Traum Gesichter

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Ein plötzlicher Aufschrei zerriss die nächtliche Stille im Raum, Leo fiel, mehr oder weniger kontrolliert aus dem oberen Stockwerk des Bettes, das Messer was alle neben sich liegen hatten halb aus der Scheide gerissen.
Er bemerkte seine Umgebung erst als der Boden ihn hart auffing, sein Knie prallte heftig auf den Beton und der Schmerz schoß wie kleine Lanzen in seinen Kopf.
Leo schloss kurz die Augen, legte sein Kinn auf die Brust und Atmete einmal tief durch die aneinander gepressten Zähne, der Schmerz verging und er konnte sich aufrichten. Im Zimmer war nichts ungewöhnliches, niemand hatte die Tür geöffnet oder hatte es versucht.
Schon wollte er die Tür seinerseits öffnen um nach der Quelle des Schreis zu suchen, als ihm doch etwas ungewöhnliches auffiel, viel mehr hörte er etwas, ein Wimmern von hinter ihm. Dieses Geräusch war ihm so fremd geworden das die Verwirrung in seinem Kopf ihn kurz lähmte.
Wer weint den hier, warum?"
Leo drehte sich langsam um und dann sah er den Auslöser des Geräusches.
Ravi lag in seine Decke gewickelt, gekrümmt in seinem Bett, das Zucken seines Körpers passte erstaunlich gut zum Rhythmus des Schluchzen.
Alle anderen waren ebenfalls, wenn nicht von Schrei, von Leos Bruchlandung erwacht,
„Was ist den los Leo?" fragte Thor
„Nichts, ich hab alles im Griff, legt euch wieder hin Jungs.
Macht euch keine Sorgen und schlaft so viel ihr könnt."
erwiderte dieser besänftigend.
Grummelnd drehten sich die drei um und nach vier Atmenzügen entspannte sie sich, atmeten tief und gleichmäßig.
Leo setzte sich zu Ravi ins Bett, sein Freund war verkrampft, seine Muskeln zitterten vor Anspannung und Schweiß stand ihm auf der Stirn.
Um seinen Körper zu beruhigen begann Leo ihn zu Streicheln, vom Haarschopf über den Hinterkopf über Nacken und Schultern bis zur Mitte des Rückens, dass wiederholte er so lange und gleichmäßig bis Ravis Muskeln weich wurden.
„Ravi was ist los? Warum hast du so geschrien im Traum?"
Leo war wirklich besorgt um seinen alten Freund, so hatte er ihn nicht mal in den stressigsten Zeiten bei Vixx erlebt.
„Der Soldat, das Gefühl des Messers, seine Augen, sein Herz. Es hat sich selbst mit der verzweifelten Kraft zu Leben zerschnitten. Ich habe gesehen wie sein Blick gebrochen ist Leo.
Ich habe ihn gesehen, im letzten Moment des Seins hat sein Ich in mich gesehen und obwohl ich ihn nicht kannte wusste ich wer er war.
Er verfolgt mich in meinen Träumen Leo, sein Gesicht lässt mich nicht mehr los."
kamm die stockende, zittrige Antwort.
Leo musste lange Nachdenken bis er sich eine passende Antwort zurecht gelegt hatte, währenddessen hatte er Ravis Kopf gehoben und in seinen Schoß gebettet.
Während er Ravis Kopf streichelte, antwortet Leo vorsichtig aber bestimmt,
„Ich schätze das ist die wahre Bürde wenn man einen anderen Menschen tötet, meistens wird man die Erinnerung an sie nicht los. Man kann die Vergangenheit nicht vergessen, nur verdrängen.
Du wirst das schaffen Ravi, viele gehen durch diese Hölle, irgendwann verblassen die Gesichter, ganz sicher."
„Siehst du sie Leo?"
„Wen? Die Leichen? Ja die sehe ich immer noch vor meinem inneren Auge, wie sie in den Regentonnen schwammen und ihr Blut rot von den Treppenstuffen tropfte.
Ja Ravi ich sehe sie."
Erneut zuckte Ravi zusammen unter einem kleinen Krampf.
„Komm Ravi ich werde dich vor ihm beschützen, du hast das richtige getan und uns allen das Leben gerettet."
„Aber warum muss das alles sein? Warum muss es einen zweiten Krieg in Korea geben, warum Krieg allgemein?"
„Ich weiß es nicht Ravi, nicht genau. Ich schätze diese Anlage der Gewalt ist in allen Menschen verankert und Krieg bzw Gewalt ist etwas natürliches. Das Problem ist, dass die heutige Aufteilung der Staaten, die Geschichte der Rivalitäten zwischen diesen und besonders die Religionen zu viele Anlässe für Konflikte und Kriege bieten.
Durch das Streben nach Macht, Sicherheit oder Stärke, wie auch immer jeder einzelne es für sich definieren will wird immer zu erst für die Rüstung geforscht, Waffen und Waffensysteme werden immer effektiver, zerstörerischer und unkontrollierbar.
Krieg wird es so lange geben, Ravi, bis es den einen letzten Krieg gibt und alle Menschen sich gegenseitig töten. Früher hatte die Menschheit noch nicht die Mittel dazu, sonst hätte niemand in Europa den 30jährigen Krieg überlebt, geschweige denn den 1. und 2. Weltkrieg.
Unsere Aufgabe ist nur diesen Krieg hier zu überleben und wir müssen den jungen Generationen aufzeigen welche Grauen der Krieg mit sich bringt, um diesen allerletzten entgültigen so weit hinaus zu zögern wie möglich. Vielleicht schafft es der Mensch zu einem Leben in Harmonie zu finden und die Menschheit überlebt.
Jetzt können wir nichts anderes tun als zu kämpfen, für uns um zu überleben und unseren Kindern eine Mahnung zu sein, dass der Krieg niemals etwas ehrenvolles oder tolles ist."
Leo sprach weiter, leise und mehr zu sich selbst als zu irgendwem, er merkte nicht, dass Ravi in seinem Schoß wieder eingeschlafen war und friedlich atmete.
Er streichelte ihn so lange bis ihm nichts mehr zu dem Thema einfiel was er sagen wollte und seine Augen zu vielen.
Leo legte sich hinter seinen Freund, schlang die Arme um ihn und schlief ein, er fühlte sich seit langem das erste mal wieder geborgen und sicher.

Vixx LR - Brothers​ In ArmsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt