Der letzte Tag

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Am frühen Nachmittag waren sie fertig mit der praktischen Übung, nach einer Dusche und ausgiebigem Mittagessen gingen sie mit einem Ausbilder noch einmal alle theoretischen Grundlagen und Feinheiten beim Fallschirmspringen durch, welche zu beachten waren.
Danach wurde ihnen der restliche Tag freigestellt, unter einer Bedingung, sie durften nicht an dem Training anderer Gruppen teilnehmen. Sie wurden nach und nach von dem Rest der Kämpfer getrennt und in ihrer Gruppe isoliert, angefangen bei Einzeltraining, Einzelunterricht, bis hin zu Frühstück, Mittag und Abendessen welches sie allein für sich im totenstillen Speisesaal verzehrten.
Wieder gingen sie auf den Schießstand, ein Ausbilder öffnete ihnen die Waffenkammer, jeder durfte sich ein Messer, ein Sturmgewehr und eine Pistole aussuchen. Am Schießstand verbrachte ihre Gruppe den restlichen Tag, übten schießen, nahkampf und mann gegen mann kämpfe.
Am Ende dieses relativ ereignislosen Tages, nach einer Dusche wurde die Gruppe eins nochmals​ in den Speisesaal gerufen, wieder kam der Hauptmann vorbei, setzte sich und begann ihnen weitere Einzelheiten der Militäraufklärung zu erzählen.
Vom Hauptmann erfuhren sie, dass das Headquater der südkoreanischen Heeresleitung in Seoul stationiert wurde und sich momentan das erste und zweite Infanterie Battalion zusammen mit den fünften Pionieren Richtung Grenze bewegen um vor Ort Lazarette und eine Kommandostation einzurichten.
Niemand in hohen Rängen wüsste allerdings ob Atomwaffen zum Einsatz kommen würde oder nicht, die Angst, vor dieser Gewalt mit der niemand kalkulieren konnte weil sie so unglaublich zerstörerisch war, hatte jeden gepackt. Auch der, sonst so unerschütterliche, Hauptmann hatte sichtlich Probleme, die Augenringe hingen ihm schon fast bis zum Kinn, der Bart stand wild und ungepflegt in die Luft.
Fast anderhalb Stunden erklärte er ihnen alles, wie es um die einzelnen Streitkräfte stand, was welcher Plan für jene Situation war und wo genau bestimmte Posten errichtet und gehalten werden sollten.
Danach rief der Hauptmann einen Soldat von vor der Tür herein, dieser trug, zusammen mit einem anderen, fünf Waffenkoffer und stellte diese vor den Sechs ab.
„Diese Waffen, die ihr hier in den Kästen findest sind die, welche ihr euch heute morgen aus der Waffenkammer ausgesucht habt. Ich schenke sie euch, als eure Dienstwaffen, auf eine Messer sind jeweils eure jeweiligen Namen und eure Gruppe graviert.
Mögen sie euch in allem was uns bevorsteht nützlich sein und helfen, diesen Krieg möglichst schnell zu beenden.“
Mit diesen letzten Worten verließ der Hauptmann den Raum und ließ sie mit ihren neuen Waffen allein.
„Ihr habt ihn gehört, jeder sucht seine Kiste. Waffen überprüfen, sichern aber nicht laden.“
So lauteten Claudius klare Anweisungen, nachdem jeder sie ausgeführt hatte schickte er alle, einschließlich sich selbst, ins Bett.
Jeder verstaute den Koffer bei seinen persönlichen Dingen, danach vielen alle wie benommen in ihre Betten und ohne irgendeine Konversation waren sie in fünf Minuten eingeschlafen.
Es war schon hell als sie geweckt wurden, der lange schlaf war ihnen so fremd das Claudius und Thomas schon lange vor dem Rest wach waren. Diesen Morgen sollten sie zwar alle ihre Sachen zusammenpacken aber nicht mitnehmen, ein Ausbilder führte sie in einen Raum, als sie durch die Tür gingen verschlug es Leo kurz die Sprache und er bekam ein unangenehmes Gefühl im Bauch. Er wusste, dass dieser Tag kommen musste trotzdem machte ihm die Vorstellung noch ein wenig Angst. Vor ihnen lagen fünf, gleiche, sorgfältig gepackte und echte Fallschirme.
Alle schluckten, alls sie sahen was dort vor ihnen auf dem Boden lag und wussten gleichzeitig, dass sich jetzt all ihr Training auszahlen musste, die unzähligen Sprünge und Landungen sowie die Theorie, welche sie stundenlang gepaukt hatten.
Nach 20 Minuten waren alle Fallschirme angezogen, doppelt und dreifach kontrolliert und es gab Marschbefehl Richtung Flugfeld.
Dort wartet mit schon angelassenem Motor das Flugzeug ihres Camps auf sie.
Einer ihrer Ausbilder öffnete ihnen die Tür und wies jeden auf einen Platz, neben ihm waren nur noch zwei Piloten im Flugzeug.
Auf dem Boden wurde eine Karte der Umgebung ausgerollt, auf welcher die Flugroute, ihr Ziel und der Landepunkt markiert waren, außerdem bekamen alle einen Kompass und einen Höhenmesser ans Handgelenk geschnallt.
Das Flugzeug flog nur ungefähr 20 Minuten bis sie die Absprungzone erreichten, trotzdem reichte die Zeit um jedem viel zu viel zum Nachdenken zu geben, alle wurden, von einer Grünenleuchte, einem Tröten und dem plötzlichen Lärm, welcher durch das Öffnen der Flugzeugtür entstand, aus ihren Gedanken gerissen.

Leo erhob sich wie in einem Trancezustand aus seinem Sitz, ihr Ausbilder rief ihnen zu sich zu beeilen, es war Laut und ein leichter Luftzug zog Leo immer weiter in Richtung Tür.
Ravi stand vor ihm, auf ihn konnte er immer zählen dachte sich Leo, er würde ihn nie im Stich lassen, plötzlich wurde es noch lauter, der Ausbilder kontrollierte nochmal Ravis Rucksack und dann sprang dieser auch schon ab, in eine blaue Tiefe, und wurde sofort vom Luftstrom aus Leos Blickfeld gerissen.
Das ist doch Wahnsinn, wir werden alle dabei sterben, so oder so ähnlich lauteten Leos Gedanken während er vom Ausbilder noch ein letztes Mal kontrolliert wurde, dann trat er auch schon an das Loch in der Flugzeugwand.
„Denk an das was ihr geübt habt“ brüllte ihm eine Stimme ins Ohr, Leo wendete den Kopf nach Links, der Ausbilder lächelte ihn an, zeigte einen  Daumen nach oben und drückte Leo mit etwas Kraft hinaus in den Luftsog.
Leo fiel, sobald er anfing zu trudeln schaltete sich sein Muskelgedächtniss an und vollführte die Stabilisationstechnick welche sie stundenlang geübt hatten, die typische Fallschirmspringerhaltung.
Arme und Beine abgespreizt viel Leo immernoch, zwar stabil, trotzdem fiel er. Erst als man Ravis Fallschirm nur knapp 50 Meter unter ihm sah schaltet sich Leos Kopf wieder ein und er warf panisch eine Blick auf seinen Höhenmesser, den Fallschirm hätte er schon vor 50 Metern öffnen müssen.
Er riss an der Reißleine seines Fallschirms und dieser öffnete sich prompt, Leos Körper durchfuhrt ein starker Ruck als er von waagerechter in hängende Position katapultiert wurde und gleichzeit stark bremste, er orientierte sich mit seinem Kompass und flog dann, gleitend und leise hinter Ravi her zum Landeplatz.
Unten angekommen stand der Hauptmann und beglückwünschte sie alle zum Abschluss ihrer Fallschirmausbildung, ihre Fallschirme mussten sie zusammenlegen und in die Rucksäcke verstauen, auf einem Jeep fuhren sie zurück ins Camp wo ein, schon mit ihren Sachen bepackter, Helikopter auf sie wartet.
Jetzt mussten sie diese letzte sichere Station verlassen und begaben sich direkt auf den Weg in einen Krieg.
Mit einem Rumms schloss sich die Tür des Helikopters und durch ein Fenster sahen sie nach dem Start die letzten Reste des Camps im Wald verschwinden.
Nun flogen sie ins ungewisse, doch alle spürten, dass ihnen eine Zukunft voller Kämpfe und Leid bevorstand.

Vixx LR - Brothers​ In ArmsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt