...zurück nach Hause

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Ich begutachtete das Ding auf meinen Füßen und versuchte ein Gesicht auszumachen. Doch dieser braun/graue Haufen schien keines zu besitzen, oder es war gerade in die andere Richtung gewandt. Es sah aus wie ein großer ovaler Stein mit Kanten, Ecken und zwei Armen. „Ich habe doch keine Lust dir jetzt hinterher zu laufen.", stöhnte sie und machte eine komische Handbewegung. Plötzlich waren meine Beine wieder federleicht, doch das interessierte mich gerade nicht.

„Ein Steingeist?", fragte ich erstaunt und sprang auf. Das musste ich mir eingebildet haben. So etwas existiert dich gar nicht.

„Joana.", die Gesichtszüge und die Stimme von Püppi wurden leichter. „Das ist vielleicht etwas viel für den Anfang. Fürs erste werde ich dir zeigen wie du zurück in deine Menschliche Gestalt kommst.", sie kam auf mich zu und schnipste mir mit den Finger auf meine Stirn. Ich zuckte zusammen, denn das tat doch schon mehr weh als gedacht. Wie vom Blitz getroffen, ging der Schmerz von meinem Kopf aus bis zu den Füßen. Ich keuchte und musste meine Hände auf die Knie stützen damit ich nicht wieder hinfiel.

Dann ein Stoß von hinten und ich kippte nach vorne. Ich konnte den Sturz mit meinen Händen noch rechtzeitig abfangen und hustete. Ich hatte mich verschluckt. Die Sonne blendete mich, sodass ich die Augen zukneifen musste. Generell schien alles wieder mehr Farbe zu besitzen, wenn das überhaupt möglich war.

„Das tut mir leid. Ich habe Sie nicht gesehen.", eine Hand schob sich in mein Blickfeld und ich sah auf. Der Jogger hatte mich anscheinend angerempelt und wollte mir nun aufhelfen.

Ich nahm seine Hand, schüttelte den Dreck von meiner Jeans und beteuerte das mir nichts fehlte.

Ich sah mich um. Von Püppi fehlte jede Spur. Ich war so verwirrt, das ich gar nicht merkte wie sich von der Seite jemand näherte. Erst als sie mir die Hand auf die Schulter und ich sie ansah erkannte ich sie.
„Joana! Dich suchen alle. WO warst du?", fragte Lea und umarmte mich. „Es haben sich alle Sorgen um dich gemacht. Tatjana hat bei der Polizei eine Suchmeldung für dich aufgegeben. Das kannst du den beiden doch nicht antun.", tadelte mich Lea und lies mich los.

Ich holte tief Luft und versuchte klar zu denken. Auf einmal schien alles wieder in Ordnung zu sein. „Ich äh.", begann ich zögerlich. Was sollte ich ihr denn sagen. Die Wahrheit? Das würde sie mir nicht glauben. Weder sie noch sonst irgendwer. Vielleicht irgend ein Psychologe, der hoffte damit ein wenig Geld zu verdienen.

„Ich habe bei meinem Freund übernachtet.", log ich und sah zu Lea. Eigentlich wusste sie das sich mein Interesse an einer Beziehung in Grenzen hielt. „Wie kommt es das du einen Freund hast?" hakte sie skeptisch nach.

„Ich wusste das du so reagierst. Ich möchte ihn erst mal näher kennen lernen bevor ich ihm irgendwem von euch verrückten vorstellen soll." entgegnete ich und verpasste Lea einen freundschaftlichen stupster auf ihre Schulter. Lea grinste. Damit hatte ich sie. Lea war eine gute Freundin, doch wollte sie jeden Mann in meinem Umfeld kennen . Das war schon leicht ein Zwang von ihr.

„Ich werde schon herausfinden, wen du dir da ausgesucht hast.", versicherte sie mir und grinste über beide Ohren.

Ich machte mich mit Lea auf zu meinen Pflegeeltern. Denn wie Lea mir gestand machte sich Tatjana große Sorgen wo ich denn geblieben sei. Ingo war weniger in Sorge.

Klar, dachte ich mir. Er war froh seine Frau wieder für sich zu haben.

Zuhause angekommen stürzte sich Tati auf mich und drückte mich ganz fest. „Wo warst du denn mein Schatz?", fragte sie erleichtert und umfasste mein Gesicht mit beiden Händen. „Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, Kindchen. Das haben wir beide.", merkte sie an und verschwand in der Küche.

„Schau", sie hielt mir den Suchzettel unter die Nase. „ich habe sogar die hier angefertigt, damit wir dich schneller finden.", erklärte Tati.

„Mir geht es gut Tatjana. Aber wo ist Ingo?", fragte ich und sah mich um. Im Hausflur war er nicht zu sehen und aus der Küche drangen keine Geräusche bis hier hin. Auch waren keine weiteren Schritte zu hören, als die von uns drei.

„Der ist arbeiten. Er wird sich freuen dich wieder zu sehen.", rief Tatjana von oben herunter. Wie es sich anhörte, hatte sie den Zettel in den Schredder geworfen. Dann kam sie die Treppe herunter und ging in die Küche. „Lea, Joana, komm wir trinken einen Kaffee zusammen und dann erzählst du mir wo du warst.", plapperte Tati fröhlich vor sich hin. Ein lautes brummen lies vermuten, dass sie den Kaffeevollautomaten angemacht hatte. Oh weia, dachte ich mir und ging mit Lea in die Küche. „Ich habe sie im Park getroffen", erzählte Lea. Ich schaute sie mahnend an und schüttelte den Kopf. Ich hoffte sie verstand was ich ihr damit sagen wollte. Doch sie schüttelte den Kopf. „Joana, möchtest du deiner Mutter nicht lieber selbst erzählen wo du dich herumgetrieben hast?", wandte sich Lea fragend an mich. „Äh, ja.", fing ich zögernd an. Was sagte ich denn nur? Die Wahrheit kam ja wohl nicht in frage. Ich war mir ja selbst nicht sicher was passiert war. Vielleicht hatte ich auch nur irgendwie in einem Tagtraum festgesteckt und war, kurz bevor Lea auftauchte, aufgewacht. Ich hatte davon schon häufiger gehört, dass irgendwelche Menschen in ihren Tagträumen lebten. Mal länger, mal kürzer.

„Joana.", riss mich Tati aus meinen Gedanken. „Kind, ich weiß du wirst erwachsen, aber du kannst doch nicht ohne ein Wort ein paar Tage verschwinden. Weißt du was für sorgen wir uns gemacht haben?", Tati sah mich ernst an. „Ich brauchte etwas Zeit für mich.", erklärte ich. Mir war nicht wohl Tatjana anzulügen, also erzählte ich ihr die halbe Wahrheit. „Ich hab bei einer Freundin übernachtet und war anschließend im Park um ein wenig nachzudenken. Habe mich wohl meinen Tagträumen hingegeben und die Zeit vergessen."

Lea sah mich skeptisch an. Behielt ihre bedenken aber für sich. Tati schien nichts zu merken. Sie war immer schon zu gutgläubig gewesen. „Aber du hättest doch wenigstens dein Handy mitnehmen können. Ich habe mehrfach versucht dich zu erreichen.", tadelte mich Tatjana. „Mama, ich brauchte Zeit für mich.", säuselte ich. Mama, das klang irgendwie falsch, doch ich wusste das Tatjana sich damit schneller besänftigen lies. Sie seufzte. „Bitte nimm nächstes mal dein Handy mit. Wir haben kein Problem damit wenn du deine Zeit brauchst. Aber wir machen uns nun mal sorgen um dich Kind. Was, wenn dir was zugestoßen wäre. Wie hättest du dann Hilfe holen sollen?"

Ich sah Lea flehend an. Ihr Blick war nicht besonders begeistert. „Hauptsache sie ist wieder da und Gesund. Ich glaube Jo wird sowas nicht nochmal machen.", sagte Lea und trank ihren Kaffee.

Den hatte ich ganz vergessen. Ich goss ein wenig Milch hinein, Zucker und probierte ihn. Wä, schon kalt. Ich verzog das Gesicht und trank die Tasse leer. Wie in der Kneipe stellte ich die Tasse etwas zu laut zurück auf den Tisch und rief „Prost!", Tati lachte. „Meine Lieben, ich muss jetzt zur Arbeit.", sprach Tati, stand auf und spülte die leeren Tassen.

Ich bin heute Abend erst spät wieder da.", sie schnappte sich ihre Handtasche und ihren Schlüssel. Dann gab sie mir einen Kuss auf die Stirn und verließ das Haus. 

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