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Ich wollte ihn fragen, welchen Brief er meinte, was in dem Brief stand und was es damit auf sich hatte. Immer mehr Fragen sammelten sich in meinem Kopf an, drückten an den Rand meines Schädels und verursachten schreckliche Kopfschmerzen. Doch wie so oft war Kuro einfach gegangen. Der Name Weg passte wirklich deutlich besser zu ihm.

Ich drehte mich um und wollte die Augen schließen, um etwas zu schlafen, als meine Mutter zur Tür herein kam. Sie setzte sich genauso wie Kuro auf die Bettkante und streichelte dann über mein Gesicht.

»Soll ich dir neue Wadenwickel machen?«, fragte sie besorgt.

»Nein, danke. Es geht mir schon besser als die letzten Tage.« Innerlich musste ich lachen. Eigentlich ging es mir gerade so was von beschissen. Doch das könnte ich Mama jetzt schlecht erklären.

»Ich habe nachgedacht.« Sie machte eine kurze, geheimnisvolle Pause. »Du hattest mir letztens von diesem Jungen erzählt, der hier im Haus gewesen sein soll. Vielleicht hattest du das bloß geträumt. Es kommt oft zu Albträumen, wenn man Fieber hat.«

»Du meinst Fieberträume?« Ein kurzes Lachen ertönte aus meinem Hals. »Nein, das kann nicht sein. Ich habe diesen Typen wirklich gesehen. Du musst mir glauben. Er war hier. Mehrmals.«

Meine Mutter seufzte. »Ich meine ja nur. Auszuschließen ist es ja nicht. Papa oder ich haben ihn ja nie zu Gesicht bekommen.« Sie stand auf und ging Richtung Tür. »Ich lass dich jetzt alleine. Vielleicht denkst du mal darüber nach.«

Ich rollte mit den Augen, doch je länger das Gesagte in meinem Kopf hallte, desto wahrscheinlicher kam mir die Vermutung vor.

Als er mich in der Nacht besucht hatte und anschließend gegangen war, hatte ich ihn nicht aus der Tür gehen sehen. Der Zettel, auf dem sein Name stand, war plötzlich leer, als ich ihn meiner Mutter gezeigt hatte. Es war sowieso ungewöhnlich, dass er dauernd so plötzlich in diesem Haus auftauchte, ohne, dass ich ihn kannte und ohne dass meine Eltern ihn geseh-

»Hallo, Schöne.«

Ich schreckte hoch und blickte in zwei dunkle Augen, die nur einer einzigen Person gehören konnten.

»Kuro, was machst du denn schon wieder hier?« Ich hatte ihn nicht mehr erwartet. Das Fieber war so gut wie weg und ich war schon wieder fast fit, was bedeuten würde, dass die Halluzinationen von ihm auch aufhören müssten.

»Der Brief - hast du ihn gelesen?«

»Wann denn? Und welchen Brief meinst du überhaupt? Du hast mir doch gar keinen gegeben.« Viel zu oft war ich in Kuros Gegenwart total verwirrt. Wie jetzt auch.

Er hielt mir einen weißen Umschlag hin, nach dem ich hastig griff. »Das ist doch bloß meine Rechnung«, bemerkte ich, nachdem ich ihn geöffnet hatte.

»Da ist noch ein anderer Zettel drin.«

Was er sagte, stimmte. Neben der Rechnung befand sich ein weiteres Schreiben in dem Umschlag. Gespannt faltete ich das Blatt auseinander und begann zu lesen.

Von Wort zu Wort weiteten sich meine Augen und öffnete sich mein Mund mehr. Ich konnte nicht fassen, wollte nicht wahrhaben, was da geschrieben stand.

PapierherzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt