20.September 1989
„Stell Dir vor, all die Leute leben ihr Leben in Frieden.“
Liebe. Was Liebe alles so anrichten kann. Es sind nur fünf Buchstaben, aber so viele Bedeutungen, so viele Enttäuschungen. Ich kann es gar nicht fassen, dass so ein Wort, so etwas großes ist.
Kannst du es fassen?
Ich habe jetzt zwei Freunde. Die Bibliothekarin hat sich auch mit mir unterhalten. Ich mache Fortschritte, findest du nicht?
Meine Eltern gehen gleich los. Dann steige ich in dein Zimmer. Ich bin nervös, aber gleichzeitg ängstlich. Was wird mich da erwarten? Werde ich es bereuen? Oder weinen...
Ich habe alles was mir bei dir spannend vorkam, mitgenommen. Es sind zwei Notizbücher, die ich unter deinem Bett gefunden habe und ein Fotoalbum. Ich habe Angst, aber gleichzeitig zerfrisst mich die Neugier. Ich habe mich informiert, wen du alles in den Tod gefahren hast. Bennet Hamlinton, Marcia Jackson und Clark Shaw. Zwei Collegestudenten und einen Highschoolschüler. War dir das bewusst? War dir bewusst, dass sie nicht sterben wollten? Sie wollten weiter leben, April. Sie wollten leben. Wenn ich so überlege, habe ich am meisten deine unüberlegten Ideen gehasst. Ja, ich habe mehrere Sachen von dir gehasst. Du hast einfach so das gemacht was dir in den Sinn kam, ohne über Folgen nachzudenken. Klar, man sollte auch mal leben, aber du hast damit Menschen verletzt. Wie deine alte beste Freundin, die jetzt die Schulschlampe ist, und den Jungen, den du einen Streich gespielt hast, der jetzt im Gefängnis sitzt, und deine Familie hast du sehr verletzt. Und mich. Ich bin ein Wrack, dass Antidepressiva nehmen muss und auf den Ruf 'Freak' sitzen bleibt.
Danke, April. Danke.
Ich habe aufgehört die Beatles zu hören. Sie machen mich aggressiv. Erinnern mich zu sehr an dich.
Ich möchte dich hassen April, wirklich. Ich möchte deine Augen hassen, die früher immer so strahlten.
Ich möchte deinen Mund hassen, der die Wörter immer so schön aussprach.
Ich möchte deine Art hassen, so unberechenbar, mysteriös, verletzend, sensibel.
Aber ich kann nicht. Ich kann dich nicht hassen, dafür bist du mir zu wichtig. Und wenn ich anfange dich zu hassen, habe ich Angst dich zu vergessen. Und ich will dich nicht vergessen.
Ich will das Mädchen nicht vergessen, dass immer Gänseblümchenketten bastelte, und sie sich ins Haar steckte. Oder das Mädchen, welches immer lachte, wenn ich mal wieder hinfiel. Das Mädchen, das immer so viel las, und sich stundenlang meine Gedichte angehört hat und mir gesagt hat: 'Noah, du wirst es noch zu etwas bringen.'
Ich kann das Mädchen nicht hassen, egal wie oft ich es versuche.
Ich fange wieder an zu weinen. Ich sollte das mit den Briefen lassen. Wirklich. Es bringt mich nur zum weinen, aber es hilft. Ich will dich nämlich noch nicht loslassen. Noch nicht.
Ich weiß, ich sollte aufhören, dir immer noch nachzutrauern. Aber es geht schlecht.
Okay, heute Abend gucke ich mir das erste Notizbuch an.
Noah

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Letters to April
Poesía>>Niemand kann bestimmen was passiert. Wir können nur anfangen es zu akzeptieren.<< All rights reserved @Washaeltdichfest