Am nächsten Morgen wurde Jon durch ein hektisches Klopfen an der Tür geweckt. Genervt setzte er sich auf und warf einen kurzen Blick zur Tür, ehe er von seinem Bett aufstand und sich anzog.
„Jon, mach verdammt noch mal die Tür auf!“, es war Sam's Stimme, und die klang nicht gerade ruhig. Grummelnd begab sich der dunkelhaarige Mann zur Tür und öffnete diese.
„Sam, ist das dein Ernst?“, fragte er, als er bemerkte wie dunkel es noch war, „Es ist noch dunkel!“
„Charlotte...“, gab der Junge verausgabt von sich, „Sie...sie-“
„Was ist mit ihr?“, Jon hob eine Braue, während er sich seine Handschuhe über die Finger zog.
„Sie ist zusammengebrochen.“, Sam deutete mit seinem Finger die Treppen hinunter. Jon blickte kurz zu seinem Freund und begann anschließend rastlos die Treppen hinunter zu laufen. Unten angekommen entdeckte er den schlaffen Körper, neben dem Brunnen, sofort.
„Was ist passiert?“, fragte Jon, als sein Freund den Platz neben ihm fand.
Sam zuckte mit den Schultern: „Ich weiß nicht. Ich habe eben so ein Knallen gehört und wollte nachschauen was das war...Als ich hier unten angekommen bin, habe ich sie so vorgefunden. Sie hat vermutlich den Eimer dort mit sich gerissen.“
Langsam kniete Jon sich neben Charlotte und musterte sie gründlich. Ihr Gesicht war unglaublich blass und ihre Finger schienen ab und zu, zu zucken. Nach kurzem zögern, under reichlich Überwindung, zog er die rechte Seite ihres Kleides etwas hoch, um sich die Wunde anschauen zu können.
Um die Wunde hatten sich kleine, kaum erkennbare schwarze Äderchen gebildet, jedoch schien nichts aufgegangen zu sein.
„Was zur Hölle ist das?“, Jon hatte sich mittlerweile einen seiner Handschuhe ausgezogen und fuhr nun langsam mit dem Finger über eine solche Ader.
„Das sieht auf jeden Fall nicht gesund aus.“, stellte Sam schlauerweise fest.
„Sam, geh und hol den Maester!“, befahl Jon, ohne von der Wunde aufzusehen. So etwas hatte er noch nie zuvor in seinem Leben gesehen.
Sam befolgte Jon's Befehl sofort und war innerhalb der nächsten Sekunden verschwunden.
Charlotte atmete schwer und ihre Haut war mittlerweile wieder etwas blasser geworden. Nicht lange darauf kam Samwell zusammen mit dem Maester wieder.
Augenblicklich stand Jon aus seiner Hockposition auf, um somit Platz für den weißhaarigen alten Mann zu schaffen.
„Schnee, wärst du so nett und würdest sie in dein Gemach bringen? Hier draußen erfriert sie noch.“
„Natürlich, Maester.“, der Lockenkopf nickte schnell und hob das Mädchen so behutsam hoch, wie er es bei ihrer ersten Begegnung getan hatte. Nun ging er mit ihr vorraus, bis er am Ende der Stufen sein ehemaliges Gemach betrat.
Langsam und vorsichtig legte er Charlotte in das Bett und trat erneut ein paar Schritte zurück. Der Maester nickte Jon kurz zu und ging auf das blonde Mädchen zu. Trotz seiner Blindheit, war der alte Mann der einzige der Mauer, der sich wirklich mit Medizin auskannte. Auch merkte man ihm das ausgelöschte Augenlicht die meiste Zeit über gar nicht an.
Langsam tastete sich der Maester über die Wunde an Charlotte's Hüfte und seine Miene wurde von Sekunde zu Sekunde nachdenklicher.
„Jon, was siehst du wenn du einen Blick auf die Wunde wirfst?“, fragte der Alte, noch immer mit der nachdenklichen Mimik.
„Kleine schwarze Adern...sie sind um die ganze Wunde verteilt.“, antwortete der Kämmerer und blickte zu dem weißhaarigen Mann ans Bett.
„Hm.“, gab dieser knapp von sich und tastete ein weiteres mal sanft die Wunde ab.
„Ist es was schlimmes?“, war es schließlich Sam der fragte.
„Nun, entweder hat es sich entzündet, auch wenn ich mir dort die schwarzen Äderchen nicht erklären könnte...oder es ist Gift.“
Jon riss entsetzt seine Augen auf: „Gift?“
„Ich habe hierbei keine Ahnung um welches Gift es sich handelt, aber von natürlichen Ursprung sind diese Adern sicher nicht.“, der Maester drehte seinen Kopf in Jon's Richtung: „Würdest du bitte auf sie Acht geben, Schnee?“
Jon nickte kurz und blickte dabei für einen kurzen Moment zu Charlotte.
Gemeinsam mit Sam verschwand der Maester kurz darauf und ließ Jon mit dem blonden Mädchen alleine.
Der Lockenkopf hatte sich bereits wieder auf einen Hocker am Bett gesetzt und blickte auf die Flammen des Feuers, welchen Sam vor kurzem entzündet hatte.
Sein Blick war nun starr in die Flammen gerichtet. Wieder mal dachte der junge Mann nach. Noch immer hatte er so gut wie keine Antworten auf seine Fragen bekommen.
In entfernter Weise errinerte Charlotte ihn an seine Schwester Sansa. Gut, Sansa war nicht seine leibliche Schwester, dennoch war sie für ihn immer wie eine gewesen. Die beiden Mädchen ähnelten sich äußerlich im Prinzip gar nicht, Sansa, mit ihren feuerroten Haaren und Charlotte, mit den leicht gewellten, blassblonden Haaren. Jedoch ähnelte sich der Charakter der beiden, zumindest auf den ersten Eindruck.
Jon vermisste seine 'Geschwister' ziemlich. Er hatte sie seitdem er der Nachtwache beigetreten war, nicht wiedergesehen. Die kleine, freche, unglaublich mutige Arya. Sansa, die junge Lady, die wahrhaftig wusste wie man sich höflich zu verhalten hatte. Der jüngste der Familie Stark, Rickon. Und seine zwei Brüder Bran und Robb. All diese Leute waren all die Jahre über seine Familie gewesen, bis er sie einfach verlassen hatte. Er hatte öfters ein schlechtes Gewissen dabei, aber er hoffte inständig die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
„Jon?“, durch die leise, heisere Stimme wurde der junge Mann aus seinen Gedanken gerissen. Sofort richtete sich sein Blick zurück zu Charlotte und stand langsam von seinem Hocker auf.
„Was ist passiert?“, fragte sie verwirrt und versuchte sich aufzusetzen. Jedoch wurde sie sofort von einer starken Hand, behutsam zurück in die Felle gedrückt.
„Ihr solltet liegen bleiben.“, sagte Jon knapp und nahm seine Hand von ihrer Schulter, „Ihr seid ohnmächtig geworden...wahrscheinlich eine Infektion an der Wunde.“
Sie seufzte und schloss für einen kurzen Augenblick ihre Augen.
Als sie ihre Augen wieder öffnete drehte sie ihren Kopf wieder zu Jon und gab ein knappes Kichern von sich.
„Ihr müsst jetzt aber nicht die ganze Zeit hier sitzen bleiben.“, ein sanftes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen.
„So wurde es mir aufgetragen.“, gab der junge Mann nur knapp von sich und richtete seinen Blick auf den Boden vor ihm, „Sie können mich übrigens duzen, ich bin nur ein Bastard.“
„Vorausgesetzt du duzt mich ebenfalls, ich bin auch nur ein Mädchen.“, wieder das sanfte Lächeln auf ihren Lippen.
„Wird gemacht.“ nun bildete sich auch ein schwaches Schmunzeln auf Jon's Lippen.
Gegen seine Anweisungen setzte sich Charlotte trotzdem auf und streckte ihre Hand in die Richtung des jungen Mannes: „Frieden?“
Der Lockenkopf schlug kurz bei ihr ein und nickte dann.
„Frieden.“
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hopeless | a game of thrones fanfiction
FanfictionSie nannten sie „Das namenlose Mädchen aus dem Nichts". Nicht ohne Grund erhielt die blonde Schönheit diesen Titel. Als zwei Mitglieder der Nachtwache eines verschneiten Tages, ein sonderbares Mädchen, bewusstlos im Schnee vorfinden, ahnt noch niem...