Eins, zwei, drei, vier. Nele zählte die Galoppsprünge zwischen dem Oxer und dem Steilsprung, welche ihr Vater aufgebaut hatte und spürte, wie der Hengst sich vom Boden abstoß und über das Hindernis flog. Sie klopfte ihm den Hals.
"Ich glaube es ist langsam Zeit ihn auf Turnieren vorzustellen." Nele sah ihren Vater überrascht an. "Er ist noch nicht einmal eine Woche hier. Bist du dir da sicher?" Sie wusste, dass Talent in dem Rappen schlummerte, doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie so früh mit ihm Turniere reiten sollte. "Er kann das und er muss gefördert werden. In einem Monat ist ein kleines Turnier in Augsburg für Anfänger, die ein wenig Turnierluft schnuppern wollen. Ich denke das ist zu Anfang das Beste für ihn um ihn daran zu gewöhnen und ihn nicht gleich überzustrapazieren. Was meinst du?" Nele überlegte. Sie war sich sicher, dass sie als Team alles schaffen konnten, wenn sie wollten, genauso, wie sie es Felix zwei tage vorher gesagt hatte, doch Augsburg ist nicht gerade ein Katzensprung und Nele wusste nicht, wie sich Diablo in fremder Umgebung verhalten würde, doch wenn sie es nicht versuchte, würde sie es auch niemals herausfinden, also nickte sie.
"Ich denke das sollte wir machen." Sie lächelte und klopfte dem Hengst den Hals. "Hörst du. Wir werden zu einem Turnier fahren." Diablo schnaubte, als hätte er sie verstanden und würde sich freuen sein Können endlich einmal unter Beweis stellen zu können. Nele wusste, dass Diablo das Zeug zum Champion hatte, doch sie wusste auch, dass sie ihn nicht überschätzen durfte.
Als er hier angekommen war, war er nervös und überhaupt nicht ansprechbar gewesen. Wenn er das nun immer in fremder Umgebung tun würde, dann hätten sie keine Chance. Hoffentlich sieht das auf einem Turnier anders aus. Er würde sich daran gewöhnen müssen, wenn sie von nun an öfter auf Turniere fahren würden.
Sie trabte Diablo auf dem Zirkel, ehe sie noch einmal auf den Oxer, der einzeln in der Halle stand zu galoppierte. Diablo legte die Ohren aufmerksam nach vorn und sprang mit seiner ganzen Kraft ab.
Das er die Höhe bei dem Turnier nicht meistern würde hatte Nele keine Bedenken. Eher, dass er sie unterschätzen würde. Wenn es ein Anfängerturnier war, dann würde sie maximal bis L gehen können und Diablo war schon bei weitem höher gesprungen als nur 1,20m. Sie hatte eher die Bedenken, dass er die Sprünge unterschätzen würde, doch sie hoffte natürlich auf das Beste.
Der Hengst kam weich auf der anderen Seite des Oxers auf und galoppierte mit geweiteten Nüstern weiter. Nele lenkte ihn sofort mit einer engeren Wendung auf die Kombination aus dem kleineren Oxer und dem Steilsprung zu. Sie spürte, wie der Hengst ein wenig die Geschwindigkeit erhöhte und sah sich im nächsten Augenblick in der Luft.
Eins, zwei, drei, vier. Sie verkürzte die Galoppsprünge des Hengstes, ehe er vor dem Steilsprung in die Höhe ging und leichtfüßig darübersetzte. Auch den Oxer nahm der Hengst mit leichtigkeit und schnaubte überzeugt.
Sie klopfte dem schwitzenden Rappen den Hals und parierte ihn zum Trab durch. Ihr Vater nickte und verließ die Tribüne, während Nele die Zügel aus der Hand kauen ließ und spürte, wie der Rappe sich unter ihr streckte. Sie klopfte ihm noch einmal den schweißbedeckten Hals und parierte dann zum Schritt. Am langen Zügel ritt sie noch ein paar Runden, bis er einigermaßen aufhörte zu schwitzen und zu pumpen.
In der Mitte hielt sie ihn an und sah zur Tribüne. Wie in alten Zeiten hörte sie die Klingel in ihrem Kopf, die ihr den Beginn ihres Laufes signalisierte. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie sie mit Diablo durch den Parcours reiten würde um am Ende mit der Schleife des ersten Platzes an der Trense ihres Pferdes die Halle zu verlassen. Sie lächelte. Das war ein wundervoller Gedanke und es gab eine Möglichkeit, dass aus diesem Gedanken bald die Realität werden würde.
"Woran denkst du gerade?" Nele zuckte zusammen, öffnete die Augen und sah einen brünetten Jungen, den sie vorher noch nie gesehen hat auf der Tribüne stehen.Nele starrte den Jungen an. Er war ihr vollkommen unbekannt, da war sie sich sicher. Und sie kannte jeden der Reitschüler, zumindest vom Sehen her.
Doch der brünette Junge, der sie jetzt lächelnd ansah und offensichtlich auf eine Antwort ihrerseits wartete, war ihr vollkommen fremd. "Ähm nichts." Sie schüttelte den Kopf. Wieso interessierte er sich überhaupt für sie, obwohl sie sich nicht kannten?
Er lachte leise. "Für mich sah das aber aus, als wärst du gerade in tollen Gedanken gewesen. Du bist Nele richtig?" Perplex nickte sie. Diablo unter ihr hatte den Kopf zum Boden gestreckt und stand entspannt da.
"Und wer bist du?" Brachte sie dann endlich raus, nachdem sie ihn, ihr endlos scheinende Minuten, angestarrt hatte. "Ich bin Patrick." Der Junge lächelte. "Ich hoffe ich habe dich nicht gestört?" Patrick deutete mit einem Nicken auf Diablo. Nele schüttelte den Kopf. "Nein. Ich war sowieso gerade fertig." Sie schwang ihr Bein über den Sattel, schlug die Steigbügel über und führte Diablo aus der Halle. Währenddessen versuchte sie sich an den Jungen zu erinnern, doch weder das Gesicht, noch der Name löste in ihrem Kopf eine Assoziation aus.
Am Tor kam Patrick gerade die Treppe, die zur Tribüne führte runter. "Was machst du eigentlich hier?" Nele stellte die eine Frage, die ihr schon seit seit sie den Jungen gesehen hatte auf der Zunge brannte. Ihr Vater würde nicht jeden dahergelaufenen Jungen auf ihrem Hof herumlaufen lassen und das wusste sie. Doch sie wusste auch, dass Patrick sie kannte und deshalb kein dahergelaufener Junge sein konnte. "Ich wollte schauen ob noch alles beim Alten ist." Nele sah ihn verwirrt an und zog die Augenbrauen nach oben.. Alles beim alten? Dann musste er hier schonmal gewesen sein. Patrick schien ihre Verwirrung wahrzunehmen und fuhr fort: "Ich war die letzten zwei Wochen nicht in der Stadt. Ich habe meine Großeltern besucht und bin jetzt wieder da. Du hast mich scheinbar nie gesehen, weil du nicht in den Stall gekommen bist." Nele nickte. Ihr fiel wieder ein, dass ihr Vater nach Nutmegs Tod einen Stallburschen eingestellt hatte, der ihn bei der Arbeit unterstützen sollte, da Nele sich geweigert hatte den Stall zu betreten.
Patrick lächelte sie freundlich an, während sie Diablo am Putzplatz anband. "Kann ich dir helfen?" Sie schüttelte den Kopf. "Danke aber gerade nicht." Sie zog den Springsattel von Diabolos Rücken und legte ihn über das Geländer um den Hengst danach in seine Box zu führen. Als sie die Box verließ sah sie, dass Patrick ihr mit dem Sattel auf den Armen gefolgt war.
Belustigt schüttelte sie den Kopf. "Ich hab doch gesagt ich brauche keine Hilfe." Der braunhaarige junge Mann grinste nur. "Wo muss der hin?" Nele gab ihm ein Zeichen, dass er ihr folgen sollte und deutete dann auf Diablos Sattelschrank. "Du bist also der Stallbursche, den mein Vater eingestellt hat?" Nele stellte die Frage nur, damit sie sich absolut sicher sein konnte und das grinsen Patricks sah sie als Bestätigung. "Bingo." Sein fröhlicher Ausdruck wich einem traurigen. "Jetzt wo du ja scheinbar wieder Freude an Pferden gefunden hast werde ich aber nicht mehr lang hier sein." Patrick sah niedergeschlagen auf seine Füße und Nele fühlte sich ein wenig schuldig. Sie schüttelte dem Kopf. "Das glaube ich nicht. Ich kenne meinen Vater. Der wird dich hier nicht einfach raus werfen. Nicht solange ich da noch mitreden kann." Patrick hob den Kopf und lächelte sie an. "Ich will aber keinen Stress haben ok?" Nele nickte. "Kein Problem."_________________________________________
Jaaaaa. Ich habe es endlich mal wieder geschafft einen teil zu veröffentlichen. Hat etwas lang gedauert ich weiß, aber ich werde versuchen wieder regelmäßiger etwas zu veröffentlichen. Mal schauen, wie gut das klappt. Ich kann nicht versprechen, da ich nebenbei noch ne ganze Meng Schulzeug machen muss.
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Jump for ME
Teen FictionNachdem Neles langjähriger Freund und Begleiter, ihr Isländer Nutmeg, gestorben ist, hatte sie sich geweigert wieder den Stall zu betreten. Doch die Sehnsucht nach Pferden und der Turnierluft hatte sie letztendlich dazu gebracht wieder mit dem reite...