Kapitel 03

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Ich schaute fassungslos in das Gesicht meiner Klassenkameradin.
Und ich klatschte mir mit der flachen Hand vor die Stirn, dass ich die beiden vorhin doch nicht auseinandergerissen habe. Fuck.
"Woher weißt du das?", versuchte ich mit einem ruhigen Ton über die Lippen zu bringen.
"Du weißt ja wie sie ist. Sie prahlte vorhin davon, dass sie sich schon drauf freut und bla. Schlampig halt."
"Und sie hat auch Toms Namen in diesem Zusammenhang erwähnt ...?!"
Maren nickte zögerlich und tätschelte meine Schulter.
"Sie ist eine Schlampe. Und ich will nicht gemein sein, weil ich weiß wie nahe du Tom stehst, aber er ist was das betrifft ja auch nicht so ohne .."
Zack, Stich ins Herz. Ich nickte schwach und schluckte den Kloß in meinem Hals weg.

Ja, sie hatte Recht. Wobei ich der Meinung war, er hatte sich die letzten Monate gebessert. Es waren genau genommen 7 Frauen innerhalb der letzten fünf Monate. Sieben. Frauen.
Damals hatte er in der Zeit locker das doppelte, wenn nicht sogar dreifache an Besuchen gehabt, die einzig und allein nur für ein kleines Abenteuer sein Schlafzimmer von innen sehen durften.
Und ja, ich habe mitgezählt. Es war schon paranoid, das weiß ich .. und mein Blick senkte sich auch jedes Mal beschämend auf den Boden, wenn ich nur daran dachte. Dennoch konnte ich es nicht lassen.

"Hey, Erde an Olivia." Ich schüttelte meinen Kopf, um die Gedanken loszuwerden. Ich erhaschte einen misstrauischen Blick ihrerseits. Oh nein, nicht schon wieder. Nicht so wie bei Bill gerade schon. Bevor sie aber zu Wort kam, setzte ich ein gespieltes lockeres Lächeln auf und versuchte eine gespannte Haltung einzunehmen.
"Pass auf, du MUSST mich auf dem Laufenden halten. Machst du das?", bat ich. Nervös trat ich von einem Fuß auf den nächsten. Sie kicherte fröhlich und zog mich in eine schnelle Umarmung.

"Mach ich .. und Tom steht in ein paar Sekunden direkt neben uns. Also psssst jetzt", flüsterte sie unauffällig in mein Ohr.

"Na Mädels", brabbelte er drauf los und stellte sich zwischen uns. Die gute Laune war ihm ins Gesicht geschrieben. Mir allerdings war sie vergangen.

"Ich dachte du bist bei Bill und Zoey", richtete er sich verwundert an mich. Ich schenkte ihm ein deutlich übertriebenes Lächeln.
"Tja, siehst ja, dass es nicht so ist."

Es war eigentlich dumm sich so angepisst zu verhalten, aber es zu unterdrücken gelang mir einfach nicht. Vor allem, weil er keinen Schimmer hatte, was ich weiß und was deshalb gefühlsmäßig in mir vorging.

Seine Miene verzog sich verwirrt und er schaute zwischen Maren und mir hin und her.

"Jaaa... ich lasse euch dann mal alleine", schaltete sich Maren schließlich ein und zwinkerte mir bei ihrem Abgang noch unauffällig zu.

"Habt ihr irgendwie schlechte Laune oder so?"

Meine einzige Reaktion war: Schultern zucken und abhauen. Im Stechschritt steuerte ich auf unseren Flur - ganz am anderen Ende - an.
Mir kam auch gar nicht erst in den Sinn auf ihn zu warten oder so. Das kann er sich abschminken, auch wenn er keine Ahnung haben konnte, was mein beschissenes Problem war. Und das sollte auch nie ans Tageslicht kommen, nie!

Er machte - wie sich vermuten ließ - plötzlich zwei große Schritte und riss mich am Arm, um mich in seine Richtung zu drehen.
Mein Herz polterte laut gegen meinen Brustkorb und ich machte mir Sorgen, dass es gleich heraussprang. Ich ging zögerlich einen Schritt zurück und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand, um ihn anzuschauen.
Seine warmen und weichen Hände an meinem Arm brannten unangenehm auf der Haut und mir fehlte einzig und allein noch der Effekt eines verbrennenden Zischens.

"Vi, jetzt sag schon, was ist los?" Seine Stimme war ruhig. Seine Augen neugierig und in meine starrend.
"Mir geht es einfach nicht so gut", seufzte ich und zuckte mit den Schultern, bevor ich den Blickkontakt zwischen uns abbrach. Ich wollte ihm nicht in die Augen schauen. Nicht, wo meine Äußerung die nackte Wahrheit widerspiegelte.

"Und warum nicht?"

Ich hob meinen Blick wieder.

"Kopfschmerzen", murmelte ich und das war nicht mal gelogen, auch wenn es von der eigentlichen Problematik weit entfernt lag.

"Du hast aber noch irgendwas anderes?"

"Nein Tom, es ist alles gut", murmelte ich und drückte mich von der Wand weg, um wieder vor ihm zu fliehen.

"Olivia Maria Zellermann, stehen geblieben", schrie er hinter mir her.

Er wusste genau, wie sehr ich meinen vollen Namen hasste. Wenn es bereits soweit kam, dass er ihn über die Lippen brachte, war eine ernste Angelegenheit äußerst offensichtlich.
Als hätte jemand die Pause-Taste eines Flimes betätigt, blieben wir beide ruckartig stehen.

"Tom", zischte ich böse und drehte mich schnell in seine Richtung.

"Anders hörst du ja nicht. Und jetzt bleib bitte stehen."

"Ich möchte jetzt aber nicht reden", quengelte ich und ließ meine Schultern soweit hängen wie es ging. Er schlenderte langsam auf mich zu und ehe ich mich dagegen wehren konnte, spürte ich seine starken Arme um meinem Körper. Sein Duft, der so einzigartig und begehrenswert war, strich meine Nase. Eine Mischung aus Minze, seinem unglaublich teuren Aftershave und etwas Zigarettenqualm - was dem ganzen das Bad-Boy-Image aufsetzte, das ich einfach liebte - entfachte ein äußerst angenehmes Kribbeln in meinem Bauch. Himmel ...

"Du weißt, dass du immer mit mir reden kannst, okay?"

Seine Hand strich sanft meinen Rücken entlang und ich zog ihn noch näher an mich. Wenn ich das tatsächlich könnte ...

"Danke Tom", flüsterte ich und war nicht in der Lage, den Kloß in meinem Hals hinunterzuschlucken. In diesem Moment konnte ich einfach nicht mehr verletzt sein. Aileen hin oder her. Er war mir so nah, dass der Schmerz von ihm betäubt wurde und ich mich einfach alles vergessen ließ.

"Was ist denn hier los? Gruppenkuscheln?!", platzte Zoey dazwischen. Ich löste mich von Tom und schlang meine Arme instinktiv um meinen Bauch.
"Möchtest du auch ne Umarmung?", bot Tom der besten Freundin seines Bruders mit einem breiten Grinsen an, aber sie lehnte ab.
"Lieb von dir, aber ich verzichte."

"Was habt ihr Mädels denn heute alle?!", sang Tom theatralisch und schaute mich mit einer unerklärlichen Mischung aus Belustigung und Sorge an.

Verliebt in meinen besten FreundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt