Der Verwendungszweck des Blechs stellte sich als unser Abendessen heraus. Ich beobachtete fasziniert, wie John die Körner aus dem Säckchen mit etwas Wasser aus einem nahen Bach vermengte, zu flachen Klumpen formte und sie sorgfältig auf dem Blech anordnete, ehe er es mithilfe eines Gestells aus Ästen über das Feuer legte. Ob er mein Angebot, ihm zu helfen, als das Friedensangebot wahrnahm, das es sein sollte, wusste ich nicht. Zumindest lehnte er es nicht ab. Die entstandenen Haferkuchen, Will nannte sie Bannocks, schmeckten besser als erwartet — was nicht mit gut gleichzusetzen war — und waren überraschend sättigend.
Merkwürdig war nur, dass John die ersten vier beiseitelegte und es niemand wagte, sie anzufassen. Ich rang eine Weile mit mir, ob ich mich nach dem Grund erkundigen oder es einfach hinnehmen sollte. An diesem ersten Abend brachte ich es nicht über mich, doch nachdem das Ganze auch an den beiden folgenden beibehalten wurde, war ich zunehmend verwirrter. Es hätte Sinn ergeben, wenn wir die Kuchen aufgehoben und später gegessen hätten, doch abgesehen von mir schien niemand auf diesen Gedanken zu kommen.
Nicht nur diese Tradition war beibehalten worden; ganz selbstverständlich hatte Will mir zwei der Seile in die Hand gedrückt, um ihm beim Fesseln der Pferde zu helfen. Ich zweifelte nicht daran, dass er allein nur unwesentlich langsamer als mit mir gewesen wäre, und dennoch bedeutete mir dieses Zugeständnis viel. Mich an der Arbeit beteiligen zu können statt wie eine Fremde – die ich trotz Allem war – stumm abzuwarten, beruhigte mich in gewisser Weise. Es machte mir Hoffnung, mich besser als erwartet an das neue Leben anpassen zu können. Wir hatten noch nicht wieder über Faodail gesprochen und ich war nach wie vor unsicher, was Will von mir erwartete, sobald wir dort ankamen. Laut meiner Mutter musste eine Frau in meinem Stand vor allem Kinder gebären, hübsch aussehen und etwaige Gäste mit belanglosen Themen unterhalten können. Im Zweifelsfall sollte sie ein Auge auf die Dienerschaft haben und sich gelegentlich mit der Haushaltskasse auseinandersetzen. Sie hatte mich in jedem Fall gut darauf vorbereitet, sah man von der Tatsache ab, dass ich mich nun weit unter diesem Stand befand. Nicht weit genug, um allein in einer baufälligen Hütte zu leben und alle anfallenden Arbeiten selbst zu erledigen, doch den ganzen Tag auf der faulen Haut liegen würde ich nicht können. Oder auch doch, aber damit würde ich mir sicher keine Freunde machen. Ich konnte nur beten, dass sich jemand meiner annehmen und mir die wichtigsten Aufgaben zeigen würde.
Als eine Windböe an meinem Umhang riss, rutschte ich unbehaglich näher an das Feuer. Am vergangenen Tag war es nicht warm gewesen und ich meinte schon, mich daran gewöhnt zu haben, dennoch im Freien zu schlafen. Jetzt begann ich mich zu fragen, wie erschöpft man sein musste, um bei noch niedrigeren Temperaturen nicht die halbe Nacht wach zu liegen. Obwohl mir die Schmerzen vom langen Reiten und einer Nacht auf unebenem Waldboden in jedem Knochen saßen, fielen mir noch lange nicht die Augen zu.
Ich sah quer über die zuckenden Flammen zu John und überlegte, ob es die Kälte vertreiben würde, wenn ich mich ablenkte. Er war dabei, die vier übrigen Bannocks an den Rand des Feuerscheins zu legen, wie er es auch schon gestern getan hatte. Ob er es mir übel nehmen würde, wenn ich nachfragte? Bisher hatte er sein Misstrauen mir gegenüber zwar nicht vollständig abgelegt, sich aber immerhin dazu herabgelassen, mich nicht mehr mit Blicken zu ermorden. Ich fürchtete, mit meiner Frage wieder zum ursprünglichen Zustand zurückzukehren, doch er hob nur eine Augenbraue.
„Sie sind für den Waldgeist, für wen sonst? Einer für jeden von uns, damit er sich nicht betrogen fühlt und auf die Idee kommt, uns nachts zu töten."
„Den ... Waldgeist", wiederholte ich langsam und warf einen prüfenden Blick zu Will und Gawain. Ich war mir sicher, dass John sich über mich lustig machte, doch beide Männer sahen mich ähnlich ernst an.
„Aye, mit denen ist nicht zu spaßen", fügte Will hinzu. „Hinterlistige Biester. Zerren einen im Schlaf in die Untiefen ihres Reichs hinein und töten einen an geheimen Stellen, wo nie eine lebende Seele die Leiche finden wird. Aber wenn man sie an seiner Mahlzeit teilhaben lässt, lassen sie einen meistens in Frieden."
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Das Schloss im Nebel
Historical FictionSchottland, 1314 Das Land befindet sich seit achtzehn Jahren im Unabhängigkeitskrieg mit England. Nach wechselnden militärischen Erfolgen beider Seiten versucht Edward II sich die Unterstützung einiger Schotten auf dem friedlichen Weg zu sichern. Im...
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