Kapitel 1

193 12 1
                                    

Ich richte meinen Blick auf die Zigarette in ihrer Hand. Ich hatte meiner Mutter versprochen das nie zu tun. Aber grade spielt das keine Rolle. Also nehme ich Kathies Angebot an, greife nach dem kleinen qualmenden Ding in ihrer Hand und ziehe einmal dran. Ich hoffe, dass es so aussieht als wenn ich einen tiefen Zug nehme, in Wahrheit paffe ich allerdings nur. Bah. Ekelhaft. Nie wieder. 'Jetzt bloß nicht husten' sage ich mir. Ich mache das nämlich nicht wegen sozialer Probleme oder sonstigen. Hinter uns steht nicht nur irgendeine Gruppe die sich zum gemeinsamen Schachspielen trifft, nein. Das ist DIE Gang unserer Highschool. Aber nicht ich bin diejenige die scharf darauf ist besonders cool und lässig zu wirken. Das ist Kathie. Wäre sie nicht eine meiner besten Freundinnen, würde ich das hier sicherlich nicht mitmachen. Aber sie hatte sich heute extra eine Zigarette von ihrem älteren Bruder gemoppst. Er ist 21 und wohnt, wie sie, noch bei ihren Eltern. Eigentlich voll der korrekte Typ. Wäre da nicht seine leichte suchtartige Zuneigung zu dem Spiel "World of Warcraft". Naja. Auf jeden Fall hatte ich sie heute morgen normal und unschuldig, wie jeden Tag in der Früh, vor ihrer Haustür abgeholt. Als wir allerdings hinter der nächsten Ecke verschwunden waren, hatte sie ihre Micropens aus ihrem Rucksack geholt, gegen ihre Jeans eingetauscht, sowie ihr Shirt, gegen ein Bauchfreies, trägerloses Top. Sie hatte noch schnell einen gefühlt 30cm fetten Lidstrich aufgetragen, sowie ihren knallroten Lippenstift. Danach mussten wir rennen um unseren Bus noch rechtzeitig zu erwischen.

Jetzt stehen wir hier und das alles nur um ihren, ach so angebeteten, Loui zu beeindrucken. Den Badboy schlechthin. Ich hasse ihn. Hassen ist kein Ausdruck. Wie wäre es mit verabscheuen. Schon besser, aber noch nicht dreckig genug. Für die meisten Mädchen ist er ein regelrechter Traumtyp. Dunkelblonde Haare, immer im aktuellsten Schnitt, Markenklamotten, Markenschuhe, Sixpack und zu guter letzt Fußballstar. Fragt mich nicht warum, aber er scheint genau das Bild von Mann zu sein wie ihn sich alle Mädchen vorstellen. Ausgeschlossen mir.

Wieder zurück zur Gegenwart. Ich stehe mit den Rücken zu der Gruppe. Ich muss versuchen von dem Probieren der Zigarette nicht zu husten. Kathie hat mich gewarnt, dass dies die schlimmste Reaktion sein würde. Ein Anzeichen dafür, dass ich noch nie vorher geraucht habe. Und dass wiederum wäre das schlimmste Anzeichen von Schwäche. Denn es scheint so als wären alle aus ihrer begehrten Gruppe, also die Badboys hinter meinen Rücken, Kettenraucher.

Deshalb huste ich nicht. Dafür bahnt sich nun ein Lachen durch meinen Körper, hinauf zu meinem Mund. Ich gebe ihr die die Zigarette zurück. Sie bemerkt das Lächeln in meinen Mundwinkeln und lächelt kurz zurück. Eine Sekunde danach legt sie sich jedoch ihren rechten Zeigefinger auf den Mund und macht ein Geräusch: ,,Schhhhhh".

Ihre Augen weiten sich, doch kurz darauf sind sie wieder ganz gelassen. Vielleicht irre ich mich, aber es scheint als wäre sie sogar noch ein bisschen gelassener als zuvor. Da wird es mir schlagartig klar. ,,Kommt er?", flüsterte ich, allerdings darauf bedacht, so leise zu sein, dass auch wirklich nur sie mich hört. Als Antwort bekomme ich ein kaum wahrnehmbares Nicken. Kurz darauf spüre ich eine weitere Körperwärme neben mir. Ich hebe meinen Kopf und sehe dass Loui neben uns steht. Keine 30cm entfernt. Weder von mir, noch von Kathie. Aber da ist noch eine Sache die ich bemerke. Es macht Kathie viel mehr aus ihm so nah zu stehen, als mir. Und sie überlegt grade fieberhaft was sie sagen soll. Doch bevor das ganze hier unangenehm wird, rettet Loui die Situation. Er richtet seine Aufmerksamkeit abwechselnd auf mich, dann auf Kathie und entscheidet sich dann letztendlich für das klassische : ,,Hi".

Asphalt KidsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt