Ein Mädchen ohne Vergangenheit. Ein Junge mit einem Geheimnis. Ein gemeinsames Schicksal.
Als Vollwaise hatte die 19-jährige Eve das große Glück ein Stipendium fürs College zu ergattern. Die junge Studentin hat große Ziele, die sie mit viel Fleiß un...
Im Wohnheim war es bereits still in den Fluren, als Eve die alte Tür zu ihrem Zimmer aufschloss. Erleichtert endlich völlig für sich alleine zu sein warf sie sich aufs Bett, vergrub ihr Gesicht im Kissen und konnte ihren Gefühlen hemmungslos freien Lauf lassen. Sie wollte nicht an früher denken. Dieser Gedanke, die grausame Unwissenheit, quälten sie schon so lange und nun, als sie lernte damit umzugehen und ein Leben zu früher wie alle anderen auch, drohte es sie erneut niederzuschmettern. Plötzlich klopfte es an der Tür. Eve schreckte hoch. Sie hatte Rosaline so angetrunken wie sie war auf der Party zurückgelassen. Von Sorge getrieben riss sie die Tür auf. Doch es war nicht Rosaline, die vor ihr im dunklen Flur stand. Es war Zayn. Kurz spielte sie mit dem Gedanken ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen aber sie war zu perplex um es wirklich zu tun.
"Was willst du hier?", schnupfte Eve.
Sie bemühte sich nicht zu weinerlich zu klingen. Sie wollte ihm selbstbewusst gegenüber treten, auch wenn sie sehr wohl wusste, dass ihre Augen angeschwollen und ihre Nase vom Weinen rot war.
"Es tut mir leid."
Nervös spielte er mit den Zähnen an seinem Lippenpiercing. Er schloss für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete waren sie sanft und warm.
"Es tut mir wirklich leid. Ich wollte dich nicht verletzen. Es ist nur..." Er trat einen Schritt näher, nun trennten sie nur noch wenige Zentimeter, "Du hast mich so sehr an jemanden erinnert."
Eve spürte die Wärme seines Körpers, seinen heißen Atem auf ihrer Haut. Plötzlich schien alles an diesem Mann unwiderstehlich auf sie zu wirken. Seine dunklen Augen, seine samtige Stimme und sein atemberaubend guter Geruch versetzten sie in einen schwindelerregenden Rausch.
"Was ist mit ihr passiert?", hauchte sie kaum hörbar.
"Das ist ewig her und eine lange Geschichte", antwortete er ebenso leise.
"Ich habe Zeit", flüsterte Eve.
"Um es abzukürzen, sie hat mich vergessen", er sieht ihr direkt in die Augen, "Aber ich bin nicht gekommen um über mich zu reden. Ich wollte schauen, ob es dir gut geht."
"Ja, ich bin okay. Wo ist Rosaline?"
"Auf der Party. Mercury ist bei ihr. Keine Angst, er ist ein Gentleman der alten Schule. Er bringt sie dann auch nach Hause."
Erleichtert, dass es ihrer Freundin gut geht, lächelte sie Zayn an.
"Es ist noch nicht so spät. Möchtest du vielleicht noch spazieren gehen?"
Sein Vorschlag überrascht sie. Im Gegensatz zu seinem barschen Auftreten auf der Party, wirkt er jetzt gerade sogar handzahm. Es war ihr zwar unangenehm wie sie ihm in diesem Moment gegenüberstand, so verweint, dass von ihrem Make up nichts mehr übrig war, aber sie wollte sein Angebot auf keinen Fall ablehnen. Denn da war sie wieder, dieses magnetische Anziehung. Sie konnte nicht ablehnen.
"Gerne", stimmte sie schließlich zu, wischte noch einmal mit dem Handrücken über ihr Gesicht und griff ihre Tasche.
Der frische Wind wehte durch ihre Haare, als sie gemeinsam mit Zayn durch die schlecht beleuchteten Seitenstraßen lief, und obwohl sie die meiste Zeit schwiegen, fühlte Eve sich in seiner Gegenwart wohl. Seine Nähe war merkwürdig vertraut. Das gab ihr ein Gefühl der Sicherheit.
"Du hast vorhin auf meine Frage mit 'ich weiß nicht' geantwortet. Wie hast du das gemeint?"
Eves Magen zog sich schmerzhaft zusammen.
"Ich war einfach durch den Wind."
Schon während sie die Worte aussprach, war beiden klar, dass es nicht die Wahrheit war.
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