Ohne Meister

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„Kannst du mir etwas über das Mädchen berichten Tengu?", fragte Diana mich. Ich war zu ihr zurück gekehrt. Vorerst schien Joana in Sicherheit zu sein. Die Nekomata die sie begleitete schien stark zu sein.

Ich hatte es nicht geschafft ihr im Kampf überlegen zu sein. Das ärgerte mich. Diana hatte mir freie Verfügungsgewalt gewilligt. Also sollte ich in der Lage sein, einen solchen Gegner zu besiegen. Nun, ein Gegner war es ja nicht. Joana hatte ihn gerufen. Ausgerechnet ihn. Nekomata waren die natürlichen Feinde eines Tengu.

Ich sah mir meinen linken Flügel an. Dort hatte er mich erwischt. Kian. Das würde er noch zu spüren bekommen, mich zu verletzten. Einen Tengu, der einer Höchsten folgte.

„Sie ist in guten Händen. Oder eher Pfoten.", krächzte ich verächtlich. Diana sah mich neugierig an. Ihr Blick viel auf meinen verletzten Flügel. „Ihr hattet also schon einen Kampf. Erstaunlich."

Ich schloss die Augen und überlegte, war mir nicht sicher ob Diana von dem Biest erfahren sollte. „Sie hat eine Nekomata als Kämpfer.", sagte ich dann nach einiger Zeit. Zorn stieg in mir auf, glühend heiß, lodernd.

„Eine Nekomata?!" Diana war erstaunt aufgesprungen. Diese Reaktion war ich von ihr nicht gewohnt. Als ich wieder die Augen öffnete starrte sie mich böse an.

„Ich habe dir den Auftrag gegeben sie zu beschützen und du lässt sie so einfach mit einer Nekomata alleine?", ihre Stimme ließ nichts Gutes verheißen. „Du verweigerst den Namen, den ich dir gegeben habe und nun auch meine Befehle?"

Ich verneigte mich vor ihr. „Verzeih mir, ich habe deinen Befehl falsch erfüllt." Doch das schien ihr nicht zu genügen. Mich durchfuhr ein fürchterlicher Schmerz. „Bruno.", rief sie mich. Ein Name, den ich mir selbst gegeben hatte. Er gefiel mir und erschien für mich cool.

Doch die jetzige Situation war alles andere als Cool. „Ich werde dich bestrafen. Eine Nekomata ist ein verbotener Begleiter. Sie sind nicht zu bändigen. Ich nehme dir einen Flügel."

Ehe ich realisierte was sie sagte, hatte sie ein Schwert aus Licht in der Hand. Mit einer Handbewegung fesselte sie mich mit ihrer Kraft sodass ich nicht fliehen konnte. „Meister, nehmt mir nicht meinen Flügel.", bat ich. Es war eigentlich nicht meine Art so förmlich zu sein. Ich war ein Tengu! Ich war mächtiger Bergdämon. Arrogant und Eitel wie ich war, lag es nicht in meiner Art irgendwem in den Arsch zu kriechen. Doch im Moment war ich machtlos. Wenn jemand mächtiger war als ich, dann sie. Ein Grund warum ich mich ihr angeschlossen hatte.

Diana lachte und riss mich somit aus meinen Gedanken.

„Du winselst um Gnade?" Ein stechender Schmerz durchzuckte mein Gesicht. Blut lief in mein Auge, doch ich ignorierte es.

„Ich verschone deinen Flügel. Doch werden wir nicht mehr zusammen arbeiten. Tengu, ich bin nicht weiter dein Meister.", sprach sie und die Fesseln lösten sich von mir. Ich sah, wie das Band welches uns verband aufleuchtete. Diana packte es und zerriss es. Das war eine der Schmerzhaftesten Arten einen Bund zu trennen, doch sie zuckte nicht mal mit der Wimper. Ich tat ihr gleich, wollte meinen Stolz nicht verlieren.

„Verschwinde Tengu. Komm mir noch einmal unter die Augen und du wirst vernichtet.", sprach sie und kam einen Schritt auf mich zu. Ihre Hand glühte hellblau. Sie machte einen Angriffszauber bereit. Ich wischte mir das Blut vom Auge und breitete meine Flügel aus. Zwar war mein linker Flügel verletzt, doch konnte ich noch fliegen. Mit einen Kraftfollen Sprung erhob ich mich in die Lüfte. Eine blaue Kugel folgte mir. Sie hatte eine Magiekugel auf mich abgefeuert. Ich wich ihr jedoch geschickt aus und blickte hinunter. Sie sah mich nur an, machte keine Anstalten einen weiteren Angriff auf mich zu starten. Ein weiterer Flügelschlag und sie war außer Sichtweite. Hoch oben, über den Wolken entspannte ich mich wieder. Sie war der erste Meister gewesen die mich ablehnte. Ich schnaubte. Sie hatte genug andere Geister bei sich, die wie ein Schoßhündchen auf Befehl alles taten. Ich besaß stolz und folgte nur denen, die mir gefielen. Niemand konnte mir wirklich etwas Befehlen.

Ich überlegte wohin ich jetzt sollte und entschied mich von Joana zu verabschieden. Er drehte sich um, denn auf dem Rücken wollte ich nicht fliegen, und machte sich auf den Weg zu Joana. Es war mittlerweise spät geworden und Joana würde bestimmt schlafen. Als er ankam, brannte noch Licht in ihrem Zimmer. Ich flog durch die Wand und landete leichtfüßig auf dem Boden.

Sie war nicht alleine. Der Mann, Ingo, stand in der Tür und beobachtete sie beim schlafen. Perversling, schoss es mir durch den Kopf und ein Schauer aus Eckel lief mir den Rücken runter. Ich sah zu Joana. Sie lag im Bett und schlief tief und fest. Sie sah so verletzlich aus. So hübsch. Kian war nicht zu sehen. Toller Beschützer. Ein seltsames Gefühl machte sich in mir breit. Ich beschütze sie, schoss es mir durch den Kopf. Ich schwang einmal kräftig mit den Flügeln und ein starker Windstoß traf Ingo. Er taumelte zurück und seine Augen weiteten sich.

Dieser dumme Mensch verstand nicht was hier passierte. Er konnte mich weder sehen, noch anders wahrnehmen. Also konnte ich mit ihm anstellen was ich wollte.

Selbst den letzten Streich hatte er mir zu verdanken. Ich hatte seine Schnürsenkel zusammengebunden. Ein alberner und harmloser Streich. Doch nun konnte Joana ihn nicht sehen. Ihn nicht aufhalten. Ich machte einen weiteren Schritt auf Ingo zu. Zwar war nicht er alleine Schuld für sein Verhalten, doch sein Wesen war dafür veranlagt von bösen Geistern in Besitz genommen zu werden. Er besaß zu viel Wut und Trauer in sich.

Ein weiterer kräftiger Flügelschlag und Ingo taumelte einen weiteren Schritt zurück. „W-was", stammelte er. Ich lachte. Noch ein Flügelschlag und Ingo taumelte die ersten Treppenstufen hinunter. Nur ein kleiner schubs, dachte ich mir und streckte meine Klauen nach ihm aus und gab ihm den letzten Stoß.

Ingo viel rückwärts die Treppe runter. Er rollte und überschlug sich ein paarmal, ehe er unten ankam und sein Kopf auf dem Steinboden aufschlug.

Dort blieb er regungslos liegen. Oh, hab ich übertrieben? Ich schwebte nach unten um zu schauen, ob ich den Menschen umgebracht hatte. Doch er atmete noch. Ich seufzte. War mir unschlüssig ob ich erleichtert war oder unzufrieden. Ich ließ ihn dort liegen und flog hoch ins Dachgeschoss. Er war nicht ausgebaut und Spinnenweben hingen von den Balken. Ich machte es mir in einer halbwegs sauberen Ecke bequem und legte mich schlafen.

Meine Flügel beschützen mein Gesicht vor allzu neugierigen Spinnen, die mich als Klettergerüst nutzen wollten. Ich hatte zwar keine Angst vor diesen Kreaturen, doch schön waren sie nicht.

Warum wollte ich Joana eigentlich beschützen? Wieso und vor allem auf wen war ich eifersüchtig? Ich wollte es mir nicht eingestehen, doch die Flamme der Eifersucht brannte voller Kraft, sodass ich sie nicht länger Ignorieren konnte. Irgendwas hatte das Menschenmädchen an sich, was mich anzog. Eigentlich war ich hergekommen um mich zu verabschieden, doch dieser Besuch erinnerte mich nur zu gut an das Gefühl, welches ich zu unterdrücken versuchte. Vielleicht war es besser, wenn ich sie einige Zeit begleite und beobachte. Sie hat ja noch keinen Schutzgeist und da ich frei war, konnte ich sie nach meinem Willen beschützen. Aber würde Joana das zulassen? Was, wenn sie ihn nicht wollte? Dieser Gedanke versetzte mir einen Stich und es ärgerte mich, dass ein solch belangloser Gedanke mich dazu brachte verletzlich zu sein. ich besitze Charme, sie wird mich nicht ablehnen. Das kann sie gar nicht. Sie ist nur ein Mensch. Kein Mensch kann sich seinem Charme entziehen. Besonders nicht, wenn ich es darauf anlege. Ich schmunzelte. Dieses Menschenmädchen gehört mir, lachte ich in mich hinein und schloss meine Augen. Ab morgen gehört sie mir. 

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