Katherine öffnete die Augen und blickte sich um; sie saß in einer steinernen Zelle mit einer vergitterten Tür aus Eisen. Sie blickte an sich runter, ihr Shirt war blutverschmiert, ein Loch im T-Shirt bewies, dass es kein Traum gewesen war, dass der blonde Engel sie mit einem Schwert erstochen hatte. Und dennoch lebte sie; trotz des Lochs war da keine Wunde, kein Blut quillte heraus.
"Gefällt dir deine neue Behausung?", tönte eine spöttische Stimme neben ihr. Sie blickte in die Richtung, woher die Stimme kam. Der blonde Engel lehnte an der Wand neben der Zellentür und sah sie grinsend an.
"Wer bist du?", fragte Katherine ihn, ihre Stimme war kaum mehr als ein Wispern, aber dennoch schien er sie verstanden zu haben.
"Ich bin Raziel, ein Erzengel. Und du, Teufelstochter, bist meine Geisel. Ich nehme an, dein Vater sucht bereits nach dir. Wenn er dich findet, wirst du ihn ablenken, denn dann werde ich Luzifer aus den Hinterhalt erstechen. Ich werde beenden, was Michael angefangen hat."
Katherine blickte den Erzengel ängstlich und fassungslos an. "Wieso tun Sie das?"
Raziels Blick wurde finster. "Er ist gefallen. Luzifer ist eine Schande für uns Engel. Er ist wie ein Schmutzfleck auf reinem weißen Material, der beseitigt werden muss."
"Für einen Erzengel ist Ihre Logik ja sehr ... logisch", sagte Katherine und ihre Stimme triefte dabei vor Sarkasmus. Der Erzengel schaute sie sauer an. "Spar dir diese Art von Kommentaren. Halt einfach die Klappe und überlass mir die Arbeit."
Wie geheißen sagte Katherine kein Wort und sah zu Boden. Raziel verließ die Zelle und schloss die Tür ab. Er lief nach draussen, Richtung Stadtmitte.Luzifer sah besorgt zu Mathilde. "Wo ist sie nur?"
Als Antwort enthielt er von Mathilde nur ein Schulterzucken und sie sah nachdenklich auf ihr Handy. Der dunkle Engel schnaubte und lief schnellen Schrittes weiter. Mathilde trippelte ihm hinterher und sah sich hektisch um, wie ein gejagtes Tier.
Während Luzifer und Mathilde die Straße entlang liefen, merkten sie nicht, wie ihnen eine Schattengestalt folgte. Diese Schattengestalt verfolgte sie, bis sie in der Stadtmitte ankamen, dann verschwand sie. Mathilde sah sich um. "Meine Güte, Herr. Könntet Ihr nicht Eure Macht anwenden, um Kath zu finden?"
"Nein, dann würde der Entführer die Macht spüren und dann bestünde die Gefahr, dass er sie tötet", antwortete Luzifer darauf.
"Aber nur, wenn der Entführer ein Wesen des Himmels beziehungsweise der Hölle ist", entgegnete Mathilde.
Luzifer murmelte leise: "Was er bestimmt auch ist."
Mathilde verdrehte kurz die Augen und sie gingen beide in eine Bar namens Hellhouse. Die Bar war voll mit Leuten, die tanzten und tranken, Scheinwerfer warfen feuerrotes Licht auf die kleine Tanzfläche in der Mitte und Discomusik hallte durch den Raum. Der dunkle Engel ging zu einen jungen Mann mit dunkelblondem Haar. "Gadreel."
Gadreel drehte sich zu Luzifer. "Oh, Ihr seid's. Was ist denn?", fragte er; seine Augen glühten hellgelb im dämmrigen Licht der Scheinwerfer an der Decke. Luzifer setzte sich ihn gegenüber, Mathilde sich neben ihn und er blickte Gadreel eindringlich an. "Gadreel, ich habe dir vor vielen Jahren erzählt, dass ich Nachkommen hätte. Eine dieser Nachkommen, meine Tochter, wurde entführt. Jetzt brauche ich deine Hilfe. Ruf die Prinzen zusammen. Ich brauche sie hier."
Gadreel blickte den dunklen Engel eine ganze Weile nachdenklich an und nickte dann. "Okay, wie du willst. Komm mit. Die Prinzen, sie sind alle hier. Azazel, Beliel, Samael und ich." Er führte seinen Herrn und dessen Begleitung in ein Nebenzimmer. Und da saßen sie tatsächlich, alle, an einem runden Tisch versammelt. Azazel, mit seinem schwarzem ungekämmten Haar, neben ihn Beliel, dunkelbraunes Haar, ordentlich zur Seite gekämmt und Samael, hellblondes Haar, ungekämmt und mittellang, so, dass ihm Haarsträhnen über die Augen hingen. Allesamt glühten ihre Augen hellgelb. Als sie bemerkten, dass Luzifer und Mathilde eintraten, standen sie auf und jeder verbeugte sich kurz. Der Teufel nickte mir und setzte sich hin; er sagte: "Nehmt Platz."
Daraufhin setzten sich auch die Anderen. Gadreel war es, der als erstes sprach: "Ein Nachkomme unseres Herrschers wurde entführt." Ein leises Murmeln ging durch die Runde und verstummte, als Luzifer sich räusperte. "Wie Gadreel bereits sagte: Ein Nachkomme, genauer gesagt, meine Tochter, wurde entführt. Wer der Entführer ist, ist mir noch unbekannt. Drum brauche ich eure Hilfe, Prinzen. Ich will, dass ihr herausfindet, wer sie entführt hat und wo sie sich befinden."
"Herr, dass Ihr es nicht wisst, bereitet mir Sorgen", sagte Azazel. "Wenn der Entführer die Macht besitzt, sich vor Euch zu verstecken ... nun, ich will ja nicht vorschnell urteilen, aber ich vermute, es ist ein Erzengel."
"Verzeiht, Azazel, aber, dass es ein Erzengel ist, kommt mir etwas abwegig vor. Ist nicht zu vermuten, dass es auch ein Seraph sein könnte?", sprach Beliel in die Runde, worauf Azazel antwortete: "Dies könnte durchaus sein. Dennoch ist zu bedenken, dass unser Herr, gefallen oder nicht, ein Erzengel ist und über die Macht verfügt, einen Seraph überbieten zu können."
"Einst war es so, ja, aber ich vermute, dass ein Seraph mich dennoch besiegen könnte. Der Fall hat mich geschwächt, das spüre ich noch heute,und mein letzter Kampf gegen einen Engel des Herrn war schon vor sehr langer Zeit", kam es leise von Luzifer.
Stille überkam den Raum, niemand sagte etwas und jeder blickte den Teufel nachdenklich an. Nach vielen unendlichen Minuten des Nachdenkens und des Schweigens, sprach leise Samael: "Und wenn schon, Herr, Ihr habt uns und nahezu alle Dämonen auf Eurer Seite. Wenn Ihr dies so pessimistisch sieht, dann blast doch auch den Angriff auf den Himmel ab." Mit diesen Worten verließ Prinz Samael den Raum.Luzifer, Mathilde und die drei Prinzen Azazel, Beliel und Gadreel, verließen die Bar; sie liefen in die Richtung des Flusses in London, der Themse. Auf dem Weg dahin folgte ihnen erneut die Schattengestalt.
Als sie an der Tower Bridge ankamen, fragte Mathilde: "Und wo gleich war das London Dungeon?"
"Da!" Luzifer zeigte auf eine Stelle auf der Karte, die Mathilde vor sich hielt.
"Ah, also geht es in diese Richtung." Sie trippelte los, Luzifer und die drei Prinzen folgten ihr.
Als sie das London Dungeon betraten, lief Luzifer nicht in die Richtung dahin, wo Touristen und Besucher für gewöhnlich hingangen, sondern verschwand im der Wand, so wie Mathilde und die Prinzen.
Sie standen nicht mehr direkt im London Dungeon, sondern in einer riesigen Halle, die Wände aus schwarzem Stein, Kronleuchter erhellten die Halle und am anderen Ende der Halle, an der Wand, prangte ein riesiger, pechschwarzer Torbogen. Luzifer und seine Gefolgschaft liefen auf diesen Torbogen zu. Der dunkle Engel erhob seine Hand, zwischen seinen Fingern bildete sich eine kleine Feuerkugel, die immer größer ward; die Kugel hatte bald den Durchmesser von zwanzig Zentimetern und schwebte über Luzifers Handfläche. Der Teufel warf diesen Feuerball auf den Torbogen, doch anstatt, dass es explodierte, erschien im Torbogen eine riesige rote Tür aus Holz. Ein dämonisches Gesicht aus Stein war mitten in der Tür eingebaut und der Türknauf war dasselbe dämonische Gesicht, nur kleiner.
Luzifer lächelte. "Dann mal zurück in die Hölle."
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Luzifer - Gefallener Engel [PAUSIERT]
FantasyLuzifer ist gefallen! Er wurde von einem geliebten Bruder in die Hölle gestoßen, aber nun ist er zurück. Luzifer wandelt auf Erden und sucht nach einem ganz bestimmten Wesen. Dieses Wesen ist nicht aufzufinden, also entführt Luzifer die Person, die...