Kapitel 35

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Ach! Geliebte Evelina, warum bist du noch so schön? Darum will ich immer bei dir bleiben. Von diesem Augenblick will ich diese düstern Nacht nimmermehr verlassen. Hier werde ich bleiben. Hier will ich meine immerwährende Ruhe finden.”
Noch ein letztes Mal betrachtete er ihr Gesicht, küsste sanft ihre Lippen, dann trank er das Gift.
Zu sehen, wie Zayn stirbt, war geradezu unerträglich für Eve. Die Gefühle, die dieses Szenario in ihr aufkommen ließ, unbeschreiblich.

 “Paris, weißt du wie schmerzhaft es ist jemanden zu verlieren, der dir alles bedeutet?”, fragte sie unter Tränen, “Jetzt stell’ dir vor, du müsstest diese Quälen immer wieder aufs Neue durchstehen. Das wünsche ich niemandem. Du bist nicht mein Feind und du hast die Chance, dich selbst zu retten.”

Sie sprach so einfühlsam sie konnte. Paris hörte schweigend zu.
Kurz glaubte Eve etwas in ihm bewegt zu haben, doch dann schlug die Atmosphäre wieder um. Paris Ausdruck wurde hart und in Eve schwand die Hoffnung.

 “Sei endlich still und gib mir dein Handy.”

Widerwillig deutete sie mit einem Nicken auf ihre Jeans. Fast schon brutal zog Paris sie nach vorne um ihr das Handy aus der Hosentasche zu zerren. Dann wählte er Zayns Nummer.

Zayn tigerte um den Wagen. Eve brauchte nun schon recht lange um ihren Seesack zu holen. Genervt fuhr er sich durchs Haar, während er darüber nachdachte zu einer Zigarette zu greifen. Eve möchte den Geruch von Rauch nicht sonderlich, daher bemühte er sich selbst im Stress nicht zu rauchen. Nun aber waren die Zigaretten in seinem Rucksack doch verführerisch. Also nahm er eine aus der Schachtel, zündete sie an und lehnte sich gegen die Motorhaube.
War Evelina überhaupt bereit mit ihm zu gehen?
Schnell schob er den Gedanken beiseite. Gerade als er nachschauen wollte, wo Eve so lange blieb, klingelte sein Telefon.

 “Hast du deine Sachen wieder bekommen?”

 “Noch nicht ganz”, ertönte eine dunkle Männerstimme, die Zayn das Blut gefrieren ließ.

 “Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst", presste Zayn durch zusammengebissenen Zähnen hervor.

 “Dann solltest du sie besser finden, bevor es die Wächter tun, die ich gleich rufe.”

 “Du verdammtes ...”, knurrte Zayn bedrohlich, würde aber von Paris unterbrochen.

 “Ja, verdammt, wie wir alle, Dank dir. Jetzt solltest du besser keine Zeit verlieren”, hörte er Paris, dann war die Leitung tot.

Außer sich vor Wut zerschmetterte Zayn sein Telefon auf dem Bordstein. In seinen Ohren rauschte es und die Ader an seiner Schläfe pochte. Wie hatte es dieser Mistkerl ein zweites mal geschafft sie zu finden?
Er musste Hilfe gehabt haben. Ungestüm riss er den Kofferraum auf, froh darüber das große Messer doch für den Notfall darin verstaut zu haben. Nachdem er es sich hinten in seinen Gürtel geklemmt hatte, stürzte er zur Rezeption. Er musste sie finden, koste es was es wolle.

Nachdem er in Erfahrung bringen konnte, dass Eve nach oben zu ihrem Zimmer gegangen war, nahm auch Zayn den Fahrstuhl in den sechsten Stock. So schnell er konnte rannte er den Gang entlang. Zayn wollte ins Zimmer stürzen, als er bemerkte, dass die Tür nur angelehnt war. Da gingen bei im alle Alarmglocken an.
Es war eine Falle.
Natürlich waren sie nicht hier. Schwer atmend lebte er sich gegen die Wand, kaum in der Lage klar zu denken. Doch dann erregte die aschblonde Frau am Ende des Flurs seine Aufmerksamkeit. Sie wirkte unsicher, geradezu angespannt. Mit wenigen Sätzen stand Zayn vor ihr und griff ihren Arm.

 “Wo ist sie?”, flüsterte er eindringlich und bedrohlich.

Die Lippen der jungen Frau begannen zu zittern.

  “Ich flehe dich an Paris, lass mich gehen” bettelte Eve, “Du wirst uns nie wieder sehen und kannst deine eigenen Träume erfüllen. Es muss nicht für immer so sein. DU musst nicht für immer so sein.”

Als Paris sichtlich nervös auf den Boden starrte, sprach sie weiter.

 “Ich habe hier in Vegas jemanden kennengelernt, eine Wissende, sie kann dir helfen. Du kannst den Fluch selbst von dir nehmen und ein normales Leben führen. Zayn und ich, wir helfen dir. Bitte sei vernünftig! Du reißt so auch dich selbst ins Verderben.”

Kurz schaute er auf. In seinen Augen flackerte etwas auf. Vielleicht war es Erstaunen, vielleicht neuer Mut. Eve könnte es nicht einschätzen.

 “Halt endlich den Mund mit diesem Mist!”, fuhr er sie an.

Er klang weniger schroff als zuvor, so dass es Eve nicht einschüchterte.

 “Woher hast du gewusst, dass ich nochmal ins Hotel komme?", fragte sie fordernd.

Paris’ Haltung streckte sich, würde stolzer.

 “Sagen wir, ich hatte einen Verbündeten. Euch ist ja nicht mal die nette Assistentin bei eurer Trauung  aufgefallen. Selbst schuld”, berichtete er arrogant, “Und die liebe Kathrin vom Raumservice könnte deinen Seesack ungestört aus dem Zimmer holen, während du im Bad warst.”

Plötzlich verstummte er, sprang auf und riss Eve mit sich. Fast zeitgleich flog die Ladetür vom Sprinter auf. Zayn stand wie ein Todesengel mit dem Messer in der Hand vor dem Wagen, sein Brust hob und senkte sich schnell, sein Kiefer mahlte. Doch der Anblick, der sich ihm auftat zwang ihn fast in die Knie.
Paris hielt Eves Hals umklammert, zwang sie so als Schutzschild zu fungieren. Er wusste, dass Zayn nicht auf ihn stürzen würde, solange sie zwischen ihnen stand. Provokant musterte Paris sein Gegenüber, während auch er ein Messer zog und es Eve an die Wange drückte.

 “Ich warne dich”, keuchte Zayn, “Nur ein Kratzer und ...”

 “Du kommst genau rechtzeitig. Gleich wirst du sterben”, höhnte Paris.

Zayn biss sich auf die Lippe. Das Messer in seiner Hand bebte.

 “Zayn, bitte geh! Die Wächter kommen”, schluchzte Eve, aber Zayn schüttelte den Kopf.

 “Niemals!”

 “Bitte”, schluchzte Eve erneut, “Geh! Was wäre ich ohne dich? Bitte! Ich könnte es nicht ertragen, wenn dir etwas passiert.”

 “Ich bin hier”, richtete Zayn sich an Paris, “Lass sie gehen und ich bleibe. Du willst sie doch gar nicht.”

 “Nein!”, schrie Eve unter Tränen, “Geh! Ich würde es nicht aushalten. Bitte tue das nicht. Du musst! Das was wir haben ist unsterblich!”

Paris war sichtlich überrascht von Zayns Angebot. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Zayn so einfach kampflos aufgeben würde.

 “Paris, ich weiß, dass dir niemand die Narben nehmen kann, den dein Schmerz hinterlassen hat”, sprach Eve mit brechender Stimme, “Aber vergib uns. Nicht, weil wir es verdienen, sondern weil du deinen Frieden verdient hast.”

So ruhig sie nur könnte redete sie auf Paris ein. Kurz erstarrte er, wirkte nachdenklich. In diesem Augenblick riss Eve sich los. Die Klinge des Messers streifte ihre Wange und hinterließ eine blutige Spur in ihrem Gesicht.  
Zayn durchschnitt ihren Fesseln. Dann flohen sie Hand in Hand durch Innenhof des Hotels.

Curse of TimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt