Alte Bekannte

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Nach einer einstündigen Bootsfahrt sind wir im Stadtzentrum von Málaga, welche sich in Spanien befindet, angelangt. Ich habe endlich herausgefunden wo wir uns befinden. Sein Ferienhaus liegt auf einer noch unentdeckten Insel, weshalb sie auch keinen Namen hat. Kyle hat mir gesagt, dass er einen Freund habe, der einen Hubschrauber besitzt. Diese Insel habe er auf einer seiner vielen und langen Reisen entdeckt. Er hat mir gesagt, er wäre damals „auf der Suche nach sich Selbst" gewesen.

Nachdem ich nach meinem ‚kleinen' Ausraster in Ohnmacht gefallen bin, hat Kyle sich gedacht nicht zurück zu den anderen zu gehen, weil er fand, es wäre nicht gut für mich. Ich persönlich denke jedoch, er wollte einfach mit mir alleine sein.

Jedenfalls bin ich jetzt schon geschlagene 3 Stunden in der Stadtbibliothek. Kyle ist inzwischen wieder gegangen um etwas zu Trinken und Essen zu besorgen. Mittlerweile bin ich etwa schon an meinem vierten Buch über das Beherrschen der vier Elemente. Gelangweilt, dass ich schon das vierte Buch durchsuche, überfliege ich nur die Titel ein wenig. Das meiste ist nur über die Elemente selbst und selten kommt einer dieser interessanten Artikel über die Beherrschung ein Element zu steuern, weswegen ich eigentlich diese ganzen Bücher durchstöbere. Dass jedoch ein Vampir eine solche Gabe haben könnte, finde ich in keinem Buch. Ist auch irgendwie logisch, da keiner von den normalen Menschen an Vampire glaubt, wie ich zuvor ja auch. Eine junge Frau, vermutlich die Bibliothekarin, kommt auf mich zu und lächelt mich an. „Holá", sagt sie. Lächelnd nicke ich. „Puedo ayudarte?", fährt sie fort. Oh nein, hat sie etwas gefragt? ‚Sag ihr einfach, „No gracias!"', hallt es plötzlich in meinem Kopf. Dem Himmel sei Dank, habe ich noch Kyle. Ich sage ihr das mit einem Akzent, den sie vermutlich nur schwer versteht. Sie lächelt mich an, nickt und geht wieder. ‚Danke. Wo bist du? ' frage ich ihn und schaue umher, doch keine Spur von ihm. ‚Ich bin vor der Bibliothek. Komm doch raus, ich möchte dir ein gutes Restaurant zeigen. ' antwortet er. Schnell versorge ich das Buch und laufe raus. Ich lächle die Kassiererin an und sage einfach Bye, da ich keine Ahnung habe, wie man sich auf Spanisch verabschiedet.

Draussen angekommen, läuft ein Mädchen in mich rein, sodass ich umfalle. „Perdon!", sagt sie sofort und reicht mir ihre Hand. Wenn ich sie richtig verstanden habe, heisst das Entschuldigung? Plötzlich steht Kyle neben mir. Seine Hände legt er auf meine Hüfte und zieht mich zu sich. Er schaut diese junge und wunderschöne Frau, die ich irgendwo schon einmal gesehen habe, wütend an. „Aaah Kyle. Por qué tan enojado?", sagt sie. Ok, ich denke die kennen sich. „Fuera!", antwortet er und zieht mich mit. „Fue bueno verte de nuevo!", ruft sie uns noch hinterher. ‚Wir werden uns wiedersehen! ' fügt sie noch in Gedanken zu. Wieso höre ich ihre Gedanken? Ist sie etwa auch ein Vampir?

Kyle zieht mich immer noch hinter sich her und hat bis jetzt noch kein Wort zu dieser extrem komischen Aktion gesagt. Nach einer Weile sinnlosem Herumlaufen, überhole ich ihn mit Vampirgeschwindigkeit und bringe ihn somit zum Stehen. Dieser schaut mich nur verwirrt an. „Kyle entweder sagst du mir, was da gerade los war, oder ich kehre um und frage sie selber.", sage ich dann. „Du sprichst doch gar kein Spanisch", gibt er desinteressiert zurück. Ich verdrehe kurz die Augen und schaue ihn wieder an. „Kyle. Denkst du wirklich, dass ich ihre Gedanken nicht gehört habe?", frage ich ihn. Wütend schaut er weg, doch ich nehme sein Gesicht in die Hände und zwinge ihn damit mir in die Augen zu sehen. „Ich mag es echt nicht, dich so wütend zu sehen. Du bist einer der wunderbarsten Personen den ich kenne. Bitte sag es mir", sage ich mit ruhiger durchdringender Stimme. „Komm, gehen wir erst einmal nach Hause.", sagt er da er vermutlich weiss, dass es keinen Sinn macht, mit mir über so etwas zu diskutieren. Wir gehen zurück zu unserem Boot und fahren zur Insel. Dort angekommen, gehe ich erst einmal duschen

Dort denke ich nach. Warum ist mir diese Frau so bekannt vorgekommen? Wo habe ich sie schon einmal gesehen? Und dann fällt es mir wie Steine von den Augen. Sie war immer bei Jake zu Hause. Sie gab sich damals als seine zickige Ex-Freundin aus. Hingegen ob das stimmt bin ich mir nicht mehr so sicher. Bei den ganzen Lügen, die hier aufgetischt werden, weiss ich nicht mehr was ich glauben soll und was nicht. Ich ziehe die neuen Klamotten an, die ich mit Kyle gekauft habe, bevor ich in die Bibliothek gegangen bin und gehe wieder in die Küche. Kyle steht vor dem Herd und kocht irgendetwas. Nach meinen endlos vielen Versuchen, herauszufinden, was er kocht, gebe ich endlich auf und setze mich an den Tisch. „Kann ich dir wenigstens helfen?", frage ich leicht genervt darüber, nur nutzlos da zu sitzen und zu zuschauen wie er kocht. Ich höre ihn nur Lächeln doch eine mich aufmunternde Antwort gibt er mir nicht. Nach 5 ruhigen und qualvollen Minuten sagt er mir endlich, dass ich den Tisch decken kann. Ich gehe in die Küche und schaue die einzelnen Schränke durch, bis ich endlich alles gefunden habe. Ich finde auch noch eine grosse weisse Kerze und denke mir, dass das perfekt passt. Machen wir doch Mal einen auf Romantischen. Ich versuche die Servietten so elegant wie möglich zu falten, scheitere jedoch daran. Plötzlich spüre ich, wie Kyle mir ganz sanft seine Arme um den Bauch legt. Lächelnd drehe ich mich um und schaue in seine wunderschönen grünen Augen. Er lächelt mich glücklich an und beugt sich runter um mich zu küssen. Innerlich gegen die tausend Schmetterlinge, die versuchen meinen Bauch zu erobern, kämpfend, erwidere ich seinen Kuss. Nachdem er sich wieder von mir löst, sagt er: „Du bist so wunderschön." Sofort beginne ich zu lächeln. Ich küsse seine Nasenspitze und sage: „Danke! Du bist auch toll!"

Ich setze mich an einen Stuhl und habe jetzt endlich das Recht zu sehen, was mein Freund gekocht hat. Spaghetti-Bolognese. Wie das riecht! Sofort nehme ich mir eine riesen Portion und hoffe innerlich, dass es nicht so ablaufen wird, wie bei meiner Oma. Ich drehe die Spaghetti mit meiner Gabel auf und nehme sie in den Mund.

Es ist lange nicht so gut, wie das Blut, das ich gestern hatte, aber der altbekannte, von mir geliebte, Geschmack kommt deutlich heraus. Es ist schön, dass ich noch normale Dinge machen kann. Eine Weile lang sagt niemand etwas. Ich meine, wer würde bei so etwas Gutem, Zeit verschwenden und sprechen. Nach dem Essen schauen wir uns an, was ich irgendwie komisch finde. Klar bedeutet die Kerze in der Mitte des Tisches, dass es ein romantisches Dinner darstellen soll, aber irgendwann ist auch mal Schluss bei mir mit Romantik. „Also, wer war diese Frau?", frage ich um diese mir immer noch zu romantische Situation zu unterbrechen. ‚Mist!', höre ich plötzlich in meinen Gedanken. „Wollen wir nicht erst abräumen?", fragt er kurz darauf. Er will gerade aufstehen, doch ich bin schneller und halte ihn zurück. „Kyle. Du weisst, dass ich sehr stur und sehr wütend werden kann. Also erspar uns das und sag mir einfach wer sie war. Es ist mir egal ob es einer deiner Verflossenen ist, oder deine Schwester oder keine Ahnung wer. Ich möchte es einfach wissen.", sage ich ruhig und schaue ihn durchdringlich an. Erst nachdem er nickt, lass ich von ihm ab und gehe wieder auf meinen Stuhl. Er seufzt und beginnt zu sprechen: „Sie ist meine Ex, Nora. Ich habe sie damals vor fünf Jahren kennen gelernt. Sie war mal mit Jake zusammen, aber das ist schon Jahrzehnte her. Anfangs lief es sehr gut, aber nach ungefähr einem Jahr, ist sie immer öfters weg gegangen. Sie hat gesagt sie müsse eine Freundin besuchen gehen die sie schon lange nicht mehr gesehen habe. Es war eigenartig, dass sie auf ein Mal ihre Freundin besuchen musste und vorher hat sie immer gesagt, sie habe keine Freunde und auch keine Familie mehr. Irgendwann habe ich ihr nicht mehr so richtig geglaubt und bin ihr gefolgt. Sie ging jedes Mal zu Jake. Damals warst du noch mit ihm zusammen. Übrigens hast du mich schon damals fasziniert.", er zwinkert mir zu, aber als er merkt, dass ich nicht darauf reinfalle, das Thema zu ändern fährt er fort, „Wie auch immer. Sie stritt sich immerzu mit Jake, ich weiss bis heute nicht warum. Vielleicht wollte sie ihn zurück. Ich habe sie darauf angesprochen und es ist alles eskaliert, was dann auch dazu führte, dass wir uns trennten. Später hat sie dann meinen Vater, der auch ein Vampir war, ermordet. Das habe ich ihr bis heute nicht verziehen." Ich lehne mich zurück in den Stuhl und die einzige Frage, die durch meinen Kopf schiesst ist, ist diese: „Findest du es nicht auch seltsam, dass beide unsere Ex' kurz nachdem wir Schluss gemacht haben, einen Elternteil ermordet hat?" Kyle schaut mich nur fragend an. „Deine Mutter ist nicht tot.", sagt er dann. „Ich weiss, aber ich dachte es für drei Jahre. Vielleicht ist dein Dad auch nicht tot.", sage ich ihm mit einer hochgezogenen Augenbraue. Weiter sagt er nichts dazu, also beginnen wir alles abzuräumen. Danach geht Kyle duschen und ich beschliesse noch ein wenig raus zu gehen.

Jetzt sitze ich also am Strand und denke nach, was es mit Nora auf sich hat. Ob sie etwas Böses will, ob sie mit Jake zusammenarbeitet, ob die beiden es so abgemacht haben, unsere Eltern zu töten. Fragen über Fragen schwirren in meinem Kopf herum. Plötzlich sehe ich aus meinen Augenwinkeln, dass jemand neben mir sitzt. Doch es ist nicht Kyle, wie ich es vermutet habe, sondern es ist meine Grossmutter. „Wir haben nicht viel Zeit. Melissa, du bist in Gefahr. Kyle wurde verzaubert. Jake kann durch diesen alles sehen was auch Kyle sieht. Suche deine Halbschwester auf! Sie kann dir helfen, alles wieder richtig zu stellen. Du musst dich beeilen.", sagt sie aufgebracht. „Oma, ich habe keine Halbschwester, was redest du da?!", frage ich verwirrt. „Doch du hast eine. Sie war immer da, als du in Gefahr warst.", sagt sie und verschwindet so schnell wie sie gekommen ist. Ich überlege wen sie denn meint. Und dann fällt es mir ein. Sie war da, als ich in Gefahr war. Jake war die Gefahr. Und jetzt ist sie wieder da, weil ich mit einem seiner Marionetten zusammen bin.

Nora ist meine Halbschwester!

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