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30.Oktober 1989

Wenn du es träumen kannst, mach es auch

 Ich weiß, ich habe schon einen Monat lang nicht mehr geschrieben, aber du bist tot.

Interessiert dich sowieso nicht.

Vor drei Jahren, so hast du es mir erzählt, kam er. Er arbeitete in einem Supermarkt in der Nähe und ihr hattet euch sofort super verstanden. Er war zwar mindestens dreimal so alt wie du, aber mit deinen 14 Jahren warst du schon immer sehr abenteuerlustig.

Er hatte dich behandelt wie eine Prinzessin. Dich geliebt, beschenkt, bereichert. 

So dachtest du zumindest.

Er wartete nur auf den richtigen Moment, und schwubdiwup warst du vergewaltigt.

Ich weiß, diese Redensart verniedlicht es nur. 

Aber in gewisser Weise hast du es verdient. 

Du hast dich auf ihn Eingelassen.

Obwohl er älter war.

April.

Letztes Jahr, du warst gerade zwei Monate sechzehn, kamst du zu mir. 

Den Alkoholvorrat deines Vaters weggetrunken und hast es mir erzählt.

Unter Tränen. Ich wollte dir helfen und habe die Polizei engeschaltet.

Sie haben ihn gefasst. Er war schon in mehreren Bundesstaaten gesucht.

Ich dachte du würdest glücklich werden.

Aber es wurde nur schlimmer. Du wurdest dunkler, und ich ahnungsloser.
Deine Ärmel länger, und ich dümmer.

Dein Leben kürzer und ich entfernter.

Bis du es ganz beendet hast.

Du hast nicht nur dein Leben genommen.

Du hast auch das Leben deiner Familie genommen.

Dein Bruder hat sein Studium aufgegeben um deinen Eltern unter die Arme greifen zu können, dein Vater ist nach einem Herzinfakt arbeitsunfähig geworden.

Die Familien von den Menschen, die du in den Tot gerissen hast.

Sie hatten Träume zu träumen, Freiheiten zu genießen, und vorallem:

Ein Leben das sie leben wollten.

Und du hast sie getötet April.

GETÖTET.

Sie sind tot.

Können weder träumen, leben, oder den Wind in ihren Haaren spüren.

Ich will nicht mehr April. 

Ich will nicht mehr jeden Tag an deinem Haus vorbeigehen, um zu sehen, wie du nicht aus der Tür herausgestürmt kommst.

Ich kann nicht in die Leeren Augen deiner Eltern sehen, die ihre Tochter, und gleichzeitig sich selbst verloren haben.

Ich kann nicht mehr in den Spiegel schauen. Ich sehe nur das, was du mir übrig gelassen hast.

Eine Hülle.

Ich hasse dich.

April, für mich bist du nur noch eins.

Eine Hure.

Noah

Letters to AprilWo Geschichten leben. Entdecke jetzt