Irgendwann schlug Nele ihre Augen auf. Die Sonne war schon lägst aufgegangen und ihr Wecker zeigte neun Uhr. Gähnen schlurfte sie ins Wohnzimmer, wo ihr Eltern schon ohne sie gefrühstückt hatten. Sie hatte sich mittlerweile daran gewöhnt am Wochenende allein zu essen, denn ihre Eltern waren totale Frühaufsteher. Das Mädchen ging in die Küche um sich ihre Frühstücksbrötchen zu schmieren. Währenddessen betrat ihr Vater das Wohnzimmer. "Guten Morgen." Murmelte sie und stellte ihren Teller auf den Tisch. "Guten Morgen." Ihr Vater setzte sich ebenfalls an den Tisch, nahm sich die Zeitung und löste sein Rätsel. "Was hast du heute vor?" Ihr Vater sah sie nicht an. Nele dachte nach und zuckte dann die Schultern. "Weiß nicht. Vielleicht ausreiten.Vielleicht mache ich auch ein paar Dressurübungen mit Diablo. Oder ich mach was mit Ma Belle. Felix hat heute keine Zeit. Mal schauen." Sie biss von ihrem Brötchen ab und dachte nach, was sie machen könnte. Vielleicht hätte sie auch Zeit für alles. Erst eine Stunde Dressur mit Diablo, dann einen gemütlichen Ausritt und dann noch Training mit Ma Belle. Da sie sowieso nichts vorhatte würde das alles super in ihren Zeitplan passen. "Wenn du ausreiten gehst, nimmst du dann bitte Patrick und Amadeus mit?" Nele sah auf. Patrick hatte sie hellhörig gemacht "Wieso?" Ihr Vater sah von seinem Rätsel auf. "Nun. Patrick wollte schon seit einer Weile ausreiten, aber ich hatte keine Zeit ihm die Wege zu zeigen, wo Pferde erlaubt sind. Und du hast ja scheinbar gerade Zeit. Dann kannst du Patrick auch gleich mitnehmen. Da könnt ihr eine größere Runde machen." Nele dachte nach. Es passte in ihren Zeitplan und sie würde wieder Zeit mit Patrick verbringen können. "Klar." Sie lächelte und biss hastig von ihrem Brötchen ab. "Iss langsam. Der Ausritt rennt nicht weg und ich denke es tut Diablo gut vorher noch einmal zu arbeiten. Dann ist er im Gelände ruhiger." Nele nickte leicht verlegen und kaute langsamer. Dann wurde das scheinbar doch nichts aus dem Training mit Ma Belle, doch der Stute würde es nicht schlecht tun, wenn sie einmal einen Tag frei hatte.
"Kommst du eigentlich in zwei Wochen mit auf mein Turnier?" Nele drehte sich in Diablos Sattel um, damit Patrick, der hinter ihr auf Amadeus saß sie besser verstehen konnte. "Ja ich glaube schon. Dein Vater hatte etwas angedeutet, aber noch nichts genaueres gesagt." Er begann zu grinsen. "Ist das etwa eine Einladung?" Sie spürte, wie ihre Wangen begannen heiß zu werden, doch sie konnte sich nicht vorstellen wieso. "Vielleicht." War deshalb das einzige Wort, was ihren Mund verließ. Mit einem unangenehmen Gefühl drehte sie sich wieder nach vorn, doch sie konnte Patricks Grinsen in ihrem Nacken fast spüren. "Ich komme natürlich sehr gern mit." Sie hörte das Lächeln in seinen Worten und musste selber lächeln. Sie war froh, dass Patrick mitkommen konnte. Zum einen, da sie wusste, dass Felix keine Freistellung bekommen würde, zum anderen, damit sie mehr Zeit mit ihm verbringen konnte.Nach ein paar Minuten drehte sich Nele wieder im Sattel um. "Da vorne kommt dann eine Galoppstrecke. Die geht um die Kurve, als wunder dich nicht, wenn ich plötzlich weg bin." Ein "Ok." von Patrick später drehte sie sich wieder um und gab Diablo die Hilfe zum Trab. Der Hengst richtete die Ohren auf und trabte schnell, aber gleichmäßig vorwärts. Nele gab dem Hengst immer wieder halbe Paraden, damit er beim Galopp nicht kopflos davonstürzte. Wenige Meter später gab sie dem Hengst die Galopphilfe und lehnte sich in den leichten Sitz, um ihn zu entlasten. Sie drehte sich nach hinten und sah Patrick auf Amadeus ebenfalls angaloppieren. Der Wallach, der diese Stecke schon öfter gegangen war, galoppierte entspannt hinter Diablo, der schon gewaltig Gas gegeben hatte, her. Nele drehte sich wieder zurück und konzentrierte sich auf ihren Hengst, der immer schneller wurde. Nele spürte den Wind unter ihrer Kappe um ihre Ohren pfeifen und fühlte sich in diesem Moment so frei, wie schon lange nicht mehr. Nachdem sie den schwarzen Hengst um die vorher besagte Kurve gelenkt hatte, breitete sie ihre Arme aus. Es fühlte sich an, als würde sie fliegen, während der Hengst wie ein schwarzer Schatten scheinbar über den Boden zu fliegen schien. Grinsend griff Nele wieder nach den Zügeln und parierte Diablo zum Trab durch. Mit einem Blick hinter sich sah sie, dass Amadeus auch gerade in einem ruhigen Galopp hinter ihnen her kam. Nele konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Es sah zu lustig aus, wie Patrick auf dem Wallach saß und versuchte ihn noch schneller vorwärts zu treiben, doch Amadeus war ein alter Hase und ließ sich nicht aus der Fassung bekommen. Mittlerweile hatte Nele Diablo schon zum Schritt durch pariert und Patrick trabte den Isländerwallach an die beiden heran. Hinter dieser Galoppstrecke war der Weg etwas breiter, sodass Nele und Patrick mit den beiden Pferden nebeneinander reiten konnten. "Das war jetzt eigentlich auch der interessanteste Teil der Strecke. Es gibt noch eine Galoppstrecke, aber die ist nicht so lang." erklärte Nele ihrem Begleiter, welcher gerade dem Cremellowallach den Hals klopfte. "Man muss ja auch nicht immer nur galoppieren." erwiderte Patrick und lächelte Nele an. Diese lächelte zurück und wurde dabei ein bisschen rot. "Stimmt. Aber es gibt ja Leute, die nur galoppieren wollen." Nele konnte sich noch gut an eine Einstellerin erinnern, mit der sie einmal ausreiten gewesen war. Soweit Nele sich erinnern konnte, war dies der wohl anstregendste Ausritt,den sie je erlebt hatte. Diese Einstellerin hatte alle zehn Sekunden gefragt, wann sie denn endlich galoppieren konnten. Damals war sie noch mit Nutmeg unterwegs gewesen, der jede Galoppstrecke in und auswendig kannte, jedoch hatte er sich an diesem Tag so gut zurückhalten lassen, sodass Nele dem Mädchen nur eine einzige Galoppstrecke gezeigt hatte, obwohl es auf diesem Weg drei Stück gegeben hätte.
Während sie in ihren Erinnerungen gewesen war, hatte Patrick ihr schon nickend zugestimmt."Das war ein sehr schöner Ausritt. Das können wie gerne bei Gelegenheit wiederholen." Nele sah Patrick in die Augen, während sie Diablo am langen Zügel die Einfahrt zum Stall trieb. Der Hengst hatte geschwitzt und streckte nun zufrieden seinen Hals nach unten. "Klar." Patricks Mundwinkel wurden von seinen Grübchen umspielt und prompt wurde Nele wieder rot. Verlegen drehte sie ihren Kopf zur Seite. Was ist los mit dir? fragte sie sich. Sie war es nicht gewohnt wegen einem Jungen verlegen zu werden und sie wollte das auch eigentlich nicht, denn ein Freund würde ihrer Karriere im Weg stehen. Aus diesem Grund war Nele froh, dass sich ihre Wege in den Ställen trennten, den Amadeus stand am anderen Ende des Stalls, sodass sie erstmal nicht mit Patrick reden musste.
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Jump for ME
Teen FictionNachdem Neles langjähriger Freund und Begleiter, ihr Isländer Nutmeg, gestorben ist, hatte sie sich geweigert wieder den Stall zu betreten. Doch die Sehnsucht nach Pferden und der Turnierluft hatte sie letztendlich dazu gebracht wieder mit dem reite...