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3.September 1989

Stell dir vor, alle Leute leben in Frieden. Du magst sagen, dass ich ein Träumer bin, aber ich bin nicht der Einzige. Ich hoffe, dass du uns eines Tages beitreten wirst und die Welt wird eins sein

Die Jalousien sind heruntergezogen und im Hintergrund läuft leise Musik.

Heute war mein erster Schultag. Willst du wissen wie er war?

Nicht gut.

Wirklich nicht gut.

Ich wurde angestarrt. Alle starrten mich an.

Ich war der Junge der nie das Haus verliess.

Ich war der Junge, dessen beste Freundin Suizid begangen hat.

Suizid.

Ich mag das Wort nicht. Ich mag es nicht mit deinem Namen in Verbindung zu bringen.

Niemand hat mich angefasst. Alle haben einen Grossen Bogen um mich gemacht.

Als ob ich eine ansteckende Krankheit hätte.

Der Unterricht war langweilig, da ich das ganze Zeug schon hatte.

Die Mittagspause war am Schlimmsten. Ich saß alleine am hintersten Tisch, und fast alle, und damit meine ich auch wirklich fast alle, haben mich angestarrt. Und sie haben geflüstert.

Wieso machen sie noch so ein großes Drama darum?

Ich meine ich schicke ihnen doch auch keinen Beileidskorb nur weil ihr Goldfisch vor acht Jahren gestorben ist. Wobei, sie schenken mir kein Mitleid, sondern neugierige Blicke.

Wieso hat sie sich umgebracht?

wieso musste sie drei weiter Menschen in den Tod reissen?

Das sind die Fragen auf die sie eine Antwort wollen. Aber ich habe keine Antwort.
Ich habe die selben Fragen wie sie. Wieso?
Wieso hast du dich umgebracht?
Wieso wolltest Du dein Leben beenden?
Wieso wolltest Du deine Familie verlassen?
Wieso wolltest Du mich verlassen?

Zu viele Fragen, zu wenig Antworten. Ich würde dich ja fragen, aber du bist leider tot.Nur ein einziger hat sich getraut mich zu fragen.

Junge: Wieso hat sie sich umgebracht?

Ich: Woher soll ich das denn bitte wissen?

Junge: Vielleicht hat sie es dir gesagt..

Ich: Nein...

Junge: Sie war komisch...

Und dann ging er einfach. Ich hätte ihn am liebsten geschlagen, aber konnte nicht. Ich traute mich nicht.
Es stehen immer noch die falschen Blumen an deinem Grab. Sie werden aber immer weniger. Jetzt haben meine Gänseblümchen ihren eigenen Platz. Sie fangen an dich zu vergessen. Du verblasst.

Genauso wie ein Teil von mir. Er verblasst genauso.
Du weißt nicht wie weh es in meinem Herzen tut, du weißt nicht wie sehr ich dich vermisse. Ich brauche dich April, ich brauche dich. Ohne dich kann ich nicht. Du bist ein Teil von mir.

Aber vielleicht war ich kein wichtiger Teil von dir...
Es gibt so viel zu sagen, aber ich habe keine Kraft mehr. Ich habe gar nichts mehr. Wolltest du wirklich nicht mehr leben? Einfach alles aufgeben was du dir aufgebaut hast? Deine Familie, Freunde zurücklassen? Mit den Gedanken, dass es ihre Schuld ist das du dich umgebracht hast? Wolltest du das wirklich?

Wieso hast du mich nicht einfach angerufen. Oder es in einem Brief erwähnt? Ich wäre sofort zu dir gefahren, und hätte dich nicht mehr losgelassen.

Ich bin traurig, traurig weil du mir nichts gesagt hast. Sauer, weil du mir nichts gesagt hast. Enttäuscht, weil du mir nichts gesagt hast.

Vielleicht sollte ich dir auch einfach nur normale Blumen ans Grab stellen. Ich kannte dich ja nicht wirklich. Du warst wie ein Mysterium, ich dachte ich würde dich kennen, aber tat es dann doch nicht.

Leben ist scheiße.

Noah


Letters to AprilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt