu unterdrücken. Doch es klappte nicht. Mein ganzer Körper zitterte und mir war eiskalt.
Lucy holte tief Luft und begann zu erzählen. „Die Polizei vermutet, dass du dir mit einem Messer die Pulsadern aufgeschnitten hast. Aber du hattest so viel Alkohol in deinem Körper, das du scheinbar nichts mitbekommen hast." Gegen Ende begann ihre Stimme zu zittern und brach schlussendlich ganz. Ihr Schluchzen durchbrach die Stille und ich nahm sie in dem Arm. Wir drückten uns fest an einander und wollten uns gar nicht mehr loslassen. „Ich habe mich selber umgebracht?" Fassungslos starrte ich sie an. War ich wirklich so fertig gewesen? Und dann kamen die Erinnerungen zurück. Plötzlich erinnerte mich an den verhängnisvollen Tag. Ich erinnerte mich wie ich an dem Tag in der Küche stand. Völlig fertig mit meinem Leben und nicht wissend wie ich weiterleben sollte ohne ständig daran denken zu müssen. Dann kam mir diese, im jetzigen Blickwinkel betrachtet dumme Idee. Ich erinnerte mich wie ich die leere Flasche in der Hand hielt, spürte wie sich die Welt um mich drehte und wie sich alles so schummrig lustig anfühlte. Auch das Messer in meiner Hand und die Klinge auf meiner Haut. Ich spürte den Schmerz nicht. Eher war ich fasziniert davon wie sich meine Haut teilte und das Blut hervorquoll. Wie es langsam zu Boden tropfte und immer mehr wurde, je mehr ich schnitt. Bis ich müde wurde und mir das Messer aus der Hand fiel. Das ich auf dem Boden auf knallte, bekam ich nicht mehr mit.
„Ich..ich habe mich wirklich umgebracht..Ich kann mich wieder daran erinnern.." Fassungslos starrte ich auf meine Arme und erkannte helle Striche längs auf ihnen. Wie hatte ich so etwas machen können? Ich hatte mich mein ganzes Leben lang bemüht stark zu sein. Hab Andere immer dazu aufgefordert nicht aufzugeben, da alles vorbei ginge. Doch ich hatte es nicht geschafft. Ich hatte nicht gekämpft und war elend zu Grunde gegangen. Ich hatte verloren.
„Ich versteh nur nicht warum. Warum hast du mir nie etwas gesagt? Was war so schlimm, dass du es nicht mehr ausgehalten hast? Warum hast du mich allein gelassen?", fragte Lucy mich und ihre Stimme wurde mit jeder Frage leiser. „Ich bin so wütend! Auf dich, auf mich, auf alle!" Verzweifelt schlug sie auf den Boden und riss sich die Knöchel auf. Leuchtend rotes Blut floss leicht auf den Asphalt. Ich musste es ihr erzählen. Sie hatte es verdient, nachdem ich ihr so viel Schmerz bereitet hatte.
Ich holte tief Luft und begann zu erzählen. „Du erinnerst dich ja an Daniel, der Typ in den ich verliebt war." Lucy nickte. „Als ich zu meinem Dad gezogen bin, sind wir uns öfters über den Weg gelaufen und irgendwann kam es dann auch zu einem Kuss. Er wollte mehr, aber ich nicht und ...naja..er hat es sich dann einfach genommen...und so bin ich dann auch schlussendlich zu Freddy gekommen. Gemeinsam habe ich mich an Daniel gerächt, mit Freddys Hilfe und ihn getötet. Ich dachte irgendwie, dass es mir eine gewisse Befriedigung gibt, aber so war es nicht. Und anscheinend habe ich das alles nicht verkraften können..."
Nach meiner Erzählung war sie lange Zeit still. Musste das Gesagte verarbeiten. „Ich kann es nicht fassen. Wie ist das möglich? Warum hat niemand etwas bemerkt? Warum hast du niemanden etwas gesagt?" „Ich wollte niemanden zur Last fallen und ich dachte, dass ich es selber schaffen könnte. Ich wollte es unbedingt alleine schaffen. Ich war doch immer die, die alles ohne fremde Hilfe schafft. Deswegen habe ich niemanden erzählt und hab immer alles überspielt. Wenn niemand danach fragt, muss man auch niemanden etwas sagen." „Das ist totaler Blödsinn!", rief sie wütend aus und schlug mir gegen die Schulter. Um den Schmerz zu verringern, rieb ich mir sachte darüber. „Gott, ich bin gerade so wütend auf dich! Du hättest mit mir darüber reden können! Wir sind beste Freunde! Wir helfen einander in jeder Situation, egal wie beschissen sie ist! Du erinnerst dich, als meine Mutter mich verprügelte? Ich hab niemanden etwas davon erzählt, nur dir. Weil ich wusste, dass ich dir vertrauen kann und das du mir da beistehst. Warum konntest du mir das nicht sagen? Warum hast du das in dich hineingefressen? Ich hätte dir beistehen können, dir irgendwie helfen. Ich wäre für dich da gewesen." Verletzt blickte sie mich an. Mein Herz tat weh, als ich sie so sah. Sie war von mir weggerutscht und hatte die Arme um sich geschlungen. „Lucy, es tut mir leid.", ich streckte die Hand aus um sie ihr auf die Schulter zu legen. Doch sie wich zurück. „Lucy, bitte. Ich konnte es dir einfach nicht sagen. Ich kann verstehen warum du verletzt bist und es tut mir wirklich leid. Ich weiß, dass ich das nicht wieder gut machen kann, aber versuch bitte mich zu verstehen." Ich weinte und ich wollte einfach nur das sie mir verzieh. Das es wieder so wird wie früher, auch wenn ich wusste, dass es nie wieder so werden würde.
„Ich muss darüber nachdenken.", sagte Lucy leise und entfernte sich von mir.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jul 28, 2017 ⏰

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