Asphalt Kids

Kapitel 7

Die Sonne fällt durch einen Schlitz in der Gardine auf mein Bett. Sie weckt mich auf. Ich blinzelte ein paar mal um mich an das Licht zu gewöhnen. Aus alter Gewohnheit schaue ich auf den Wecker, auch wenn ich wirklich IMMER 5 Minuten bevor er klingelt, aufwache. Deswegen stelle ich ihn schon seit Monaten nicht mehr. Warte mal. Ist das möglich?! Es kann doch nicht schon halb acht sein?! Shit. Naja, zummindest brauche ich mich jetzt nicht mehr zu beeilen. Mein nächster Bus fährt erst um kurz vor neun. Also könnte ich jetzt theoretisch noch schlafen. Aber bei dem Schreck, den die kleinen Ziffernblätter auf der Uhr mir ebend verschafft haben, kann ich das sowieso nicht mehr. Ich schlüpfe aus dem Bett uns schlurfe zu meinem Kleiderschrank. Da ich persönlich eh niemanden beeindrucken will, ziehe ich eine Jeggins und ein Tshirt ohne Aufdruck an. Ich will ja niemandem gefallen, also klatsche ich mir noch ein wenig Mascara drauf und setze mir meine Nerdbrille auf die Nase. Ich brauche sie eigentlich nur, weil ich in der Schule manchmal nicht mehr erkennen kann, was an der Tafel steht.

Ich gehe qäulend langsam die Treppen runter und schlurfe in die Küche. Da mache ich mir erstmal Cornflakes. Ich habe gerade fertig gegessen, da klopft es an die Fensterscheibe. Nachdem ich einen halben Herzinfarkt bekommen habe, drehe ich mich zum Fenster und kann in das grinsende Gesicht unseres Postboten schauen. Ich gehe zur Tür, begrüße ihn, unterschreibe für irgendeinen Kack, den der Freund meiner Mutter wieder bestellt hat und schließe die Tür wieder. Das Packet stelle ich aufs Fensterbrett. Ich schaue wieder auf die Uhr. Ich habe immer noch eine Stunde Zeit bis der Bus kommt und zur Haltestelle brauche ich grade mal 5 Minuten. Alle Hausaufgaben sind gemacht. Da fällt mir ein, dass ich heute noch gar nicht auf mein Handy geschaut habe, was eigentlich sehr untypisch für mich ist. Also gehe ich in gemäßigter Geschwindigkeit zu den Treppen und nehme für jede Stufe beide Füße. Als ich in meinem Zimmer angekommen bin, schmeiße ich mich auf mein großes Bett und greife nach meinem Handy, welches auf dem kleinem Nachttisch neben meinem Bett liegt.

Das kleine Lämpchen neben den Lautsprechern blinkt und ich entsperre den Display. Ich stöhne auf. 673 Nachrichten in 3 Chats. Puh. Über 650 der empfangenen Benachrichtigungen, kommen aus einer Gruppe namens: Hammergeil. Ich find solche Gruppen süß, habe jetzt allerdings keinen Bock, mir alle Nachrichten durchzulesen. Ein paar von den Nachrichten stammen auch von Kathi:

Kathie: Hannah kommst du heute?

Kathie: Du kannst mich doch nicht alleine in Sport abkacken lassen! :(

Kathie: Hannah?

Kathie: Hannaaaaaaaaaah???????

Kathie: Okay, wenn du krank bist dann gute Besserung.

Kathie: Muss jetzt zu Sport, können nacher ja noch schreiben.

Kathie: Okay?

Kathie: Hannah, okaayyyy?

Kathie: Ach ja

Kathie: Sooorry<3

Kathie: Bis dann Süße <3333

Über die ganzen Nachrichten muss ich schmunzeln. Das war wirklich typisch Kathie. Ich überlege kurz, dann fliegen meine Finger über die Tastatur. Ich drücke auf 'senden' und meine Antwort wird verschickt.

Ich: Keine Angst, ich komme zur dritten Stunde, bis gleich <3

Die dritte Nachricht ist von meiner Mutter, sie hatte mich nochmal lieb gegrüßt und mir geschrieben, dass sie mich lieb habe. Seit kurzem hatte sie mein altes Smartphone bekommen und ich hatte mir ein neues gebrauchtes geholt.

Jetzt habe ich noch zwanzig Minuten also mache ich mich langsam und voll beladen auf den Weg. Als ich auf die Uhr schaue, seufze ich. Immer noch 12 Minuten. Wieder stecke ich mir meine Kopfhörer ins Ohr und drücke auf Play. Da sehe ich, wie ein schwarzes Motorrad aus der Straße neben der Haltestelle schießt. Es ist wunderschön, mit Chromverzierungen. So eins will ich später auch mal fahren. Als der Fahrer mich sieht, scheint er sein Tempo zu verlangsamen, doch ich weiß nicht warum. Das Fortbewegungsmittel hält einen Meter von mir entfernt. Der Fahrer nimmt sein Helm ab und ich frage mich wie man bloß so viel Pech haben kann. Mit seiner sexy Stimme, halt, mit seiner abscheulichen Stimme, welche vom rauchen schon ganz rau ist, spricht er mich direkt an:

,, Steig auf, Bunny."

Bunny?! Hab ich mich verhört oder hat der Scheißkerl mich grade allen Ernstes Bunny gennant?!

,,Nein, danke das Bunny würde lieber zur Schule kriechen, als mit dir dahin zu fahren.", teile ich ihm in meinem bissigsten Ton mit.

,,Musst ja nicht gleich zickig werden. Hast doch bestimmt nur Angst, mit mir am Ende knutschend im Busch zu landen.", sagt er.

Ich explodiere gleich.

,,Noch einmal: Nein, danke. Verpiss dich.", wiederhole ich mich.

,,Wow, wow. Ich verschwinde mal, bevor du mir mit deinen Krallen die Kehle aufschlitzt.", sagt er mit gespielt ängstlicher Miene, setzt sich den Helm auf und fährt davon.

Da kurz hinter ihm auch schon mein Bus kommt, hole ich meine Fahrkarte raus, und mache mir keine weiteren Gedanken darüber.