5 Unvollkommene Bilder

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Niedergeschlagen und irgendwie von einer bleiernen Schwere erfasst, lag ich am Freitagabend in meinem Bett und grübelte darüber nach, was ich falsch gemacht hatte.

Das Plektron durch die Finger gleiten lassend, ging ich jeden Ort noch mal ab, an dem ich gewesen war. Diesmal, ich meine, zweimal denselben Fehler zu machen, also wer macht das schon? Ich auf jeden Fall nicht! Hatte ich meine Suche dort begonnen, wo ich sie zuletzt gesehen hatte.

Dumm nur, dass sie wohl auch nicht zweimal denselben Fehler machte und an den Tatort zurückkehrte. Ja, da stand ich also. Meinen Lieblingsbaum, den Fratzenbrunnen und ihren lauschigen brennnesselumwachsenen Openairkonzertsaal vor Augen, doch von meinem unbekannten Fahndungsobjekt fehlte jede Spur.

Ich also wieder rauf aufs Rad und weiter. Wie schon in der Woche davor fuhr ich jede noch so bescheuerte Möglichkeit ab, die mir einfiel.

Das Freibad, die Bücherei, den Tennisplatz; den Park der keiner war, steuerte ich rund alle drei Stunden zusätzlich an, nur zur Sicherheit; die Fußgängerzone, das Shoppingcenter, inzwischen kam ich mir wie ein Spanner vor, so oft, wie ich die Damenabteilung mit den BHs inzwischen besucht hatte und nicht zuletzt, nahm ich die abenteuerliche Fahrt bis hinaus zum Internat auf mich.

Das war wohl die dümmste Idee, die ich jemals gehabt hatte. Ich meine, allein schon der Weg war eine Tortur. Und ich hatte auch nicht das Glück, das ich mal eben eines der Autos hatte nehmen können. Wie immer beschlagnahmten meine Eltern dessen Aufmerksamkeit; sondern ich musste die hügelige Strecke mit dem Rad hinter mich bringen.

Gut. Ich hatte also meinen inneren Schweinehund auf den Gepäckträger geklemmt und war losgeradelt. Es hatte mich einen ganzen Nachmittag gekostet, um festzustellen, dass sie auch hier nicht war.

Mein Bild, die Kamera und literweise Wasser, neben dem Hund auf meinem Gepäckträger, hatte ich mich die vielen Berge raufgequält. Ich war fix und fertig, als ich endlich auf dem hochgelegenen Plateau ankam, auf dem das Haus stand.

Ich zeigte das Foto, dass ich von ihr gemacht hatte herum, doch erntete ich nur ratlose und mitunter herablassende Blicke.

Nein! Nicht das Bild war der Anlass dafür, sonder wohl eher ich. Ich schwitzte wie ein Ochse und keuchte wie eine alte, ausrangierte Dampflock, so erledigt war ich. Eine wahre Sportskanone war ich jetzt nicht wirklich; und was noch viel schlimmer war, und das merkte ich erst als ich mir zuhause das Shirt auszog, ich hatte es falsch herum angezogen. Da sah man mal wieder, wie sehr sie mir den Kopf verdreht hatte. Ich konnte einfach an nichts anderes mehr denken.

Also gut. Aber nochmal zurück zum Internat. Ich zeigte also mein Bild herum. Bekam seltsame Blicke zugeworfen und musste mir dann auch noch sagen lassen, dass auf meinem Bild von dem Mädchen nichts zu erkennen war. Nur, und dafür hätte ich dieses dunkelhaarige Mädchen mit meiner Kamera erschlagen können, Nur! So ein blöder Baum.

Innerlich krümmte ich mich, wand mich in den schlimmsten Qualen und malte mir ihren Tod, dafür, dass sie mein Meisterwerk mit Worten verunglimpfte, in den schrecklichsten Farben aus, als mir irgendwie bewusst wurde, das sie recht hatte.

Nein! Mein Baum war noch immer das wundervollste Fotoobjekt das es auf der Welt geben konnte, aber von meiner Angebeteten, konnte man jetzt wirklich nicht viel erkennen, was wohl der Grund war, warum ich von einem dunkelhaarigen Mädchen zum nächsten geschickt wurde.

Nach geschlagenen, keine Ahnung, wie lange ich hier nach ihr gesucht hatte, Stunden nehme ich mal an, machte ich mich wieder auf den Heimweg. Enttäuscht, aber auch mit einer weiteren Aufgabe im Gepäck.

Jetzt musste ich auch noch ein Bild von ihr anfertigen, das unschwer und vor allem von jedem, als sie zu erkennen war.

Keine leichte Aufgabe, aber wenn ich schon kein Fußballass und kein Mathegenie war, musste ich wenigstens andere Talente haben.

✔Unter dem RegenbogenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt