Kapitel 11

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Sie zitterte am ganzen Körper, als sie erwachte. Ihr Kopf schmerzte, drohte beinahe zu zerplatzen und ihr Magen fühlte sie flau und verkrampft an. Die Helligkeit, die durch die Schlitze der Jalousienen ins Zimmer drang, brannte in ihren Augen.
Langsam setzte sich Eve auf, strich verwirrt ihre Haarsträhnen aus der Stirn und schaute sich um. Es dauerte einen Moment bis sie die Orientierung fand. Dann erst erkannte sie, dass sie nicht in ihrem Zimmer im Wohnheim des Campus war. Sie lag in einem großen Bett, eingerollt in eine dicke Daunendecke mit dunkelblauem Satinbezug. An der kahlen Backsteinwand ihr gegenüber stand neben der Kommode, auf der ein kleinerer Flachbildfernseher seinen Platz fand, ein überfülltes Bücherregal aus unbehandeltem Holz. Im braunen Selles neben dem Bett saß Zayn. Seine zerzausten Haare hingen ihm weit ins Gedicht und er trug noch die selben Klamotten wie gestern auf der Party im Verbindungshaus. Sein Kopf ruhte schwer auf seinem Arm. Schlafend sah er so viel jünger aus. Seine Züge waren komplett entspannt und ungewohnt friedlich.

Als Eve ihn so beobachtete, sah wie sich sein Brustkorb sanft rhythmisch hob und wieder senkte, wuchs in ihr plötzlich ein unsägliches Verlangen, bei ihm zu sein, der Wunsch ihm einfach nur ganz nahe zu sein.
Vorsichtig schlug sie die Decke zurück und rutschte an die Bettkante, so dass ihre nackten Füße das Laminat berührten. Statt ihrer Jeans und ihrem Top trug sie ein langes schwarzes Shirt. Zayn musste es ihr gestern noch gegeben haben. Obwohl sie sich noch leicht benommen fühlte, stand sie langsam auf. Allerdings waren ihre Beine so schwach, dass sie sich nicht halten konnte. Unbeholfen fiel Eve zurück auf die Matratze.

"Geht es dir gut?", hörte sie Zayns tiefe Morgenstimme.

Besorgt beugte er sich zu ihr nach vorne.

"Ich ... ich glaube schon", murmelte sie verlegen, "Ich hatte nur einen schrecklichen Albtraum."

Zayn schloss die Augen und atmete hörbar die Luft ein, so als müsse er um Fassung ringen. Eve wollte etwas sagen, aber stattdessen streckte sie bittend ihre Hände nach ihm aus. Zärtlich ergriff Zayn ihre Finger, stand auf und setzte sich neben sie aufs Bett. Seine Augen forschten in ihren.

"Das war kein Traum", sagte er vorsichtig, "Du wirst dich allmählich an alles erinnern können, und dann wirst du es verstehen. Hab keine Angst davor."

Eves Augen glänzten feucht und ihre Unterlippe bebte. Tausend Emotionen prasselten wie ein Regenschauer auf sie ein.

Zayn, der dies sofort bemerkte, nahm sie zärtlich in den Arm und küsste den Scheitel ihrer zerwühlten Haare.

"Du solltest dich noch etwas ausruhen", sagte er dann, wobei er Eve langsam nach hinten auf das voluminöse Federkissen bettete.

Sie war wirklich noch müde und fühlte sich kraftlos, doch als Zayn leise aus dem Raum schleichen wollte, schnellte sie hastig auf.

"Nein", keuchte sie auf, "bleib hier... bei mir."

Es lag eine ungewollte Dramatik in ihrer Bitte, dass Zayn die Zimmertür wieder schloss und zu Eve aufs Bett stieg. Sanft zog er sie eng an sich und sie legte ihren Kopf auf seine Brust. Das Gefühl war beruhigend. Sie spürte die Wärme seines Körpers, seinen heißen Atem, der ihr in den Nacken blies. Plötzlich schien alles an diesem Mann unwiderstehlich auf sie zu wirken. Sogar mehr als sonst schon. Seine samtige Stimme, seine rauen Finger, die über ihren Rücken strichen und sein atemberaubend guter Geruch versetzten sie in einen schwindelerregenden Rausch. Als Eve zu Zayn aufsah, hatte sie das Gefühl in seinen Augen komplett zu versinken. Sie sah darin eine Verbundenheit, eine Bindung zwischen ihnen, die sie so nie für möglich gehalten hatte. Sie verstand nicht was genau gerade passierte, zumindest verstand sie es noch nicht, aber Eve spürte, dass zwischen ihnen beiden etwas Besonderes war. Dann küsste sie ihn leidenschaftlich.

Curse of TimeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt