"Du musst die Beine mehr ran nehmen." Nele stand an der Seite des großen Springplatzes und hörte ihrem Vater zu, der ihrem besten Freund Felix gerade Reitunterricht gab. Seit Diablo vor drei Tagen angekommen war, war Felix das erste mal hier. Den Hengst hatte er noch nicht gesehen. "Und die Fersen runter!" Sie sah, dass Felix eine gewaltige Herausforderung in ihrem Schulpony Ma Belle gefunden hatte. Nele war es damals gewesen, die sie trainiert hatte und sie fand, dass die Stute sich sehr gut reiten ließ, jedoch wusste sie, dass Felix noch nicht so lang ritt wie sie und deshalb noch Schwierigkeiten vor allem im Umgang mit temperamentvolleren Pferden hatte.
Und Ma Belle war temperamentvoll, da führte kein Weg dran vorbei. "Jetzt trab noch einmal über die Stange."
Nele lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihren Kumpel und sah ihm zu, wie er Ma Belle auf die Stange an der langen Seite zu lenkte. Die Stute stellte die Ohren auf und musterte die Stange. Nele konnte sich vorstellen, was Pferd und Reiter in diesem Moment dachten. Ma Belle überlegte, wie sie ihren Reiter austricksen konnte und Felix hoffte, dass sie nicht wieder ausbrechen würde.
"Mach das innere Bein ran und drück sie nach außen." Rief Nele ihm zu. Felix nickte und versuchte ihre Worte in die Tat umzusetzen und diesmal gelang es ihm, dass Ma Belle über das Hindernis trabte. "Super." Rief ihr Vater, als Felix der Stute lobend den Hals klopfte. "Nele kannst du bitte noch eine Stange an die andere Seite legen?" Sie nickte und tauchte unter dem Zaun durch um sich eine Stange von der Seite zu holen und sie an die entgegengesetzte Seite der anderen Stange hin zu legen.
"Jetzt trabst du sie erst über die Stange," ihr Vater zeigte auf die Stange, die schon vorher da gelegen hatte. "Dann musst du aufpassen, dass sie nicht nach innen zieht und trabst sie dann dort über die Stange." Nun zeigte er auf die Stange, die Nele eben hingelegt hatte. Felix nickte.
Das hatte er mit Amadeus, dem freundlichen Wallach, der immer das tat, was der Reiter wollte auch schon geschafft. Nele stellte sich wieder hinter die Begrenzung und sah ihm zu. "Und denk dran. Beine ran und halbe Paraden." Felix richtete seinen Blick auf das Hindernis und trabte Ma Belle darauf zu. Man sah ihm an, dass er angestrengt und konzentriert war und Nele lächelte. Früher hatte Felix sich nicht im geringsten um Pferde geschert, doch als er einmal mit ihr auf dem Hof gewesen war, war er Feuer und Flamme für diese anmutigen Tiere.
Das war jetzt ein halben Jahr her. Damals hatte sie noch Nutmeg gehabt und war mit ihm und Felix mit Amadeus in der Abteilung auf dem Platz geritten. Felix war immer erstaunt gewesen, wie einfach ihr das reiten zu fallen schien, doch er wusste, welche Anstrengung dahinter steckte. Er selber hatte sich auch einmal auf Nutmeg setzen dürfen. Zu erst hatte er protestiert, da Nutmeg ja Neles Pferd war, doch schließlich konnte sie ihn doch noch dazu überreden und Felix hatte einige Anstrengung den Hengst schon im Schritt auf einer Linie zu behalten, geschweige denn Hufschlagfiguren mit ihm zu reiten. Schritt hatte ihm damals auch gereicht. Er hatte gemeint, dass er lieber Nele dabei zusah, wie sie ihn ritt.
Sie lächelte ein wenig bei dem Gedanken daran, wie versteift er auf Nutmeg gesessen hatte und wie brav der Hengst am Ende eigentlich gewesen war, obwohl sein Reiter es ihm nicht gerade einfach gemacht hatte.
"Schön. Und jetzt die andere Stange." Die Stimme ihres Vaters holte sie aus ihren Tagträumereien und brachte sie wieder dahin zurück, wo Felix und Ma Belle gerade die erste Stange überwunden hatten. Die Stute drehte ihr Ohr zu der Stange und machte Anstalten nach innen auszubrechen. "Mach das innere Bein dran." Rief Nele ihrem Kumpel zu, welcher seinen Blick ebenfalls auf das noch etwas entfernte Hindernis gelegt hatte.
Jedoch schaltete Felix schnell und drückte Ma Belle nach außen. Sanft trabte die Stute über die Stange und wurde daraufhin von Felix mit einem Lob belohnt. Auch ihr Vater lobte die beiden.
"Du kannst dann die Zügel aus der Hand kauen lassen und dann durchparieren. Nele räumst du bitte die Stangen weg?" Das Mädchen nickte und tauchte unter dem Zaun hindurch, während Felix die Zügel länger ließ und Ma Belle den Hals streckte.
"Wenn du fertig bist kannst du Diablo satteln. Ich möchte dich heute mit ihm springen sehen." Nele nickte. Den vorherigen Tag war sie ihn spät Abends, nach der Schule dressurmäßig geritten. Er hatte sich super gemacht und Nele war stolz, dass er sich so schnell so gut eingelebt hatte. Jedoch hatte sie da nur eine Stange benutzt, um ihn ein bisschen zu konzentrieren. Sie wollte den Hengst nicht gleich zu sehr belasten, aber wenn ihr Vater meinte, dass sie das machen konnten, dann war ihr das Recht. Ihr Vater würde sicherlich wissen, was er tat.
"War das gut heute?" Nele sah zu Felix, der Ma Belle inzwischen durchpariert hatte und sie am langen Zügel auf der äußeren Bahn ritt. "Ja. Das war sogar sehr gut." Sie lächelte. Dafür, dass er noch nicht lang ritt, hatte er schnell gelernt.
"Darf ich dir dann beim reiten zusehen? Du wolltest mir Diabolo eh noch zeigen." Nele lächelte ihn an. "Klar kannst du mir zuschauen. Leider reite ich aber Diablo und nicht Diabolo." Sie grinste ihrem Kumpel zu, der mit den Augen rollte. "Ich gehe ihn schonmal fertig machen. Reite noch drei vier Runden Schritt, dann kannst du absteigen."
Nele verließ den Springplatz und ging in den Hengste und Wallache Stall um Diablo zu holen und zu putzen. "Heute werden wir das erste mal richtig springen, seit du hier bist." Murmelte sie. Der Hengst drehte den Kopf zu ihr und stuppste sie an, als wolle er sagen, 'Das schaffen wir.' Sie lachte leise und strich über seine weiche Nase.Der Hengst trabte schwungvoll, mit gebogenem Hals über die Trabstangen, die ihr Vater an der langen Seite für sie hingelegt hatte. Am Anfang der Stunde hatte Diablo seine Ohren überall, nur nicht bei Nele gehabt. Das hatte sich jedoch mach nur weniger Zeit gelegt und er hatte sich, zu Neles Erstaunen, relativ schnell gelöst.
Nun lobte sie den Rappen, der anmutig seine Beine gehoben hatte um über die Stangen zu traben. Dabei hatte er keine der vier Stangen berührt.
Nele wagte einen kurzen Seitenblick zu Felix, der an der Bande der Halle lehnte und ihr mit großem Interesse zu sah.
Vor etwa einer Stunde, als er fertig gewesen war mit Ma Belle, war er zu ihr zum Putzplatz gekommen um ihr bei Diablo zu helfen. Da sie mit putzen und Hufe auskratzen schon fertig gewesen war, konnte Felix nur noch Diablos Ausrüstung holen.
Zur Zeit benutzten sie noch einen etwas älteren Sattel, der dem Hengst zwar passte, der aber, in Neles Ansichten und denen ihres Vater, nicht so saß, wie er sitzen sollte. Der Sattler jedoch, hatte erst am nächsten Tag wieder Kapazitäten frei, weshalb sich Nele und Diablo noch gedulden mussten, ehe das Gespann einen neuen Sattel bekam.
Felix bekam mit, dass sie zum ihm blickte und hielt beide Daumen hoch. Er war begeistert von dem Hengst und Nele konnte ihm das nicht verübeln. Für sein Alter und die Tatsache, dass er Hengst ist, war er freundlich, wie ein Esel, wenn man wusste, wie man mit ihm umgehen musste. An dem einen Tag, an dem sie ihn ausgiebig geritten war, hatte Nele ein paar Macken des Hengstes schon herausgefunden. Sie wusste, dass er es einem nicht eine Sekunde durchgehen lies, wenn man einen Zügel auch nur ansatzweise durchhängen lässt.
Doch genau das war jetzt bei Nele der Fall. Der innere Zügel war ihr ein kleines Stück aus der Hand gerutscht und hatte dem Hengst die Freiheit gegeben nach innen zu laufen. Der Hengst stellte die Ohren auf und tänzelte zur Seite.
Nele nahm schnell den Zügel wieder auf und drückte ihn nach außen. "Nele pass auf. Du musst dich auf Diablo konzentrieren. Du darfst dich nicht ablenken lassen." Neles Vater sah sie aus der Mitte der Halle finster an. Er wusste, was passieren konnte, wenn man sich nicht auf das Pferd konzentrierte und Nele wusste es auch. Entschuldigend nickte sie. "Ich pass besser auf."
Sie nahm die Zügel an und wendete Diablo auf den Zirkel. Dafür, dass er so schön gelöst war, ging er trotzdem wie ein Brett um die Kurve. Mit dem inneren Schenkel drückte das Mädchen den Rappen nach außen und nahm den inneren Zügel ein bisschen an ohne mit den halben Paraden auf der äußeren Seite aufzuhören. Sie verkleinerte den Zirkel und je mehr sie rein ritt, desto mehr bog sich der Hengst. Beim Zirkel vergrößern behielt er die Biegung bei.
Nele lobte ihn und ritt wieder ganze Bahn, ein zweites Mal auf die Stangen zu. Vor den Stangen saß sie aus und spürte, wie der Hengst leichtfüßig und federnd über die Stangen trabte. Das Mädchen klopfte ihm den Hals und saß nun weiter aus. Auf der kurzen Seite verlängerte sie seine Schritte und sah aus dem Augenwinkel, wie ihr Vater die Stangen beiseite schob. Jetzt lagen noch zwei Stangen mit einem größeren Abstand an der Bande. Sie verkürzte die Schrittte des Hengstes wieder und ritt eine Volte im aussitzen. Auf der langen Seite wechselte sie durch die ganze Bahn und sah dann zu ihrem Vater, welcher sich von den Stangen entfernte und ihr zu nickte.
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Jump for ME
Teen FictionNachdem Neles langjähriger Freund und Begleiter, ihr Isländer Nutmeg, gestorben ist, hatte sie sich geweigert wieder den Stall zu betreten. Doch die Sehnsucht nach Pferden und der Turnierluft hatte sie letztendlich dazu gebracht wieder mit dem reite...