Kapitel 11: Lucian

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Katherine genoss die frische Luft, die Kühle der Sitzbank, auf der sie saß, und den Geschmack der würzigen Kartoffelchips, die Drazul ihr gegeben hatte; kurz gesagt: sie genoss die Freiheit. Nur die Anwesenheit der Schattengestalt war ihr unheimlich, auch wenn sie sich in derer Gegenwart sicher fühlte.
"Was machst du eigentlich noch hier? Hast du nicht bereits deinen Auftrag ausgeführt?", fragte Katherine ihn nach einer Weile. Drazul antwortete leise: "Mein Auftrag war, auf dich aufzupassen, also nein."
"Ich verstehe. Aber anfangs hast du mich doch versteckt beobachtet, richtig?"
"So ist es."
"Und ... warum sind wir dann geflohen? Von Miami hierher; nach London ..."
Drazul gab erst keine Antwort, aber nach einer halben Minute sprach er. "Luzifer und ich hatten nicht die beste Vergangenheit. Gehen wir!"
Katherine dachte über das nach, was er gesagt hatte und folgte ihm.

Die Graslandschaft war in ein üppiges Grün getaucht, Wälder erstreckten sich kilometerweit über Flachland, Hügel und Erhebungen. Eine himmlische Landschaft existierte in der Höllendimension, oben war alles blau und zwei Sonnen schienen herab. Es war herrlich warm und leicht wehte eine frische Brise. Am Rand eines Waldes standen Luzifer, Mathilde und die drei Dämonenprinzen. Am Horizont, auf einem Berg, thronte ein riesiges Schloss, eine Festung, erbaut aus schwarzem Gestein. Sieben Türme ragten hoch hinaus gen Himmel; der höchste Turm stand in der Mitte und die anderen Türme waren außenrum an den Mauern des Schlosses. Luzifer lächelte und flüsterte: "Endlich Zuhause."
Er breitete seine Schwingen aus und schoss in die Höhe; Mathilde verwandelte sich in dicken schwarzen Rauch und raste in dieser Form auf das Schloss zu. Die Prinzen schüttelten grinsend kurz den Kopf und zogen sich ihre Oberteile aus, die sie in die Hose steckten, und dann prangten auf einmal auf ihren Rücken jeweils ein Paar riesiger schwarzer fledermausähnlicher Flügel und sie schossen ebenfalls in die Höhe. Während Mathilde in ihrer Form, aus schwarzem Rauch, auf das Schloss zuraste, flogen Satan und die drei Dämonenprinzen zum Schloss.
Als Mathilde ankam, waren die Vier schon da.
"Nun, Mathilde; wie's aussieht, warst du mal wieder zu langsam", spottete Gadreel, woraufhin Beliel und Azazel leise kicherten und Mathilde ihnen einen drohenden Blick zuwarf.
"Da seid ihr ja endlich", sagte eine Stimme, die gelangweilt klang. Alle sahen sich um, aber niemand konnte den Ursprung der Stimme finden, aber von wem die Stimme stammte, konnte man erkennen.
"Samael; ich weiß, dass du es bist. Komm raus!", keifte Mathilde, woraufhin Besagter vor ihnen stand.
"Nicht übel, Mathilde. Kommt!" Samael führte sie in den Thronsaal. Der Thronsaal war riesig, ein langer blutroter Teppich erstreckte sich vom Eingang zum Thron; der Thron selbst war sehr groß, golden und mit blutrotem Samt bedeckt; der Boden war dunkelgrau, so wie die Wände, aber die Decke war aus glattem schwarzen Gestein, sodass sich alles in der Decke spiegelte. Goldene Kronleuchter hingen herab, die Flammen der Kerzen auf den Kronleuchtern glühten blutrot.
"Du bist ja recht schnell hier gewesen, Samael", stellte Luzifer fest.
"Natürlich, immerhin habe ich den Wirbel benutzt", erwiderte Samael und grinste süffisant. Die Prinzen verkniffen es sich, laut loszulachen; Satan schnaubte nur und lief zu seinem Thron. Als er sich hatte setzen wollen, rief Mathilde: "Herr, nicht!"
Der Teufel stockte und blieb stehen. "Was ist denn?"
"Geht bitte zur Seite", sagte Mathilde nur und Luzifer tat, was sie gesagt hatte. Sie hob ihre Hand und durch das Fenster kam ein großes Kissen geflogen. Das Kissen landete auf dem Thron und wurde zu Asche.
"Seht Ihr, Herr? Hättet Ihr Euch auf den Thron gesetzt, wäre es Ihnen ebenfalls so ergangen wie dem Kissen", sagte Mathilde; Luzifer schluckte. "Willst du damit sagen, jemand hat versucht, mich zu töten?"
"Ja", antwortete Mathilde schnell.
Der Teufel schnaubte wütend und befohl den Prinzen: "Ich will, dass der Täter gefasst wird. Ich will ihn direkt vor meinen Augen sehen. Ob tot oder lebendig, mir egal."
Die vier Höllenprinzen nickten und verschwanden; Luzifer wendete sich an Mathilde. "Mathilde; ab jetzt ist die Hölle in Gefahr. Auch ich bin es. Was ich damit sagen will, ist, dass Katherine zu finden, jetzt oberste Priorität hat. Oh, und noch was: Woher wusstest du, dass ein Fluch auf dem Thron lag?"
"Intuition", antwortete sie nur.
"Und woher kam das Kissen?"
"Es war meins", sagte Mathilde und trippelte davon. Luzifer seufzte nur und blickte aus dem Fenster. Möglicherweise könnte er Katherine eine Botschaft schicken, dachte er und lief los. Er lief durch das Schloss, bis er in seinem Zimmer ankam. Das Zimmer glich eher einer Fürstensuite eines 5 - Sterne -Hotels. Er schnappte sich Papier und Stift und schrieb auf das Papier:

Katherine, was passiert ist, tut mir sehr Leid. Du musst verstehen, ich konnte nicht als Vater für dich da sein, da es zu Komplikationen und Problemen kam. Diese Probleme sind größeren Ausmaßes, als du dir vielleicht vorstellen kannst. Was ich damit sagen will, ist, dass es mir leidtut und dass ich dich lieb habe. Ich wollte das alles wirklich nicht. Wo auch immer du bist, wenn du das liest, sei dir bewusst, ich werde dich finden. Und wenn du da draussen irgendwo bist, komm zu mir. Geh ins Hellhouse, das ist eine Bar, südlich der Stadtmitte Londons. Frag nach Lucian, er wird dir helfen. Komm dann zu mir, bitte, ich vermisse dich; dein dich liebender Vater.

Luzifer faltete den Brief; er stellte sich Katherine im Geiste bildlich vor und das Papier verschwand in einer giftgrünen Stichflamme. Er lehnte sich zurück und hoffte, dass der Brief ankam.
"Ich würde ja zu Gott beten, aber ...", murmelte er leise zu sich selbst und ein ironisches Lächeln umspielte seine Lippen.

"Du, Drazul?", rief Katherine und Drazul blickte sie an, zumindest machte es den Eindruck bei der Schattengestalt. "Was?"
"Du bist ... netter, als ich dachte. Was meintest du damit, als du gesagt hast, mein Vater und du, dass ihr nicht die beste Vergangenheit hättet?", fragte sie und sah ihn aus ihren neugierig funkelnden Augen an. Die Gestalt antwortete nicht und sagte nur: "Komm, wir gehen weiter."
Katherine rollte mit den Augen und lief weiter. Dann tauchte auf einmal eine giftgrüne Stichflamme vor ihr auf und ein Blatt Papier landete auf ihrer Handfläche, es fühlte sich angenehm warm an und war gefaltet. Sie öffnete es und las den Brief.
Drazul beobachtete sie, während sie las, er sah, dass eine Träne ihre Wange herunter kullerte und sie schluckte. "Ich ... Ich muss weg.
"Okay, wohin?", fragte Drazul und sie antwortete: "Zum Hellhouse."
"Wie du willst", sagte er nur und ein Schwindelgefühl überkam Katherine und im nächsten Augenblick fand sie sich im Hellhouse wieder. Sie blickte sich anfangs verwundert um, und als sie begriff, ging sie zum Tresen und blickte den Barkeeper eindringlich an. Dieser sah sie aus seinen violetten Augen an. "Sie wünschen?"
"Ich will zu Lucian", sagte Katherine, woraufhin der Barkeeper nur lachte. "Bist wohl lebensmüde, was? Komm mit!"
Er führte sie in ein Nebenzimmer, wo ein Mann auf einem schwarzen Sessel saß; seine Augen leuchteten feuerrot im schwachen Licht der Schreibtischlampe, die neben ihm auf einem kleinen Tisch stand. Er fuhr sich kurz mit der Hand durch sein rabenschwarzes Haar; er stand auf und stand im nächsten Moment vor Katherine. Seine roten Augen bohrten sich in ihre, und ein fröhliches Grinsen umspielte seine Lippen, als er sagte: "Da bist du ja, Schwesterherz. Ich habe so lange auf dich gewartet."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 08, 2017 ⏰

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